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Artikel „Barbara v. Cilli“ von Franz von Krones in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 2 (1875), S. 48–49, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Barbara_von_Cilly&oldid=- (Version vom 23. November 2024, 09:27 Uhr UTC)
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Barbara v. Cilli, zweitgeborene Tochter des Altgrafen Hermann II. von Cilli, zweite Gemahlin K. Sigmunds des Luxemburgers; (s. 1406 „Königin von Ungarn“; 8. Nov. 1414 als „deutsche Königin“ gekrönt; 1420 mit dem Titel einer „Königin von Ungarn“; seit 1433 mit dem der „Kaiserin“ ausgestattet, † 1451) – eine merkwürdige Frau und in Bezug ihres Charakters und politischen Geistes noch immer ein nicht vollständig gelöstes Problem kritischer Geschichtsforschung. – Ihre Geburt muß in den Schluß des 14. Jahrhunderts, etwa zwischen 1390–1395 fallen, da sich Sigmund, als König von Ungarn, bald nach seiner durch den Cillier Hermann II. vermittelten Befreiung aus ständischer Haft (Herbst 1401) mit dessen Tochter B. verlobte, diese bereits 1406 den urkundlichen Titel „Gemahlin“ und „Königin von Ungarn“ führt und spätestens im Herbste 1408 die wirkliche Ehe mit dem Luxemburger einging. Den 8. Nov. 1414 als deutsche Königin gekrönt, erscheint sie Ende des Jahres mit ihrem Gatten auf dem Concil zu Costnitz. Der Reimchronist Thomas Prischuch preist bei dieser Gelegenheit ihre Schönheit und Anmuth. – Auch Aeneas Sylvius spendet ihr in seiner Sammlung biographischer Skizzen dies Lob, bemerkt aber, daß Barbara, durch den Hang ihres Gatten zur ehelichen Untreue, gleiche Wege zu wandeln verlockt wurde; „denn ein untreuer Gatte macht sein Weib treulos.“ In den späteren Geschichtswerken schildert er ihre Genußsucht, Freigeisterei und Ränkesucht mit den schwärzesten Farben. – Im ehelichen Leben der Gatten kam es um 1419 so weit, daß nach den Angaben Eberhards von Windeck, des zeitgenössischen Biographen K. Sigmunds, dieser seine Frau auf eine Haide bei Großwardein verbannte und hier, sammt der Tochter (Elisabeth), harten, demüthigenden Entbehrungen preisgab. Anderthalb Jahre habe er sie nicht vor sein Antlitz gelassen, bis fremde Vermittelung und die Fürbitte der Tochter den ehelichen Frieden wieder herstellten. In der zweiten Hälfte des J. 1421 finden wir B. urkundlich im vollen Besitze ihrer Rechte als Königin. In dem schlimmen Handel, der sich an die tragische Katastrophe im Hause der Cillier, nämlich an die Ermordung Elisabeths von Frangepani (Modrusch-Veglia) durch ihren Gatten, Graf Friedrich II. von Cilli, Barbaras Bruder, knüpfte (1422–1424), spielte die Königin eine vermittelnde Rolle, wie sie natürlich allen Einfluß zur Begünstigung ihres Hauses aufbot. Aus den Tagen der Hussitengefahr Ungarns datiren einzelne Urkunden, worin B., in Abwesenheit ihres Gatten, die Stände, namentlich die Städte Oberungarns, zur Rüstung und Abwehr des Landesfeindes auffordert.

Eine eigentlich politische Rolle begann für B. erst seit den letzten Tagen ihres Gatten, als sie im Vereine mit der nationalen Utraquistenpartei die Thronfolge ihres Schwiegersohnes, H. Albrecht V. von Oesterreich, hintertreiben wollte [49] und wie es heißt ihr Auge auf den jungen Polenkönig Wladislaw II. warf, um nach Sigmunds Tode, mit ihm vermählt, den Thron Böhmens zu besteigen. Der Kaiser, von diesen Ränken unterrichtet, verließ, todtkrank, den 11. Nov. 1437 die Stadt Prag und hielt seine Gattin auf der Reise nach Znaim im Gewahrsam. Wir sehen in dieser Sache nicht klar; so viel ist aber sicher, daß, offenbar im Einvernehmen mit seinem Schwiegersohn und Thronfolger, Sigmund kurz vor dem Ableben († 8.–9. Dec. 1437) die Verhaftung Barbaras und ihres Bruders, Friedrich Fürsten von Cilli (s. 30. Nov. 1436), anordnete. Dieser entwich bei Zeiten; B. wurde jedoch nach Preßburg geschafft und hier überwacht. Ob sie an dem Plane ihres Neffen Ulrich von Cilli, 1438–39 Statthalters von Böhmen, die Krone dieses Landes zu gewinnen, Theil hatte, bleibt dahingestellt. Sicher ist es jedoch, daß sie vor dem 11. Juni 1439 aus Preßburg entwich und sich mit zusammengerafften Schätzen und Kostbarkeiten nach Polen flüchtete. Diese Flucht bezeugen Urkunden ihres königlichen Schwiegersohnes Albrecht, um diese Zeit erlassen. Aeneas Sylvius läßt sie auf dieser Flucht eingeholt und ihrer Habe verlustig werden; der polnische Chronist Dlugosch spricht von ihrer Freilassung 1438 und ehrenvollen Aufnahme beim polnischen Könige, der ihr das Gebiet von Sandomir sammt allen Einkünften angewiesen habe. Dies sind theilweise unvereinbare Widersprüche. Sicher ist es, daß sie um 1441 von Schlesien her nach Böhmen kam und hierzulande in Melnik (nicht Königgrätz, wie Aeneas Sylvius angibt) ihren Wittwensitz aufschlug; ihr Schwiegersohn, K. Albrecht, war bereits den 27. Oct. 1439 gestorben und ihre Tochter Elisabeth im drangvollen Kriege um die Krone Ungarns für ihren nachgeborenen Sohn Ladislaus begriffen.

In Böhmen mochte die Kaiserin-Wittwe den politischen Verhältnissen nicht ganz ferne stehen, wie dies aus dem früher Angedeuteten begreiflich wird. So heißt es z. B. in czechischen Annalen zum J. 1445, B. habe den Herrn Georg von Kunstadt (Podiebrad) „zum Reichsverweser und Beschützer erkoren.“ Doch wissen wir nichts Genaueres darüber. Von dem Leben der betagten Wittwe, auf ihrem Leibgedinge (zu Melnik), weiß Aeneas Sylvius nur Schmachvolles zu berichten. Sie habe über ihre Sinnenlust und materialistische Lebensanschauung den Glauben an ein künftiges Leben verlacht. Diese Schilderung stimmt ziemlich auffällig mit der Charakteristik ihres Bruders Friedrich II. von Cilli († 1454) bei dem genannten Schriftsteller zusammen. – B. † zu Melnik den 11. Juli des J. 1451 und wurde auf dem Prager Schlosse in der Wenzelskirche bestattet. Ihre einzige Tochter aus der Ehe mit Sigmund war bereits im Dec. 1442 aus dem Leben geschieden.

J. G. Böhme, Dissertatio de Barbara Celeinsi Sigismundi imperatoris coniuge. Lips. 1755. – J. G. Martini, Dissert. de Barbara, Sigismundi imperatoris altera coniuge. 1759E. Fröhlich, Genealogia Sunnekiorum comitum Celejae et comitum de Heunburg. Viennae 1755.Aschbach, Gesch. K. Sigismunds.