ADB:Carl, Philipp Franz Heinrich

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Carl, Philipp Franz Heinrich“ von Siegmund Günther in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 47 (1903), S. 451–452, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Carl,_Philipp_Franz_Heinrich&oldid=- (Version vom 29. März 2024, 11:38 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
Nächster>>>
Carrière, Moriz
Band 47 (1903), S. 451–452 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Philipp Carl in der Wikipedia
Philipp Carl in Wikidata
GND-Nummer 117673021
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|47|451|452|Carl, Philipp Franz Heinrich|Siegmund Günther|ADB:Carl, Philipp Franz Heinrich}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=117673021}}    

Carl: Philipp Franz Heinrich C., Astronom und Physiker, geboren am 19. Juni 1837 zu Neustadt a. A. (Mittelfranken), † am 24. Januar 1891 zu München. Auf der Lateinschule seiner Vaterstadt vorgebildet, siedelte C. später nach München über, wo er unter J. v. Lamont und P. v. Jolly das Studium der exacten Naturwissenschaften eifrig betrieb. Seine 1860 erschienene Doctordissertation behandelte die thermoelektrischen Ströme. Vor allem aber zog ihn die Persönlichkeit v. Lamont’s an, unter dem er sieben Jahre lang, den Lehrer eifrig bei den astronomischen und geophysikalischen Beobachtungen unterstützend, auf der Sternwarte Bogenhausen [452] arbeitete. Die Frucht dieser Thätigkeit waren die einen höchst gewandten Praktiker bekundenden „Prinzipien der astronomischen Instrumentenkunde“ (Leipzig 1863), die noch jetzt kaum durch ein anderes Werk ersetzt sind. Auch zwei andere astronomische Schriften aus den sechziger Jahren („Die Sonne“, München 1864 u. 1868, und „Repertorium der Kometen-Astronomie“, ebenda 1865) haben sich als sehr nützlich erwiesen. Im Berliner „Astronomischem Jahrbuch“ veröffentlichte er Ephemeriden kleiner Planeten, und im übrigen beschäftigten ihn namentlich die Beziehungen der elfjährigen Sonnenfleckenperiode zu den meteorologischen und erdmagnetischen Erscheinungen, über welches Thema er sich mehrfach in kleineren Aufsätzen verbreitete.

Im J. 1861 hatte sich C. als Privatdocent an der Münchener Universität habilitirt, aber 1869 übernahm er die Professur der Physik an den bairischen Militärbildungsanstalten, die er bis zu seinem Tode mit der Einschränkung beibehielt, daß er später nur noch an der Kriegsakademie Vorlesungen hielt. Durch diese seine Berufsstellung mehr auf die Physik hingewiesen, hat er sich dieser von da an auch litterarisch hauptsächlich gewidmet. Für das Sammelwerk „Die Naturkräfte“ lieferte er nicht nur eine deutsche Bearbeitung von Cazin’s „Wärmelehre“ (München 1870 u. 1877), sondern es hat auch das treffliche populäre Werkchen „Die elektrischen Naturkräfte“ zwei Auflagen erlebt (München 1872 u. 1873). In Poggendorff’s „Annalen“ schrieb C. über die Münchener Gewitter und über die galvanische Polarisation der die telegraphische Erdrückleitung vermittelnden Metallplatten. Die meisten seiner Abhandlungen nahm jedoch seine eigene Zeitschrift auf, durch deren Begründung und Redaction er den Physikern, da ein einziges periodisches Organ für Gesammtdeutschland eben doch nicht ausreichte, einen großen Dienst erwies. Carl’s „Repertorium der Experimentalphysik, der physikalischen Technik und der astronomischen Instrumentenkunde“ ist siebzehn Jahre lang, 1865 bis 1882, von ihm selbst herausgegeben worden und dann, unter Wegfall der von Anfang an mehr nur den persönlichen Neigungen des Leiters entsprechenden astronomischen Abteilung, in die Hände des Wiener Physikers Exner übergegangen. Die eigenen Beiträge Carl’s sind größtentheils darauf berechnet, bei der Construction der Apparate den Anforderungen der Präcisionsmechanik Geltung zu verschaffen, wie er diese als beobachtender Astronom gründlich kennen gelernt hatte. In diesem Sinne behandelte er die Waage, das Thermometer, die galvanometrischen Einrichtungen, die Influenzmaschine, die Kommutatoren, das Aneroidbarometer, die Evaporimeter und das Mikrophon. Sein Gedanke, die vulkanischen Eruptionen auf das sogenannte Leidenfrost’sche Phänomen des auf erhitzter Metallfläche frei umlaufenden und dann jäh verpuffenden Wassertropfens zurückzuführen, hat erst neuerdings in der Fachwelt die Beachtung gefunden, welche er gewiß verdient. Endlich ist noch zu bemerken, daß C. auch zwei Bände der „Zeitschrift für angewandte Elektricitätslehre“ redigirt und mit Artikeln aus seiner Feder bereichert hat, welche sich rasch in den betheiligten Kreisen der Elektrotechniker einbürgerte und nachmals von Uppenborn geleitet wurde.

Poggendorff’s Biographisch-litter. Handwörterbuch der exacten Wissenschaften. 3. Theil, 1. Abtheilung, S. 236. – Privattmitheilungen.