Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Ahle, Rudolph“ von Arrey von Dommer in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 1 (1875), S. 159–160, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Ahle,_Johann_Rudolf&oldid=- (Version vom 29. März 2024, 16:03 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
<<<Vorheriger
Ahlborn, August
Band 1 (1875), S. 159–160 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Johann Rudolph Ahle in der Wikipedia
Johann Rudolph Ahle in Wikidata
GND-Nummer 104325453
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|1|159|160|Ahle, Rudolph|Arrey von Dommer|ADB:Ahle, Johann Rudolf}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=104325453}}    

Ahle: Johann Rudolph A., angesehener kirchlicher Tonsetzer des 17. Jahrhunderts, geb. zu Mühlhausen in Thüringen 24. Dec. 1625. Im J. 1643 kam er auf die Schule nach Göttingen, 1645 auf die Universität Erfurt, wurde aber schon nach einem Jahre als Cantor an die dortige Andreaskirche berufen; 1654 wurde er Organist an St. Blasien zu Mühlhausen, 1655 unter Beibehaltung seines Organistendienstes in den Rath gewählt und bald darauf Bürgermeister, in welchem Amte er 8. Jul 1673, also schon im 48. Jahre seines Alters starb. A. war ein wackerer Mann und treuer sorgsamer Verwalter seiner bürgerlichen und musikalischen Aemter, nicht minder fleißig als Componist und eifrig um die Pflege des Kirchengesanges bemüht. Schon als Cantor zu Erfurt hatte er angelegentlich mit der Erziehung des Chores sich beschäftigt und eine Anweisung zum Singen herausgegeben: „Compend. pro tenellis“, Erf. 1648, welche 1690 und 1704, durch seinen Sohn Georg mit Anmerkungen vermehrt, wieder aufgelegt wurde. Seine gedruckten Tonwerke (vgl. Gerber, N. Lex.) bestehen aus: „Geistl. Dialogen“ zu 2–4 und mehr St., Erf. 1648; „Symphonien, Paduane, Balleten etc.“ zu 3–5 Instr., ebd. 1650; „Thüring. Lustgarten etc.“, geistl. Gesänge zu 3–10 und mehr St., 2 Theile, Mühlh. 1657–58; Nebengang desselben 3–10 voc., ebd. 1663; (400) „Geistl. Arien“, 1–4 voc., Mühlh. 1660–62; verschiedene Samml. geistl. Concerte 3–20 voc., Mühlh. 1663–66: „Geistl. Andachten auf die Festtage“, 1–8 voc., ebd. 1662; auf die Sonntage, ebd. 1664; „10 geistl. Chorstücke“, 5–8 voc., ebd. 1664; „Chormusik“ (15 Motetten), 5–10 voc., ebd. 1668; „Geistl. Fest- und Communion-Andachten“, erst nach seinem Tode 1676 gedruckt. Auch einen lateinischen Tractat „De progress. consonantiarum“, dessen Druckjahr unbekannt ist, hat er hinterlassen. – Ahle’s Stil folgt der, auch die Kirchenmusik seiner Zeit beherrschenden Richtung auf den concertirenden und mit Instrumentenspiel verbundenen Gesang; er ist würdig und noch frei von manchen spielenden Ausschreitungen späterer Pietisten. Mit besonderer Neigung gepflegt hat er das geistliche Lied (Arie). In durchgeführteren Sätzen war beziehentlich der Anlage, der Art und Weise seiner Polyphonie und Stimmenverwebung, sowie der Verwendung älterer Kirchenweisen für den Kunstgesang, besonders Hammerschmidt sein, wiewol nicht erreichtes, Vorbild. Im Contrapunkt war A. nicht gerade stark, doch reich an gefälliger und frischer Melodie, daher waren das Lied und Liedmäßige weit mehr sein Element als der kunstvollere Motettensatz und das größer angelegte Concert. Zur Entwicklung des geistlichen Arien- oder Liedergesanges hat er beigesteuert, von seiner Menge geistlicher Arien gingen auch viele in den Gemeindegesang über und sind zu Mühlhausen theilweise jetzt noch im Gebrauche. Ueber die Grenzen Thüringens und Sachsens hinaus sind jedoch nur wenige gedrungen und nur vereinzelte haben allgemeinere Verbreitung gefunden, wie die später auf den Text „Liebster Jesu, wir sind hier“ übertragene und gegenwärtig noch kirchenübliche Melodie. Auch hat er selbst Liedertexte gedichtet, von denen sich aber keiner lange gehalten hat.

Johann Georg A., sein Sohn, geb. zu Mühlhausen 1650, ward nach dem Tode seines Vaters 1673 dessen Nachfolger als Organist an St. Blasien, 1680 von Kaiser Leopold I. zum Poeten gekrönt, auch Rathsherr, † 2. Dec. 1706. Er folgte im Allgemeinen der Richtung seines Vaters, wenn auch in Bezug auf die Popularität seiner geistlichen Lieder nicht mit gleichem Erfolge; [160] denn von seinen Melodien hat auch im Gemeindegesange seiner Vaterstadt keine bis auf die Gegenwart sich erhalten; überhaupt ist seine Einwirkung schneller vorübergegangen. Doch sind auch von ihm zahlreiche Werke gedruckt (sämmtlich zu Mühlhausen), darunter für Gesang: „Geistl. Andachten“, 1671; „Unstrutische Melpomene“ (Bet-, Buß- und Sterbelieder) und „Polyhymnia“ (Fest-, Lob- und Danklieder), beide 1678; „Urania“ (geistl. Lenz- und Liebeslieder), 1679; „Ehrenlied“ für Georg Neumark in der Palmgesellschaft (1680); „Apollo“ (Fest-, Lob- etc. Lieder), 1681; Buß- und Trostlieder, verschiedene Musiken zu Rathswahlen. Für Instrumente hat er mehr hinterlassen als sein Vater: „Frühlingsmusik“, 1675–76; „Terpsichore“; „Thalia“ (20 Geigenspiele), 1679; „Violdigambenspiele“, 1681. Auch war er fleißiger Theoretiker und Schriftsteller, doch sind die meisten seiner Schriften durch einen Brand zu Mühlhausen 1689 zerstört worden. Man kennt davon: „Musikalische Maienlust“, 4 Thle. (1676–78), Gespräche von der Musik Ursprung, Erfindern, Liebhabern etc., sowie auch Vocal- und Instrumentalstücke enthaltend; „Unstrutina, musik. Gartenlust“, 1687; „Gespräche von der Composition“ (Frühlings-, 1695; Sommer-, 1697; Herbst-, 1699; Winter-Gespräche, 1701). Forkel, Litt. 425, lobt diese, sowie vor Allem Ahle’s Zusätze zu seines Vaters Singekunst.

Winterfeld II. 296 ff. 328 ff. Spitta, Bach I. 331.