Hamburgs Zollvereins-Anschluß

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Titel: Hamburgs Zollvereins-Anschluß
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aus: Die Gartenlaube, Heft 13, S. 211–214
Herausgeber: Ernst Ziel
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Erscheinungsdatum: 1883
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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Hamburgs Zollvereins-Anschluß.

Hamburg steht vor einer Umwälzung, wie sie so großartig, kostspielig und in alle Verhältnisse einschneidend die alte „freie und Hansestadt“ an der Elbe seit ihrem Bestehen nicht erlebt hat. Zum Zweck der Ausführung der neuen Freihafenanlagen soll ein ganzes Stadtviertel abgebrochen werden; 25,000 Menschen müssen andere Wohnungen oder andere Geschäftsräume aufsuchen. Von den auf 106 Millionen Reichsmark geschätzten Kosten desjenigen Ausführungsprojectes, hinsichtlich dessen sich nach mehrjährigem Prüfen und ebenso langem heftigem Streite der Senat und die Bürgerschaft endlich geeinigt haben, trägt das deutsche Reich 40 Millionen, den Rest der hamburgische Staat, welcher dadurch eine für seine Vermögensverhältnisse ungeheuere Belastung übernimmt. Selbst der große Brand Hamburgs 1842 verschlang an unbeweglichem und beweglichem Eigenthume nur 50 Millionen Reichsmark, zerstörte 4219 Häuser und machte 20,000 Personen obdachlos. Doch dieser Vergleich möge nur die Größe ersterer Ziffern illustriren, im Uebrigen ist die Sachlage eine wesentlich verschiedene, schon insofern, als damals Trauer und Kummer dort herrschten, wo jetzt für den größten Theil der Bevölkerung der Himmel voller Geigen hängt; hätte man eine Volksabstimmung vorgenommen, sie wäre vielleicht zu Gunsten einer noch schwereren Belastung der Steuerkraft ausgefallen, zu Gunsten des großartigsten Ausführungsprojectes, welches gar 123 Millionen in Anspruch nehmen wollte.

Wie wesentlich anders waren die Ansichten der Hamburger noch vor etwa drei Jahren! Damals, als sie den erbitterten „Zollkrieg“ mit dem deutschen Reichskanzler führten, schwur die weit überwiegende Mehrheit der Hanseaten auf die Parole „Freihafen“, und nur eine verschwindend kleine Minderheit trat für den „Zollanschluß“ ein. Am 15. Juni 1881 jedoch ward jener Krieg beendet, und der Kern des Friedensvertrages läßt sich etwa in folgende Worte fassen:

„Die Stadt Hamburg wird gegen Ende des Jahres 1888, nach dem 1. October an einem vom Bundesrathe zu bestimmenden Tage, ihre bisherige ‚Freihafenstellung‘ verlieren und dem deutschen Zollverband angeschlossen werden. Sie behält indessen einen ‚Freihafenbezirk‘; innerhalb dieses lediglich von außen zollamtlich zu bewachenden Bezirks ist die Bewegung der Schiffe und Waaren von jeder Zollcontrolle befreit und die unumschränkte Anlegung von industriellen Großbetrieben gestattet. Wohnungen und Kleinhandlungen jedoch sind daselbst nicht zulässig.“

Der deutsche Reichskanzler soll vor etwa einem Jahrzehnte die Aeußerung gethan haben, er verstehe Manches, aber zu verstehen, [212] weshalb im neuen deutschen Reiche die Hansestädte laut Artikel 34 der Reichsverfassung außerhalb des Zollvereins bleiben dürften, sei er nicht fähig. Zweifellos dachten die meisten Deutschen ebenso, und oft genug mußte der im „Binnenlande“ reisende Hanseat die Beobachtung machen, daß seine Freihafenstellung daselbst ein durchaus unverstandenes Ding sei. Es würde uns jedoch zu weit führen, hier eine wenn auch nur kurze Erläuterung der Eigenthümlichkeiten des Hamburger Welthandels-Verkehrs, welche diese Ausnahmestellung bedingten, zu geben.

Daß Hamburg bis zum Jahre 1866 außerhalb des Zollvereins blieb, war schon deswegen selbstverständlich, weil seine nächste Nachbarschaft (Schleswig-Holstein, Lauenburg, die mecklenburgischen Großherzogthümer) ein Gleiches that. Nachdem aber die Schlacht bei Königgrätz geschlagen war, rückte die Zollgrenze eng an die Mauern Hamburgs heran, und die Frage, ob dasselbe auch ferner außerhalb des deutschen Wirthschaftsgebietes bleiben solle, gewann für ganz Deutschland erhöhtes Interesse.

Die Bitte der Hanseaten um Beibehaltung des bisherigen Zustandes fand Gewährung und der erwähnte Artikel 34 der Reichsverfassung (die Hansestädte bleiben außerhalb des Zollverbandes, bis sie selbst ihren Eintritt beantragen) bestätigte eine Ausnahmestellung, wie sie außerhalb Deutschlands nur noch Triest und Singapore aufzuweisen haben: es wurden „zollfreie Niederlagen“ ohne jegliche Zollkontrolle durch ganze Städte gebildet.

Seitdem gab es in Hamburg eine, wenn auch winzig kleine, Zollanschluß-Partei. Sie bildete sich vorwiegend aus zweierlei Bestandtheilen. Erstens aus denjenigen Fabrikanten und Gewerbetreibenden, die nicht für die überseeische Ausfuhr, sondern für die benachbarte deutsche Kundschaft arbeiteten, unter Concurrenz mit dem Zollinlande. Daß für dieselben die Zollgrenze rings um Hamburg schwer schädigend, in manchen Fällen selbst ruinös war, braucht nicht näher beleuchtet zu werden. Zweitens klagten die Händler mit deutschen Fabrikaten. Was sie nach Hamburg eingeführt hatten, ließ sich nur in der Stadt selbst oder im Auslande verwerthen, konnte aber in die nächste, die deutsche Nachbarschaft nicht zurück. Einigermaßen Abhülfe ward ihnen durch eine großartige „Zollvereins-Niederlage“ geschaffen, welche Einrichtung die „Gartenlaube“ 1871 in einem ausführlichen illustrirten Artikel besprochen hat. Aber auch diese Zollvereins-Niederlage war und blieb insofern nur ein Nothbehelf, als ihre Interessenten zwei Lager, zwei Comptoirs, doppeltes Geschäftspersonal halten mußten, einmal in der Freihafenstadt, das andere Mal in der Zollvereins-Niederlage. Jeder Sachkundige wird bestätigen, wie drückend derartiges selbst für größere Geschäfte ist; der kleinere Kaufmann könnte solche Last überhaupt kaum tragen.

Indessen jeder Versuch der Zollanschluß-Partei, in Hamburg selbst zur Geltung zu gelangen, ward im Keime erstickt. Sammelte sie mühsam zu einer Kundgebung 30 Unterschriften an der Börse, so antworteten die „Freihäfler“ mit einem Protest, der sich sofort mit 1500 Unterschriften bedeckte. Auch in den Kreisen der Gewerbetreibenden war das Verhältniß kein wesentlich günstigeres, der Handwerkerstand entschied sich mit seltenen Ausnahmen bei Bürgerschafts- und Reichstagswahlen stets mit sehr großer Mehrheit in demselben Sinne wie die Kaufmannschaft. Selbst die socialdemokratischen Wahlprogramme verfehlten nie, die gut-freihändlerische Gesinnung der Candidaten zu bekunden. Der sonst so ruhige Hamburger, der selbst bei den wichtigsten politischen Fragen kalt zu bleiben pflegte, erwärmte sich sofort, wenn die Anschlußfrage auf’s Tapet kam, und ging begeistert zur Urne, wenn es galt, einen „Anschlüßler“ zu bekämpfen.

Senat und Bürgerschaft, Handels- und Gewerbekammer hielten fest zur Freihafenpartei, und sie fanden in Deutschland ihre mächtige Stütze an der von Camphausen und Delbrück in der Reichsregierung vertretenen Wirthschaftspolitik. Da schrieb der Reichskanzler den inhaltsschweren Brief an den Freiherrn von Thüngen, die „Zollreform“ trat ein, die Hamburger Zollanschluß-Partei, wandte sich an den Reichskanzler, und mit seiner im April 1881 aufgestellten Forderung, daß Altona nebst der hamburgischen Vorstadt St. Pauli dem Zollverband anzuschließen sei, ward der „Zollkrieg“ eröffnet.

Es würde zu weit führen, auf den Verlauf desselben einzugehen; der Hinweis auf den oben skizzirten Friedensvertrag genüge. Letzterer ließ den während der Feindseligkeiten geäußerten Ausspruch Bismarck’s, „er werde die Hamburger durch die Coulanz seiner Bedingungen in Erstaunen setzen“, in der That zur Erfüllung gelangen.

Wir reden hier nicht von der Ansehnlichkeit des vom Reiche zu leistenden Kostenbeitrages, haben vielmehr im Auge, daß den berechtigten Eigenthümlichkeiten des hamburgischen Welthandels voll und ganz Rechnung getragen wird. Schwindet auch die Freihafenstellung, so bleibt doch der Freihafenbezirk, und er ist von überreichlich genügender Größe zur Erfüllung der Bedürfnisse des Welthandels und der hamburgischen Exportindustrie. Selbst eine allgemeine Revision der Zollregulative, speciell bezüglich ihrer Anwendung auf Hamburg, ward vereinbart. Eigene Zollverwaltung durch hamburgische Behörden und hamburgische Beamte ward zugestanden. Unter Berücksichtigung der hamburgischen örtlichen Verhältnisse (Ebbe, Fluth, Eisgang etc.) soll selbst im zollangeschlossenen Theile Hamburgs auf Erleichterung und Vereinfachung der Zollabfertigung Rücksicht genommen werden.

Die Elbe zwischen Hamburg und dem Meere ward zwar zollangeschlossen, indessen die für den Freihafen bestimmten oder denselben verlassenden Schiffe ziehen die schwarz-weiße Zollflagge oder Nachts die grün-weiße Zolllaterne auf und passiren ohne Aufenthalt durch Revision oder Controlle. Selbst die eifrigsten Vertheidiger der Freihafenstellung mußten zugeben, daß die Senatscommission weit mehr vom Reichskanzler erlangt hatte, als je erwartet worden war.

Eine naheliegende Frage möge hier beantwortet werden, diejenige, welchen Vortheil denn das deutsche Reich von der so kostspieligen Umwandlung habe?

Auf einen erhöhten Verbrauch deutscher Fabrikate in der künftig zollangeschlossenen Stadt ist nicht viel zu rechnen, derselbe beträgt jetzt schon, wie Delbrück im Reichstage betonte, siebenzig Procent des gesammten Consums, und von den verbleibenden dreißig Procent wird auch in Zukunft noch Manches dem Auslande zufallen. Auch daß die Freihafenstellung „ein Einfallsthor der englischen Industrie“ sei, wie es während des Zollkrieges hieß, ist falsch; ein solches müßte auch der Freihafenbezirk sein. Triftiger als diese Scheingründe ist die Erwägung, daß Hamburgs Handel in weit kräftigerer Weise für die Förderung des Absatzes deutscher Erzeugnisse nach dem Auslande wirken kann, wenn dieselben beim Lagern in der Hansestadt nicht mehr in die Grenzen einer Zollvereinsniederlage gebannt sind, wenn der deutschen Industrie der freie Verkehr, die unbehinderte Lagerung in der ersten Handelsstadt des europäischen Festlandes eröffnet wird.

Auf diesen Standpunkt stützte sich auch die öffentliche Meinung in Deutschland, welche der Reichskanzler vertrat; das gab selbst der Senat zu. So entstand der Friedensvertrag, ein Vergleich, welcher die gerechten Anforderungen beider Parteien erfüllte.

Dann gab es in Hamburg selbst noch einen heißen Kampf auszufechten, bei welchem zum Glück nicht Pulver und Blut, sondern nur Tinte und Druckerschwärze[WS 1] zu massenhaftem Verbrauch kamen. Es handelte sich um Abgrenzung des Freihafenbezirks, bei welchem die Reichsregierung dem eigenen Ermessen der Hamburger einen mäßigen Spielraum gelassen hatte.

Die zwei bis drei Procent des Gesammtraums, um welche es sich handelte, sind städtisch bebaut, liegen in den werthvollsten Stadttheilen, sind viele Millionen werth. Sollte man möglichst viel oder möglichst wenig abbrechen? Die Antwort wäre leicht gefunden, wenn sich das Raumbedürfniß der Kaufmannschaft hätte genau schätzen lassen; hier aber galt es, nicht die Gegenwart, sondern die Zukunft zu schätzen, und die Kaufmannschaft theilte sich in zwei ziemlich gleich große Parteien. Die „Abbruchsgegner“ betonten, daß die von dem großartigsten Project geforderte Last von 83 Millionen (nach Abzug der 40 Millionen vom Reiche) viel zu schwer für die Finanzen des kleinen hamburgischen Staates sei. Die „Abbruchsfreunde“ schalten über Flickwerk und Stückwerk. Nach langem Streit kam ein Compromiß zu Stande, welcher das im Eingange dieser Zeilen erwähnte, 106 Millionen kostende Project mit großer Mehrheit Annahme finden ließ.

Eine Uebersicht des demgemäß in den nächsten Jahren zum Abbruch gelangenden Stadttheiles führt unser größeres Bild den Lesern vor. Das Ganze bildet die sogenannte Kehrwieder- und Brooksgegend nebst einem Theile der Wandrahmsgegend, es liegt fast sämmtlich im Katharinen-Viertel und macht einen großen Theil desselben aus. Das Bild gewährt zugleich einen Einblick in das rege Treiben am Hafeneingange eines der hamburgischen „Fleete“, wie die Wasserläufe, mit denen Elbe und Alster die Stadt durchziehen, genannt werden. Die vielen flachen mit Waaren beladenen Fahrzeuge,

[213]

Der wegen der Freihafenbauten in Hamburg abzubrechende Stadttheil. 0Originalzeichnung von W. Heuer.
  Butenkajen.   St. Nicolai.   St. Katharinen.   Kehrwieder.   Quais.

[214] „Schuten“ genannt, sind eins der nützlichsten Handwerkszeuge des Handels; ein einziger Mann, der „Everführer“, kann mittelst langer Hakenstange, des „Peekhakens“, welche er auf den Grund setzt und deren Krücke am anderen Ende er gegen seine Brust stemmt, die Schute leicht vorwärts bewegen; so bietet sich eine ebenso bequeme wie billige Beförderung auf dem Wasserwege. Ist Eile vonnöthen, so spannt sich der flotte kleine Schleppdampfer vor.

Die dem Abbruch geweihte Gegend gehört zu den älteren Hamburgs: dennoch liefert eine Suche nach Alterthümlichkeiten in derselben nur ein dürftiges Ergebniß. Der historische Sinn war stets sehr gering entwickelt im Hamburger. Das Initial, welches unseren Artikel schmückt, bietet den Typus der sogenannten Fachwerksbauten (Holzgerippe mit Ziegelausfüllung), aus denen der weitaus größte Theil der älteren hamburgischen Straßen besteht, immer das höhere Stockwerk über das untere hervorspringend, die Fenster nur durch Balken getrennt.

Das abgebildete Gebäude gehört zu Hamburgs Merkwürdigkeiten insofern, als es vor manchen hundert Jahren (so erzählt die Sage) eine tugendsame Jungfrau zur Besitzerin hatte, die in einen Schiffsbauergesellen sterblich verliebt war. Der Schiffszimmermann aber ward ein Schiffer, ging zur See und kehrte nie zurück. Das Jungfräulein grämte sich und starb, nachdem es sein Haus an die ehrbare Schiffbauer-Genossenschaft vermacht hatte, unter der Bedingung, daß zum Andenken der jungfernkranzberechtigten Spenderin stets ein Kranz an dem Hause hängen müsse: gehe er verloren, so falle das Haus einer frommen Stiftung zu.

Da hingen denn die Schiffsbauer ihr Wappen an dem Hause auf, ein Schiff mit Maststumpfen, wie es auf den Helgen gebaut wird und vom Stapel läuft, und darunter hingen sie einen mächtigen Kranz. Immer nach einigen Jahren, wenn derselbe stark von Wind und Wetter mitgenommen, zieht das ganze Gewerk mit Fahnen und Musik hin und hängt einen neuen mächtigen Kranz auf, und das geschieht noch heutigen Tages – bis der Zollanschluß-Abbruch Kranz und Haus zerstören wird.

Und um diesen Abbruch wird noch manche heiße Thräne fließen. Unter den auszutreibenden 25,000 Menschen befindet sich so mancher kleine Geschäftsmann, dessen sichere Existenz auf der in der Nachbarschaft erworbenen Kundschaft beruht; so etwas ersetzt sich nicht so schnell wieder in entfernter Stadtgegend. Wohl muß der Staat die Häuser, welche er sich aneignet, bezahlen, aber auf die meisten Verluste der obenerwähnten Art trifft das hamburgische Expropriationsgesetz nicht zu. Doch die Zahl der Trauernden ist winzig gegenüber derjenigen der Jubilirenden. Die Hauswirthe Hamburgs litten in den letzten Jahren an einer durch Bauschwindel hervorgerufenen Ueberproduction; jene 25,000 aus ihren bisherigen Wohnungen auszutreibenden Menschen sollen die leeren Wohnungen füllen, die Miethen steigen lassen. Die Bauhandwerker träumen von einem Goldregen, der sich in Folge der zu beschaffenden Neubauten über sie ergießen wird; die übrigen Handwerker rechnen darauf, daß es auch ihnen gut geht, wenn so viele Millionen in Umlauf kommen. Die Kaufleute wünschen anstatt der alten Speicherbauten neue praktische Niederlagen, die ihnen der Staat dann im Interesse des Handels zu recht billigem Preise überlassen möge. Im Allgemeinen hofft man auf einen Aufschwung des Verkehrs, welcher für alle Stände reiche Früchte tragen soll. Werden diese Hoffnungen sich erfüllen? Oder werden die Stimmen derer Recht behalten, welche vor dem Tanz um’s goldene Kalb warnen, welche an den Milliardenschwindel nach 1871 erinnern und die den auf den kurzen Taumel folgenden „Krach“ prophezeien? Und wird Hamburg im Range unter den Weltmärkten steigen oder verlieren?

Die Zukunft wird es lehren. Heutzutage kann Niemand die Folgen einer so gewaltigen Umwälzung, wie sie Hamburg bevorsteht, mit annähernder Sicherheit voraussagen. Einigen Trost gewährt es, daß der Handel anschmiegungsfähiger betreffs neuer ungewohnter Verhältnisse ist, als mancher andere Zweig des menschlichen Wirkens, und daß Hammonia, die Schutzgöttin Hamburgs, schon unter so manchem Sturm ihr Haupt tief gebeugt, sich aber immer rasch wieder muthig emporgerichtet hat. Krieg, Brand, Ueberschwemmung, Handelskrisen, Alles ward bisher von den zähen Hanseaten verhältnißmäßig schnell verschmerzt. Hoffen wir, daß auch nach der bevorstehenden Uebergangszeit Hamburg neu aufblühen möge, auf daß es nach wie vor erglänze als eine der schönsten Perlen in der Krone des deutschen Reiches!

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Druckerschärze.