Zur Erinnerung an Adolf Schults
Zur Erinnerung an Adolf Schults.[1]
„Noch einmal hoffen, hoffen, hoffen!“
So klang des Sängers Schwanenlied,
Der dann, vom frühen Tod getroffen,
Nur allzu bald von dannen schied.
Er dacht’ an Weib und Kinderschaar,
D’rum wollt’ wie müd’ und matt er war,
Nach einmal er empor sich raffen
Zu neuem Hoffen, neuem Schaffen.
Und ach! wohl ist dem müden Mann
Es mit dem Hoffen Ernst gewesen!
Sein letztes Lied – die Thräne rann
Vom Auge mir, als ich’s gelesen –:
In neuem Heft das erste Blatt!
Da hat der Sänger, krank und matt,
Dies Lied, sein letztes aufschrieben –
Das and’re all’ ist leer geblieben!
Es schwieg der Mund auf immerdar,
D’raus manches tiefe Lied erklungen.
Bald hat der treuen Freunde Schaar
Den Sänger in das Grab gesungen.
Es war am Auferstehungstag:
Die neu erwachte Erde lag
Von Frühlingsstrahlen übergossen,
Als sich ob ihm das Grab geschlossen. –
Hin jagt die Zeit in raschem Lauf,
Es drängt sich hastend Well’ auf Welle,
Und ruhlos geht es ab und auf
Das Alte weicht und räumt die Stelle
Dem Neuen ein! Wie manches heut’,
Ist hin, was einst das Herz erfreut,
Und and’res ward geschaffen wieder,
Und jeder Lenz bringt neue Lieder. –
Schon fünfundzwanzig Jahr’ vergangen,
Seit dich der frühe Tod gefällt.
Doch wie, seit deine Weisen klangen,
Sich auch gewandelt hat die Welt:
Du sollst uns unvergessen sein.
Als Kranz auf deinen Leichenstein
Laß dieses Lied mich heute legen,
Und dein Gedächtniß bleib’ in Segen! Hermann Schults.
- ↑ Eine Biographie des Dichters mit Portrait brachte die „Gartenlaube“ im Jahre 1858 kurz nach seinem Tode (S. 485) in demselben Jahrgang (S. 240) sein letztes Lied, mit dessen Schlußzeile das obige Gedicht beginnt. Da jener Jahrgang unseres Blattes vielen unserer Leser nicht mehr zugänglich ist und dem im Leben so unglücklichen Dichter auch noch das Schicksal droht, zu bald für den Werth seiner Dichtungen der Vergessenheit zu verfallen, so wollen wir hier daran erinnern, daß Adolf Schults als Verherrlicher des Familienlebens noch heute sehr hoch, ja in einzelnen seiner Seelenbilder und Lieder als unübertroffener Meister in der „Poesie des Hauses“ dasteht. Dies müssen wir um so höher achten, als bittere Sorge und der Zwiespalt zwischen seinem innern und äußern Beruf ihn nie zu Glück und Frieden kommen ließen. Er war in seinem 14. Jahre als Lehrling in ein Handelshaus eingetreten und Comptoirist bis an sein Ende geblieben. Seine „Gedichte“ erlebten von 1843 bis 1868 vier Auflagen. Außerdem hat er „Märzgesänge“ (25 Zeitgedichte, 1848), „Lieder aus Wisconsin“, „Leierkastenlieder“ etc., und die lyrischen Cyklen: „Zu Hause“, „Martin Luther“, „Ludwig Capet“ und „Der Harfner am Herd“ veröffentlicht. Unsere Gegenwart wirft gegenüber dem, was die Lebenden schaffen, zu viel Besseres zu den Todten.