Textdaten
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Autor: unbekannt
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Titel: Zur Ehrenrettung des Bären
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aus: Die Gartenlaube, Heft 36, S. 425–428
Herausgeber: Ferdinand Stolle
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1854
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[425]
Etwas Naturgeschichte.
4. Zur Ehrenrettung des Bären.

Der Bär, sagt der bekannte Thierkenner Toussenel, ist das Symbol wilder ursprünglicher Gleichheit und deshalb der Aristokratie ein Gräuel, abgesehen hiervon aber ein armes, schändlich verleumdetes Thier, über welches der Haß und die Unwissenheit die abgeschmacktesten Märchen ersonnen hat. Es giebt keine Art von Schändlichkeiten, die nicht von Anekdotenjägern benutzt worden wären, um die Lebensgeschichte dieses unglücklichen Vierfüßlers zu beschmutzen. In einem fürchterlichen, vor etwa hundert Jahren ohne königliches Privilegium erschienenen Buche, steht die Geschichte der Gräuelthaten eines braunen Bären im Juragebirge, welcher lange der Schrecken des Landes gewesen war und zwar in Folge seines unmäßigen Appetites nach dem Fleische junger Mädchen. Die menschliche Bosheit hat sich nicht damit begnügt, dem Bären Verbrechen und Immoralitäten zuzuschreiben, an denen er unschuldig ist, sondern man hat das arme Thier auch lächerlich und zur Zielscheibe unzähliger Mystifikationen gemacht. Die alten und neuen Schriftsteller wetteifern förmlich mit einander, ihm recht hinterlistige Streiche zu versetzen. Aelian, der Grieche, ein Fabeldichter und eben so beschränkter Kenner des Thierreichs wie Conrad Geßner, geht so weit, daß er den Bären zu einem Mörder des niedrigsten Grades, einem gemeinen Meuchelmörder macht, welcher zu seinem Vergnügen mordet, was doch eine nichtswürdige Verleumdung ist.

Toussenel hat in den Reisebeschreibungen vieler glaubwürdigen Seefahrer eine Menge Thieranekdoten gelesen, die eben so drollig sind, wie Aelian’s, aber auch eben so unwahrscheinlich. Neulich, sagt er, erzählte mir ein junger Pariser, der so eben aus Amerika zurückgekehrt war, die folgende Geschichte, deren Echtheit ich natürlich durchaus nicht verbürgen mag. Mein Begleiter und ich durchwanderten die ungeheuren Tannenwälder Californiens, die so merkwürdig wegen der Todtenstille sind, die in dem Schatten ihrer gewölbten Zweige herrscht. Eines Tages, als wir an den Rand einer der weiten offenen Waldwiesen kamen, die sich hier und da durch diese düsteren Einöden hinziehen, hörten wir in sehr kurzer Entfernung einen grunzenden Ton, welcher über unsern Köpfen herunterzukommen schien und in welchem mein Begleiter, ein Yankee aus der alten Schule, sofort die Musik eines Bären erkannte. Wir duckten uns und schlüpften durch die Büsche, indem wir uns bemüheten, zu ermitteln, wo das Thier säße. Ein zweites Grunzen in einem zornigeren Tone als das erste, auf welchen ein drittes sehr zufriedenes zu folgen schien, lenkte unsere Aufmerksamkeit auf einen gigantischen Kirschbaum ungefähr zwanzig Schritt vor uns, unter dessen Zweigen und in dessen Schatten eben ein sehr lächerlicher Auftritt stattfand. Die zwei Personen des Drama’s, von deren Unterhaltung wir einige Bruchstücke erhaschten, waren ein Bär und ein Wildschwein. Der erstere, ein Exemplar der ersten Größe, saß auf dem starken Aste des Kirschbaums und war emsig beschäftigt, die Früchte zu pflücken. Da diese aber fast überreif waren und nur noch lose am Stengel saßen, so geschah es, daß bei der leisesten Bewegung, die der Bär auf seinem Aste machte, gerade der delikateste Theil der Früchte dicht wie Hagel auf den Boden fiel. Das dumme Thier verlor alle Geduld und stieß grollend eine Menge zorniger Verwünschungen hervor; aus demselben Grunde war dagegen das naschhafte Wildschwein, welches eben am Fuße des Baumes stand, hoch erfreut und gab sein Vergnügen durch ein beifälliges gut, gut! bei jedem neuen Kirschregen zu erkennen. In dem Augenblick, wo wir auf dem Schauplatze ankamen, war die Erbitterung des Bären schon zur Rothglühhitze gestiegen und es war leicht zu sehen, daß sie binnen Kurzem zur Weißglühhitze übergehen würde. „O, mir ist ein köstlicher Gedanke eingefallen,“ flüsterte mir mein Yankeefreund in’s Ohr. „Wenn wir die furchtbare Erbitterung dieser beiden Thiere gegen einander benutzen könnten, um sie in einen tödtlichen Kampf mit einander zu verwickeln!“ – „Aber wie sollen wir das anfangen?“ – „Das ist sehr einfach; ein Lauf Eurer Doppelflinte ist mit Schrot geladen; jagt diese dem jungen Herrn da in die weichste Stelle seines Körpers“ – und er zeigte mir mit dem Finger durch die Blätter hindurch den Theil des Bären, nach welchem ich zielen sollte. – „Ich kenne den Bären,“ setzte er hinzu, „und wenn er sich einmal etwas in den Kopf gesetzt hat, so läßt er sich durch nichts wieder davon abbringen. Er ist jetzt sehr wüthend auf das Wildschwein und wird, wenn er sich getroffen fühlt, ganz gewiß glauben, das Wildschwein habe ihn geschossen. Ihr werdet sehen, wie er sich sofort auf seinen vermeinten Angreifer stürzt, um sich für diesen groben Scherz zu rächen. Ich verspreche Euch, daß wir viel Spaß haben werden.“ Gesagt, gethan. Ich zielte scharf nach dem zottigen Burschen und drückte ab. Kaum fühlte der Bär sich von den Schroten gekitzelt, als seine Wuth alle Grenzen überstieg und er wie eine Bombe auf das Schwein herunterplumpte, welches an dem Streiche eben so unschuldig, als über diesen unvermutheten Angriff verwundert war. Der Kampf dauerte nicht lange; der siegreiche Bär streckte seinen Gegner nieder, der ihm aber, ehe er starb, noch mit einem furchtbaren Ruck seiner Hauer, den Leib aufriß. Auch dem Bären entsanken daher bald die Kräfte und er taumelte und sank nieder auf die Leiche des erlegten Wildschweins. „Auf diese Weise,“ so schloß der Erzähler bescheidentlich seine Geschichte, „erwarb ich mir das Recht, mich zu rühmen, daß ich mit einer einzigen Ladung Hasenschrot einen schwarzen Bären und ein Wildschwein erlegt.“

[426] Die Fabeldichter und Sittenlehrer haben, ihrer Gewohnheit treu, sehr viel dazu beigetragen, eine unrichtige Meinung von dem Charakter des Bären zu verbreiten. So wird z. B. fast in jedem Kinderbilderbuche dem Bären nachgesagt, er habe einmal einem Freunde, der seines Handwerks ein Gärtner war, unter dem Vorwand, ihm eine lästige Fliege zu verscheuchen, einen Pflasterstein an den Kopf geworfen. Toussenel zieht diese Geschichte sehr in Zweifel und glaubt, der Bär sei einer solchen Ungeschicklichkeit nicht blos unfähig, sondern müsse vielmehr im Gegentheile als eins der gewandtesten und geschicktesten Thiere in der ganzen Schöpfung betrachtet werden. Unbeholfenheit und Grausamkeit sind zwei gegen den Bären vorgebrachte Beschuldigungen, von welchen die eine eben so ungegründet ist, als die andere. – Der Bär ist auch zum Sinnbild der Menschenfeindlichkeit, Schweigsamkeit, Mürrischkeit und Ungeselligkeit ausersehen worden, aber er ist nichts von allem diesen. Der Bär ist das Emblem der Wildheit oder des wilden Lebens, eben so wie der Elephant das Emblem des Edenismus oder der Periode in dem Leben unseres Planeten ist, welche der ersten Phase des Menschenlebens entspricht. Seine herrschende Leidenschaft ist die Liebe zur Unabhängigkeit und zu den Wäldern. In diesem einen Satze liegt die ganze Geschichte des Thieres.

Es ist eine bekannte Sache, daß der Wilde der abgesagteste Feind aller unangenehmen Mühe und Arbeit ist, weswegen ihn Toussenel keineswegs tadelt. Ein Wilder würde auf alle Genüsse der Civilisation verzichten, wenn er sie erst, wenn auch nur durch eine Stunde Arbeit hinter dem Webstuhle oder Pfluge verdienen sollte. Ganz dasselbe ist der Fall mit dem Bären. Die Reize eines Maskenballs sind nie im Stande gewesen, den Wilden zu verlocken und der einzige Begriff, den er vom Glück hat, ist eine vollständige und ununterbrochene Ausübung der sieben natürlichen Rechte des Jagens, Fischens, Früchtesammelns u. s. w. Dasselbe gilt vom Bären, der sich das höchste Glück nicht anders denken kann, als in der Ausübung der beiden natürlichen Rechte, sich seinen Unterhalt selbst zu verschaffen und frei zu sein von Sorgen. Nicht als ob der Bär gegen die Freuden des edlen Waidwerks und des Fischfangs unempfindlich wäre. Der weiße Bär z. B. würde sich sehr unglücklich fühlen, wenn er dieses letztern Vorrechts beraubt werden sollte. Ich will damit blos sagen, meint Toussenel, daß Pflanzenkost dem Temperament des Bären mehr zusagt, als jede andere, denn nichts geht ihm über Erdbeeren und Faullenzen. Der Bär weiß recht wohl, daß die Beschaffenheit seines Körpers ihn geeigneter macht, einen Baum zu erklettern, als ein Reh zu jagen und er verfolgt demgemäß eine Lebensweise, wie sie mit den Eigenschaften seines Wesens übereinstimmt. Da er seinen Appetit nach Früchten mit leichter Mühe befriedigen kann, so benutzt er diesen günstigen Umstand, um sich während des Herbstes tüchtig zu mästen und einen reichlichen Vorrath jenes Fettes anzuhäufen, aus welchem die unseren kahlköpfigen und bartlosen Stutzern wohl-bekannte sogenannte Löwenpomade bereitet wird. Ein sehr eigenthümlicher Einfall, den Leuten weiß zu machen, daß der König der Thiere seine dicke, prachtvolle Mähne dem täglichen Gebrauche des vorgenannten Haarwuchsmittels verdanke.

Es ist eine bekannte Sache, daß Meister Braun, nachdem er sich einen hinlänglichen Vorrath von Fett angefressen Hit, sich in eine Höhle zurückzieht, wo er die zwei schlimmsten Monate des Jahres verschläft. Fabeldichter und Naturforscher mögen daher reden, so viel sie wollen, ich werde nimmermehr glauben, daß ein Thier von solchem Charakter der Feind des Menschen sei. Ein Thier, welches während der Jahreszeit des Mangels und des Verbrechens schläft, und Honig und wilde Beeren vor einer Schöpskeule den Vorzug giebt, kann niemals als ein blutdürstiger Menschenfresser betrachtet werden. Der Bär ist ein wildes Thier, das giebt Toussenel zu, aber ganz gewiß einer der harmlosesten Fleischfresser, die es giebt – das heißt, der civilisirte Bär, der französische oder russische Bär, der Bär der Pyrenäen oder der Alpen, denn der graue Bär der nordamerikanischen Prairien und der weiße Bär der Polargegenden zerreißen, wenn der Hunger sie treibt, Alles, was ihnen in den Weg kommt. In Uebereinstimmung mit seiner Eigenschaft als Emblem der Wildheit ist der Bär von allen großen Fleischfressern derjenige, dem der Verlust seiner Freiheit am Meisten zu Herzen gehen muß. Und dies ist auch der Fall, denn von allen Gefangenen ist der Bär am Schwierigsten an seine Gefangenschaft zu gewöhnen. Er wird allerdings gezähmt, jedoch ohne daß er seiner Persönlichkeit oder seinen Rechten entsagte. Man sieht ihn zuweilen auf den Straßen das Handwerk eines Possenreißers treiben, um sich sein Brot zu verdienen, aber sein Herr weiß nicht, welchen Schmerz und Kummer das Bewußtsein dieser Entwürdigung ihm kostet, und welchen Grad von Philosophie er aufwenden muß, um schweigend an dem Zügel seiner Sklaverei zu nagen. Es ist schon mehr als einmal der Fall dagewesen, daß ein Bär, nachdem er seine Kette zerrissen, die Ausübung der wiedererlangten Freiheit mit der Ermordung seines Führers und dessen ganzer Familie begonnen hat. In der Geschichte der Volksrache kommen Thatsachen vor, welche mit diesen Bärenrevolutionen große Aehnlichkeit haben.

Wenn der gefangene Bär nicht mit Fressen oder Saufen beschäftigt ist, so denkt er über einen Fluchtplan nach. Die ganze Kraft seiner Phantasie ist auf diesen einzigen Gegenstand gerichtet, und seine fortwährende Aufregung verräth die Qualen, welche sein ganzes Sein verzehren. Dieser Kopf, dessen eintönige regelmäßige Bewegung, vor und rückwärts, das Auge des Zuschauers ermüdet, ist das Pendel einer fixen Idee, von welcher er sich in seinem Durste nach Freiheit nicht losreißen kann. Wenn der pyrenäische und der russische Bär den Wunden seines Grames nicht stets erliegt, wenn ihn nicht plötzlich vor Scham der Schlag rührt, während er auf offenem Markte neugierigen Gaffern zum Schauspiel dienen muß, so liegt der Grund darin, daß die Liebe zur Freiheit in seinem Herzen unzerstörbar ist, und daß die Hoffnung ihn niemals verläßt. Der Eisbär aber stirbt, sobald er die frische Luft seiner Heimath nicht mehr athmen kann, schon nach wenigen Monaten am Heimweh und lauem Wasser.

Besiegt, verfolgt, ohne Obdach und ohne einen bestimmten Erwerbszweig, hat sich der Bär, wie Mithridates, von Anfang an genöthigt gesehen, sich daran zu gewöhnen, mit jedem möglichen Futter vorlieb zu nehmen, und sogar alle Arten von Giften verdauen zu lernen. Daher ist der Arsenik, welcher für den Menschen ein ungemein heftiges Gift ist, den, Bären ganz unschädlich. Eine Dosis von einem Viertelpfund äußert gar keine sichtbare Wirkung auf ihn und ein Pfund vertritt blos die Stellung einer leichten Purganz.

Wenn der Bär durch den Hunger genöthigt wird, Menschen und Thieren den Krieg zu erklären, so legt er sich gewöhnlich in die tiefern Zweige eines dichtbelaubten Baumes oder hinter einem Felsenvorsprung in die Nähe einer Schlucht in den Hinterhalt, aus welchem er auf sein Opfer hervorstürzt, es beim Nacken packt und erwürgt. Die Muskelstärke des Bären ist ungeheuer und übertrifft die unserer stärksten Boxer. Man hat gesehen, wie ein Bär ein Pferd oder einen Stier mit einem einzigen Schlage seiner mächtigen Tatze tödtete. Wenn der Bär in seinen Zweikämpfen mit den Menschen selten die Oberhand hat, wie aus der großen Anzahl Bärmützen hervorzugehen scheint, welche unsere Grenadiere tragen, so beweist dies blos die Ueberlegenheit der Waffen des Menschen und die vollständige Unbekanntschaft des Thieres mit der edeln Fechtkunst. Da der Bär sich gewöhnlich auf seine Hinterfüße erhebt, wenn er den Jäger angreifen will, so stellt er natürlich seine Flanke dem Feinde blos, der dann nur einige Kaltblütigkeit und Gewandtheit zu besitzen braucht, um ihm mit einem Dolche oder einer Kugel das Herz zu durchbohren. Der Dolch ist die beste Methode, weil dadurch das Fell am Wenigsten beschädigt wird. In Eaux Bonnes in den Pyrenäen gab es einmal einen Bärenjäger, der nach und nach auf diese Weise sechzig Bären niederstach. Allerdings verfehlte er den einundsechzigsten, aber dieser nicht ihn.

Der Bär ist so wenig der Feind des Menschen, daß er niemals die Hand gegen ihn emporhebt, ausgenommen in den Ausnahmefällen des Hungers und der Selbstvertheidigung. Bärinnen treiben allerdings die Reisenden oft mit Gewalt aus der Nähe ihrer Jungen hinweg, aber wer würde es einer solchen Mutter zum Verbrechen anrechnen wollen, wenn sie die Gefahren, die ihren Kleinen drohen, übertreibt und für ihr Fell zittert, besonders im Hinblick auf den großen Verbrauch dieses Artikels, der schon durch das einzige Institut der Grenadiere verursacht wird? Dem Bann liegt eben so wie jedem andern Menschen von gutem Geschmack viel daran, daß diese lächerliche und nur zu lange schon in Ehren gehaltene Tracht endlich einmal abgeschafft werde.

Die außerordentliche Liebe der Bärin zu ihren Jungen ist ein Thema, über welches schon ungemein viel geschrieben worden ist. Wenn es eine steile Schlucht, einen ungestümen Strom oder [428] sonst eine gefährliche Stelle zu passiren giebt, so pflegt die Bärin ihre Jungen unter beiden Armen zu tragen und in diesen Situationen entwickelt sie allerdings einen etwas unangenehmen und ungeselligen Charakter. Bärenjäger haben sehr häufig gesehen, wie diese Thiere friedlich ihren Höhlen zuwanderten, und dabei mit der größten Leichtigkeit unter jedem Arme ein Schaf trugen, gerade so wie wenn ein Advokat in einer schwierigen Prozeßsache mit einem Aktenstoß unter jedem Arm zur Abhaltung eines Termins auf’s Rathhaus geht.

Der wahre Feind des Bären – des Emblems der Wildheit und Gleichheit – ist das Pferd – das Emblem feudalistischen und aristokratischen Stolzes. Zoologen und Jäger haben schon lange, wiewohl vergeblich nachgeforscht, worin wohl der Grund dieser unversöhnlichen und tödtlichen Feindschaft liege. Die Sache ist aber sehr einfach, denn das Thier, welches ein Symbol der Liebe zur Unabhängigkeit und Gleichheit ist, muß nothwendig der geborene Feind des Thieres sein, welches den Ritter oder Edelmann, oder mit andern Worten den bevorzugten Stand repräsentirt, der die Besiegten ausbeutet, und sie für ihn zu arbeiten zwingt.

Der Bär, welcher fortwährend vor der Annäherung des Menschen zurückweicht, und die unbewohntesten Plätze zu seiner Wohnung wählt, bezeugt dadurch hinreichend seine friedlichen Absichten, so wie den Wunsch, einem Kampfe aus dem Wege zu gehen, in welchem er nicht gewiß ist, die Oberhand zu behalten. Der Mensch aber, der einen Vorwand braucht, um seinen Handel mit Pelzmützen und Bärenfett fortzusetzen, thut natürlich nicht als ob er an die Aufrichtigkeit dieser freundlichen Wünsche glaubte. Er leugnet sie keck im Interesse seines Geschäfts und setzt die Feindseligkeiten fort, die mit der Zeit leider ein Ende nehmen müssen, weil es auf der einen Seite keine Kämpfer mehr geben wird.

Einen großen Beweis von der Mäßigung des Bären findet man in der Geschichte der Spiele im römischen Cirkus. Die Römer, welche tüchtig mit Menschenblut gewürzte Schauspiele liebten, verwendeten, wenn sie Christen von wilden Thieren zerreißen ließen, dazu fast niemals Bären, weil ihnen diese zu human waren. Eine der Lieblingsbelustigungen des Kaisers Heliogabolus bestand bekanntlich darin, seine Gäste beiderlei Geschlechts betrunken zu machen und sie dann durch die behaarten Arme eines Bären aufwecken zu lassen; die Geschichte erzählt aber nicht, daß diese Scherze je von so ernsten Folgen begleitet gewesen seien, wie die des Kaisers Nero, welcher seine Freunde unter Rosenhaufen ersticken ließ.

Mit einem Worte, der Bär hat keine Freude am Blutvergießen, und wer ihn der Unbeholfenheit und Tölpischkeit beschuldigt, hat ihn niemals thätig gesehen. Auch ist er keineswegs ein Feind der Heiterkeit, ja es ist sogar der Fall vorgekommen, daß er durch das Uebermaß seiner Liebenswürdigkeit unangenehm geworden ist. Der Bär ist nächst der Katze und dem Affen vielleicht das lustigste und possirlichste aller vierfüßigen Thiere. Wie alle kluge Leute, ist er ein Freund des Müßigganges und des Tanzes; er ist ein von guter Laune überfließender Bummler und dabei ein Muster von Geschicklichkeit und Gewandtheit.