Was kosten die Menagerietiere

Textdaten
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Autor: G. Kopal
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Titel: Was kosten die Menagerietiere
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 3, S. 92–93
Herausgeber: Adolf Kröner
Auflage:
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Erscheinungsdatum: 1899
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger G. m. b. H. in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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Was kosten die Menagerietiere?

Ja, was kostet wohl ein schneidiger Löwe, ein anständiges, ausgewachsenes Krokodil oder sonst eine über die gewöhnlichen Haustierkreise bedeutend erhabene Bestie? – Wir halten dafür, daß diese Frage füglich in einem Familienblatte erörtert zu werden verdient. Denn daß sie in vollem Ernste an den „Haushaltungsvorstand“ herantreten kann, dafür läßt sich der Beleg leicht bringen.

Einer der Berliner Romane Paul Lindaus, „Die Gehilfin“, Buch 3, Kap. II, Seite 94 ff., schildert die eintretende Verstimmung am häuslichen Herde des jungen Bildhauers Victor Ellers, als dieser den lebhaften Wunsch äußert, sich einen jungen Löwen anzuschaffen: Solange das Ding klein sei, mache es furchtbaren Spaß im Atelier; nachher könne es als Modell für die Löwenbraut dienen. Aber der bis dahin stets so freigebige Schwiegervater Großkaufmann Donnsdorf schüttelt traurig den Kopf. Er hat so große Verluste erlitten, daß seine Mittel die Anschaffung nicht mehr erlauben, also Victor in dieser Beziehung sich Entbehrungen auferlegen muß.

Romane spiegeln die Wirklichkeit, freilich nicht immer ganz getreu. Wenn beispielsweise einer unserer bessergestellten Leser ähnliche Anschaffungspläne hegen sollte, so könnte er sich des alten, aber auch gegenwärtig noch vielgelesenen Holteischen Romans „Die Vagabunden“ erinnern. Dort, in Kap. XXIX, geht die gänzlich abgebrannte, zum Glück noch sehr begüterte Menageriebesitzerin Madame Simonelli nach London, um daselbst den lebenden Besitzstand einer neuen Tierbude anzuschaffen. Für 100000 Franken „kann sie den halben Tower auskaufen“.

So war es in früherer Zeit. Heutzutage hebt sich die Brust jedes guten Deutschen höher, wenn er auf die vielen Handelsbahnen blickt, auf denen deutsche Tüchtigkeit den stolzen Briten den Rang abzulaufen verstanden hat, und das ist auch auf dem Gebiete des Handels mit Menagerietieren der Fall. Tower: überwundener Standpunkt! Auch sind die welschen Franken oder die englischen Sovereigns längst nicht mehr die übliche Währung dieses Zweiges. In biederen deutschen Mark sind die Preisverzeichnisse des weltbekannten Tierparks von Carl Hagenbeck in Hamburg ausgestellt, und auf den kühnen Gedanken, den „Hagenpark“ (so lautet seine Telegrammadresse) mit kläglichen 100000 Franken „auskaufen“ zu wollen, würde keine heutige Madame Simonelli mehr kommen.

Aber keine Abschweifung! Bezweckt doch diese Plauderei, den Leser über die Preise der fremden Tiere, die er so oft anstaunt und bewundert, einigermaßen zu unterrichten. Der vorhin erwähnte junge Bildhauer hatte sich gar nicht so gewaltige Dinge in den Kopf gesetzt; für etwa 1000 bis 1600 Mark hätte ihm der Schwiegervater sogar schon einen ausgewachsenen Löwen oder Tiger leisten können, und ein eben erst entwöhnter Löwe wäre schon für einige hundert Mark zu haben. Was diese sehr gangbare Ware anbelangt, so machen die Zoologischen Gärten aller Völker dem „Hagenpark“ und anderen Tierhandlungen einen recht lebhaften Wettbewerb, denn der „König der Tiere“ führt gewöhnlich auch in der Gefangenschaft ein gemütvolles und mit Elternfreuden reich gesegnetes Familienleben. Es bedarf daher nur einer Anzahl brieflicher Anfragen an solche Anstalten, um eine reiche Auswahl von Anerbietungen zu beschaffen. Solche „Kleinigkeiten“ kauft man also unter der Hand ebenso gut und billig, ja möglichenfalls noch vorteilhafter als bei Hagenbeck.

Wer sich aber etwas Gediegenes und Großartiges anschaffen will, den müssen wir doch auf die genannte Hauptbezugsquelle verweisen, die hierin an Auswahl wirklich unübertroffen dasteht. Namentlich verdienen die vielen Gruppen, die Hagenbeck ausbietet, unsere Beachtung. Da greifen wir hinein in das volle Tierleben. Die „Gruppe 6“ des Katalogs zählt noch zu den billigen Sorten. Zu ihr gehören: 3 männliche Löwen „Max“ „Lolo“, „Philipp“, je 1½ Jahr, als Altersgenossin 1 weiblicher Tiger „Henny“, ferner 1 weiblicher Puma „Kitty“, 3 Jahre; 1 dreijähriges Kragenbären-Ehepaar „Harry“ und „Jette“, ferner (noch unbenannt) 2 zweijährige Kragenbären, 2 einjährige Eisbären, 2 einjährige „importierte“ Somali-Löwinnen und endlich 2 Ulmer Doggen. Diese Gesamtheit, laut Preisverzeichnis „als glückliche Familie zusammenlebend“, kostet nur 16000 Mark, und zwar: „alle Angebote und vorbehaltlich des Freiseins: Preise inkl. Verpackung loco Hamburg; Versand: Risiko des Empfängers.“

Eine besondere Gattung bilden Gruppen bereits zu Kunststücken dressierter Tiere; so ist z. B. ein reitender „Tiger zu Pferde“, mit Käfig und Centralkäfig, sowie Rotschimmel und Dogge, schon für 10000 Mark zu haben. Größere, vielseitig zusammengesetzte und zu eleganten „Tricks“ abgerichtete Tiergruppen kosten 25000, 30000, 40000, 50000 Mark und mehr; die teuerste Nummer umfaßt 5 Löwen, 3 asiatische Tiger, 1 Leoparden, 1 Eisbären, 1 Kragenbären, 4 Ulmer Doggen und kostet 55000 Mark, einschließlich Centralkäfig von 10 m Durchmesser und sonstigem Beiwerk.

Zu den originellsten Angeboten zählt ein sogenanntes Eismeerpanorama; Preis einschließlich Zeichnungen und Ausstellungsrecht 16000 bis 50000 Mark; für letztgenannten Preis erhält man 11 Eisbären, 3 Seelöwen, 15 Seehunde, 8 Kormorane, 40 verschiedene Möwen und eine passende Scenerie.

Gemütlichere Tiere als Löwen, Tiger u. dergl. Gelichter enthält Gruppe 10, denn sie besteht aus 4 weiblichen indischen Elefanten, „Rosa“, „Toni“, „Nelly“, „Petit“, also Pflanzenfressern ersten Ranges. Freilich gehören 3 Windhunde dazu, doch diese Tierchen füttert man bekanntlich ganz gut mit Zwieback. Der Preis ist 30000 Mark, einschließlich Zubehör, denn auch diese zarten Wesen sind abgerichtet.

Selbst mit Gruppen von Vögeln kann der Kauflustige bedient werden. Eine solche bilden gelbflügelige, sowie blaue gelbbrüstige und Hyazinth-Araras, Nasen-, gelbhaubige und Molukken-Kakadus, zusammen 17 Stück; sie sind niedlich dressiert, fressen auch bedeutend weniger als die Elefanten und bringen nicht so unangenehme Kratz- und Bißwunden bei wie Löwen oder Tiger, also für den geringen Preis von 6000 Mark geradezu gefunden!

Was nun die Preise für einzelne Tiere und Vögel anbelangt, so sind sie zum Teil derart bemessen, daß auch ein besser gestellter Privatmann an eine Anschaffung denken kann. Ein Steinadler (40 Mark) oder ein australischer Keilschwanzadler (60 Mark) würden sich gewiß in einer Gartenvoliere recht vornehm ausnehmen. Südamerikanische Zwergfalken (Paar 40 Mark), Pondicherrygeier (Paar 200 Mark), der westafrikanische Angolageier (nur 25 Mark) könnten dort gleichfalls zur Zierde gereichen. – Der teuerste Affe, den man sich kaufen kann, ist der Chimpanse (Stück 800 Mark), der billigste der kleine Hamadryas (Stück 25 bis 40 Mark). Papageien dürften in jeder Großstadt käuflich sein; die teuersten Sorten Hagenbecks kosten 250 Mark das Stück.

Für gewichtigere Tiere werden naturgemäß auch höhere Preise gefordert. Ein weibliches sechsjähriges Nilpferd kostet z. B. das runde Sümmchen von 18000 Mark; billiger, jedoch gleichfalls sehr ansehnlich, ist ein siebenjähriges Rhinoceros, Männchen, 12000 Mark. Elefanten, 4 bis 8 Fuß hoch, kommen auf 5500 bis 10000 Mark zu stehen, ein netter südamerikanischer Tapir läßt sich schon für 800 Mark erwerben.

Die Preise für einzelne Tiere sind naturgemäß je nach deren Alter und Aussehen verschieden bemessen. So werden für Känguruhs 200 bis 1200 Mark gefordert, für Leoparden, Panther und Jaguare 600 bis 3000 Mark, für Antilopen 500 bis 2500 Mark. Besonders teuer sind die Giraffen (4500 Mark), Zebras (2500 Mark); für den letzteren Preis kann man schon ein Paar Bisons erhalten. Kamele kosten durchschnittlich 650 Mark, Lamas 1200 Mark das Paar. Junge braune Bären sind schon für 125 Mark zu haben, Wölfe für 100 Mark und Hyänen für 300 Mark.

Anch Alligatoren stehen auf der Preisliste; sie werden in der Länge von 2 bis 10 Fuß ausgeboten und kosten 20 bis 350 Mark das Stück; ebenso ist kein Mangel an Riesenschlangen, sie sind in Längen von 8 bis 23 Fuß vertreten und mit 100 bis 2000 Mark bewertet. Uebrigens kaufmännisch gesprochen: alle Preise ohne unsere Verbindlichkeit! Und nun genug der Beispiele; weitere Zahlen dürften unsere Leser ermüden. Den Damen, die hübsche Hutfedern so gern haben, sei nur noch mitgeteilt, daß ein Somalistrauß für 600 Mark und einer vom Senegal mit 700 Mark verkauft wird.

Manchen unserer Leser dürfte es wunder nehmen, wenn wir noch erwähnen, daß Hamburgs Ausfuhr von Menagerietieren nach Amerika besonders hohen Umfang erreicht hat. Ueberall „drüben“, besonders in Südamerika, werden Zoologische Gärten angelegt, und Hamburg als Mittelpunkt des Menageriemarktes versorgt diese Anstalten mit den wilden Tieren aller Zonen. G. Kopal.