Wat sek de Schwaalkes vertellen
Wat sek de Schwaalkes vertellen. [1]
Schwaalkes, leev’ Schwaalkes,
Seggt, wat vertell Ji Jo? –
Van’t Jungtje, ’t was der de best int Loog,
Van’n Meisje, so nüver un blau van Oog.
Un jung hör sööt Döetjes hier up de Steen,
In Dunkeln under de Boom.
Schwaalkes, leev’ Schwaalkes,
Seggt, wat vertell Ji Jo? –
Do kloppt hör’t Hartje, do schweeg hör Mund.
He kunn’t nich draagen, he muß hör sehn,
Nu satten se selig und still to Tween
In Dunkeln under de Boom.
Seggt, wat vertell Ji Jo? –
Van’n Vader, de der sien Kind utschull;
Van’n Dochter, de hüm to Footen sull, –
Van’n Meisje, dat der vergung vör Leed,
In Dunkeln under de Boom.
Schwaalkes, leev’ Schwaalkes,
Seggt, wat vertell Ji Jo? –
Wi togen vandaan över’t wiede, wiede Meer.
„Leeve Schwaalkes, jagt nich so gau vörebi;
Seggt, sitt se wol noch und denkt an mi,
In Dunkeln under de Boom?“
Schwaalkes, leev’ Schwaalkes,
Wi togen werum, dat Schipp stürde Noord,
Sien beste Matrose full över Boord!
„Leeve Schwaalkes, do’t et de Wind tovör
Un bringt mien letzte goode Nacht to hör
Schwaalkes, leev’ Schwaalkes,
Seggt, wat vertell Ji Jo? –
Wi quammen weran, wat het uns groo’t!
Wi finden’t jo alle hier uut un dood!
Hier süchtet un klagt et so sünderbar
In Dunkeln under de Boom.
Was sich die Schwalben erzählen.
Schwalben, o Schwalben,
Sagt, was erzählt ihr euch? –
Vom Bub’, der im Dorfe der beste war,
Vom Mädel, deß Augen so blau und so klar.
Und sang ihre Lieder auf diesem Stein,
Im Dunkeln unter dem Baum.
Schwalben, o Schwalben,
Sagt, was erzählt ihr euch? –
Da klopfte das Herz ihr, da schwieg ihr Mund.
Er mußte sie sehen, nicht trug er’s allein,
Nun saßen sie stumm und selig zu Zwei’n
Im Dunkeln unter dem Baum.
Sagt, was erzählt ihr euch? –
Vom Vater, der wild und zornerglüht,
Von der Tochter, die ihm zu Füßen kniet,
Vom Mägdelein, das vor Leid verging
Im Dunkeln unter dem Baum.
Schwalben, o Schwalben,
Sagt, was erzählt ihr euch? –
Wir zogen davon über’s weit’, weite Meer.
„Liebe Schwalben, o, fliegt nicht so schnell und schwenkt
Euch vorüber, o sagt, ob sie meiner noch denkt
Im Dunkeln unter dem Baum?“
Schwalben, o Schwalben,
Wir kehrten zurück, das Schiff ging nach Nord,
Sein bester Matrose fiel über Bord:
„Liebe Schwalben, seid schneller noch als der Wind,
Bringt ihr meine letzten Grüße geschwind
Schwalben, o Schwalben,
Sagt, was erzählt ihr euch? –
Wir kamen nach dort – o welch’ schreckliches Leid!
Nur Trauer ringsum und Einsamkeit!
Es klagt hier so seltsam, hier seufzt es so
Im Dunkeln unter dem Baum.
- ↑ Als Probe aus der Sammlung ostfriesischer Gedichte von Müller.