Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Bargiel, Woldemar“ von Robert Eitner in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 46 (1902), S. 215–216, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Bargiel,_Woldemar&oldid=- (Version vom 22. Dezember 2024, 10:56 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
<<<Vorheriger
Barfus, Paul
Band 46 (1902), S. 215–216 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Woldemar Bargiel in der Wikipedia
Woldemar Bargiel in Wikidata
GND-Nummer 116056908
Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|46|215|216|Bargiel, Woldemar|Robert Eitner|ADB:Bargiel, Woldemar}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=116056908}}    

Bargiel: Woldemar B., Stiefbruder der Klara Schumann, geb. Wieck; ein tüchtiger Musiker und Componist, geboren am 3. October 1828 zu Berlin und ebendort gestorben am 23. Februar 1897. Sein Vater, August Adolf B., hatte sich in Berlin als Musiklehrer niedergelassen und die von Wieck geschiedene Frau geheirathet. Von Kind an in die Musik eingeweiht, wurde er in seinen Knabenjahren Discantist am neu errichteten Berliner Domchore, der zuerst unter Grell’s und Mendelssohn’s Leitung stand und brachte es bis zum Solosänger. Im väterlichen Hause erlernte er Clavier, Orgel und Violine und in späteren Jahren erhielt er von S. Dehn Unterricht im Contrapunkt und der Composition. Seine Schulwissenschaften erledigte er auf dem Joachimsthal’schen Gymnasium. Auf den Rath seines Schwagers, Robert Schumann, besuchte er 1846 das Leipziger Conservatorium, wo er durch die Protection und Vermittlung Mendelssohn’s [216] unter günstigen Bedingungen Aufnahme fand und in einer öffentlichen Prüfung durch ein Octett für Streichinstrumente eigener Arbeit bereits die Aufmerksamkeit der Fachkenner in höchst vortheilhafter Weise auf sich lenkte. 1849 kehrte er mit einem glänzenden Abgangszeugnisse in seine Vaterstadt zurück und ließ sich als Musiklehrer nieder, wo er ein geräuschloses aber thätiges und fleißiges Leben führte. Jede freie Zeit benützte er zum Componiren und die edlen und hohen Ziele, die er anstrebte, blieben nicht unbeachtet. Gegen 1850 erschien bereits sein opus 1, Charakterstücke für Pianoforte, bei Whistling in Leipzig, denen in kurzer Zeit bis zum Jahre 1859 die op. 2–5, 8, 9, 11–13 Clavierstücke, op. 6 ein Trio für Pianoforte, Violine und Violoncello, op. 10 eine Sonate für Pianoforte und Violine, op. 17 eine Suite für dieselben Instrumente und op. 18 eine Ouverture im vierhändigen Arrangement sich anschlossen. In der äußeren Form waren Mozart und Beethoven seine Vorbilder, wie auch sein Lehrer Mendelssohn sich streng in ihren Formen bewegte. Im Ausdruck lehnte er sich an Rob. Schumann an, nur fehlte seinen Arbeiten eine lebendige, originelle und stets flüssige Erfindungsgabe. Seine Bestrebungen waren anerkennenswerth und wurden von Musikern und Kennern wohl geschätzt, aber einen bleibenden Werth konnten sie sich nicht erringen. Die Nachbildung erreicht selten das Original. Als trefflicher Musiker wurde er überall geehrt und 1859 zog ihn Ferdinand Hiller, eine verwandte Natur, an seine in Köln errichtete Musikschule als Lehrer der Composition und des Contrapunkts. 1865 erhielt er einen Ruf nach Rotterdam als Director des Gesangvereins und der Musikschule, die von der Vereinigung der Gesellschaft zur Beförderung der Tonkunst in Holland errichtet war. Die Stellung im fremden Lande schien ihn aber nicht zu befriedigen, denn als man ihm von Berlin aus den Antrag machte, eine Lehrerstelle an der Hochschule für Musik zu übernehmen, ging er mit Freuden darauf ein und kehrte 1874 in seine Vaterstadt zurück, wurde Vorsteher der Compositionsabtheilung und später als Mitglied in den Senat der Akademie der Künste aufgenommen. In allen Fächern der Musik versuchte er sich, mit Ausnahme der Oper, und erreichte stets durch sein ideales Streben die Anerkennung seiner Kunstgenossen, wenn auch das Publicum wenig Antheil daran nahm. Hin und wieder fand auch eins seiner Orchesterwerke Aufnahme in die Programme der großen Concertinstitute, doch auch hier war ihm ein durchschlagender Erfolg versagt.

Mendel-Reißmann’s Tonkünstlerlexikon. – Todesanzeigen und eigen Erlebtes.