Wo dat togeit, dat de Imser Kark’ so alleen steit?

Textdaten
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Autor: Vogelsang
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Titel: Wo dat togeit, dat de Imser Kark’ so alleen steit?
Untertitel:
aus: Alterthümer, Geschichten und Sagen der Herzogthümer Bremen und Verden: Noch lebende Volkssagen und Legenden, S. 231–232
Herausgeber: Friedrich Köster
Auflage: 2. Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1856
Verlag: In Commision bei A. Pockwitz
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Erscheinungsort: Stade
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Quelle: Commons, Google
Kurzbeschreibung: Aus dem Lande Wursten
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2. Wo dat togeit, dat de Imser Kark’ so alleen steit?

Die vor mehr als 600 Jahren erbauete Kirche zu Imsum, mit Pastoren- und Küsterhaus, liegt ganz einsam hart am Weserdeiche, von den beiden Dörfern Dingen und Weddewarden gleich weit entfernt. Darüber giebt nun die Sage folgenden Aufschluß: die von Dingen und Weddewarden, welche von jeher Eine Gemeinde bilden, wollten auch gern eine eigene Kirche haben, wie die von Wremen und Dorum; aber weil die Einen sie durchaus in Dingen, die Andern in Weddewarden bauen wollten, so ging das Werk nicht vorwärts. Endlich traf man folgendes Abkommen. Jeder Theil sollte einen Ochsen stellen: die wollte man gerade in der Mitte zwischen beiden Oertern zusammen binden [232] und laufen lassen; und wo sie sich dann zuerst niederlegen würden, da sollte die Kirche stehen. Die Dinger dachten nämlich, ihr starker Ochse sollte den Weddewardener mit sich schleppen; und die Weddewardener hofften dasselbige ihrerseits; jeder Theil fütterte deshalb seinen Ochsen auf’s Beste, und ließ ihn am letzten Tage vor der Entscheidung hungern. Aber die beiden Thiere, weil ein jedes wieder nach seinem Dorfe wollte, fingen an einander zu beißen und zu reißen und verwirrt von dem Geschrei der Leute liefen sie bis dicht an die Weser in einen Sumpf, wo sie nicht weiter konnten. So beruhigten sich denn beide Theile, und baueten an diesem Orte ihre Kirche, welcher sie von dem Platze den Namen „Im Sumb“ oder „Imsum“ gaben. –

Vorstehende Sage lebt noch im Munde des Volks, und noch steht die Imsumer Kirche allein und so nahe dem Weserstrome, nur durch den Deich davon getrennt, daß bei hoher Fluth und starkem Westwinde der Salzschaum nicht selten an die Fenster des Studirzimmers im Pastorenhause hinanschlägt. Ob aber die Begründung, welche jene Sage bietet, auf geschichtlichen Werth Anspruch machen kann, ist wohl mehr als zweifelhaft. Eine andere, vereinzelt noch auftauchende Sage, die wohl das Richtigere treffen dürfte, erzählt dagegen, in alten fernen Zeiten habe dort, wo nun der Weser Bett ist, noch ein Dorf gestanden, das mit Dingen und Weddewarden Eine Gemeinde gebildet habe, und gerade in die Mitte zwischen diesen drei Dörfern sei die Kirche hingebaut. Später habe bei einer furchtbaren Sturmfluth die Weser ihr Bett geändert, jenes dritte Dorf unter ihren Fluthen begraben und ihren jetzigen Lauf genommen, nahe am Fuße der Imsumer Kirche. So sei die merkwürdige Lage der letzteren zu erklären, die allerdings jetzt auffallend genug ist, indem die Kirche mit ihren beiden Dörfern fast ein gleichseitiges Dreieck bildet.