Vom zweiten deutschen Bergmannstag

Textdaten
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Autor: Theodor Gampe
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Titel: Vom zweiten deutschen Bergmannstag
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 41, S. 664-667,668
Herausgeber: Ernst Ziel
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1883
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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Vom zweiten deutschen Bergmannstag.

Von Theodor Gambe.00Mit Illustrationen von Paul Heydel.


In den Muldenhütten.

„Ihr, die ihr sorgt, daß in dem Reiche
Sich munter alle Räder dreh’n,
Daß Kohlendampf zum Himmel steige,
Daß alle Hämmer ringsum geh’n,
Ihr Kenner, Meister der Metalle,
Die deutsche Erde in sich schließt;
Ihr Reichthumspender, Alle, Alle
Seid uns mit Herz und Hand gegrüßt.“

Mit diesen Worten begrüßte am 2. September der Vicepräsident des deutschen Reichstages, Ackermann, eine Versammlung auf dem „Belvedere“ zu Dresden, die an geistiger und vokswirthschaftlicher Bedeutung wenige ihres Gleichen haben dürfte. Das Wohl und Wehe einer Viertelmillion Menschen, einer Viertelmillion Bergleute „vom Leder“ ist diesen 300 Bergleuten „von der Feder“ anvertraut, die hier zusammen kamen; der Mineralreichthum unseres Vaterlandes ruht in ihrer Hand: sie sind ferner die Träger derjenigen deutschen Wissenschaft, welche sich in allen erzführenden Gebirgen der Erde das Bürgerrecht erworben, und gewiß wird auch das deutsche Volk von einer solchen erlauchten Versammlung gern etwas vernehmen wollen.

Aber wo anfangen und wo aufhören? – Fünf Tage, einschließlich der Vorversammlung, währte dieser Bergmannstag, fünfzehn größere Vorträge wurden gehalten mit einer Menge Debatten im Gefolge, drei gemeinschaftliche Ausflüge wurden unternommen und auch die Festessen, Frühstücke und Toaste gaben eine Fülle von Material, weil sie schon durch ihre fachmännische Eigenart Interesse wachrufen würden; wir müssen uns aber mit [665] wenigen Spalten bescheiden und können darum nur des Wichtigsten gedenken.

Jedenfalls hat auch die Wahl des Ortes Dresden für den zweiten deutschen Bergmannstag ihren Antheil an der ausgezeichneten Stimmung, die von vornherein alle Theilnehmer beseelte. Dresden mit seinen Naturschönheiten liegt am Fuße des Erzgebirges, in der Nähe von Freiberg, der classischen Bergmannsstadt; Dresden ist die Residenz eines Landes, dessen ganzer Habitus vom Bergbau herrührt, dessen Dampfhämmer ihren Urahn im Bergmannsfäustel haben und dessen Glanz und Reichthümer zum nicht geringen Theil aus der Erde geschürft worden sind. Am Sedanstage Abend kamen die Herren zur ersten Begrüßung auf dem „Belvedere“ zusammen. Sofort fiel ein Umstand Jedermann in’s Auge, und das waren die auffällig zahlreichen Charakterköpfe. Der gewaltige Ernst des Berufes, die außergewöhnlich große Verantwortlichkeit, welche auf diesen Männern lastet, der historische Zug, der dem ganzen Stande etwas Eigenartiges verleiht, und die gewaltigen Räthsel des Erdinnern, an denen derselbe seit Jahrhunderten seinen Scharfsinn übt, mögen vereint gearbeitet haben, um diese ungewöhnlich große Zahl fesselnder Gesichter herauszubilden.

Im „Carola-Schachte“ zu Zaukeroda.

Die wissenschaftlichen Vorträge begannen am Montag in der prächtigen Aula des neuen königlichen Polytechnicums. Am Aufgang hatten sich zu beiden Seiten auserwählte Bergmannsgestalten als eine Art Ehrencompagnie aufgestellt; einige derselben, wahrlich keine Theaterbergleute, brachte unser Zeichner auf seinen Bildern als Staffage an, da für eine Gesammtansicht leider der Raum zu beschränkt war.

Von den Vorträgen selbst haben wir nur zwei zu erwähnen, welche durch ihren Stoff weit über das fachmännische Interesse in das allgemein menschliche hinausragen. Der erste dieser Vorträge berührte ein dunkles, unheimliches Capitel. Bergrath Haßlacher aus Berlin sprach über die sogenannte preußische Schlagwettercommission, welche eigens eingesetzt wurde, um den entsetzlichen Massacres der Bergleute durch schlagende Wetter Einhalt zu thun und den grimmigsten Feind des Bergbaues zu bändigen.

In den letzten zwanzig Jahren sind in den preußischen Bergwerken 1850 Explosionen dieser dem Erdinnern entströmenden Gase vorgekommen - das ist eigentlich ein entsetzliches Ergebniß der Statistik.

Welche Massen verstümmelter Leichen, jammernder Wittwen und Waisen tauchen da vor unserer Phantasie auf! – In jeder Woche mehr als eine Explosion. – Es sind allerdings auch zwei Dritttheile aller preußischen Kohlengruben mit Schlagwettern behaftet, und das erklärt uns wohl die beklagenswerthen Verhältnisse, aber tröstet uns nicht darüber.

Die größte Zahl der Unglücke wurde durch offene Grubenlichter herbeigeführt, dann und wann haben jedoch auch die sogenannten Sicherheitslampen ihrem Namen keine Ehre gemacht, und ein kleinerer Theil ist ferner durch die Sprengungen herbeigeführt worden, das heißt die Pulver- oder Dynamitgase haben die schlagenden Wetter entzündet. – Der Vortragende führte eine glänzende Reihe von Sicherheitsmaßregeln auf, aber man mußte sich doch am Schlusse des Vortrages eingestehen, daß der Mensch noch ziemlich machtlos diesen Gefahren gegenübersteht. Riesenventilatoren, Abkühlungseinrichtungen, um die Entzündbarkeit der Gase zu vermeiden, die Sicherheitslampen – alles, alles hat den Bergmann schon treulos im Stich gelassen, und die Schlagwettercommission mag für menschliche Fähigkeit Glänzendes geleistet haben, aber den Gefahren gegenüber ist es leider noch blutwenig.

Fast ununterbrochen strömen diese dämonischen Gase aus, und der Bergmann spielt zuweilen mit ihnen wie mit den unschuldigsten Dingen von der Welt; der Verfasser selbst sah, wie ein Steiger in einem Zwickauer Kohlenwerk das offene Grubenlicht an eine Erdspalte hielt, und jedesmal züngelten die blauen Flämmchen um den Spalt wie Irrlichter. Das waren schlagende Wetter. Natürlich haben so schwache Ausströmungen bei guter Ventilation keine Gefahr – es ist aber doch ein etwas unheimliches Spiel.

Freundlicher war das Bild, das der Oberberghauptmann von Dechen aus Bonn in seinem Vortrage über den Mineralreichthum Deutschlands den Hörern vorzauberte. Deutschland ist darin ein reiches Land, mindestens viel reicher als unser großer Rivale Frankreich. Deutschland besitzt an der Ruhr, in Oberschlesien, an der Saar und am Fuße des Erzgebirges vier [666] großartige Kohlenbecken, unsere Salzlager werden an Masse und Güte von keinem Salzlager der Erde übertroffen, ebenso erfreut sich Deutschland zu Beuthen in Oberschlesien des größten Zinkbergbaues der Welt. Der Silberbergbau im Harze und im Erzgebirge ist zwar vom Westen Nordamerikas weit überflügelt, doch sind die Erträgnisse durch die Fortschritte in der Verhütung der Erze größer als je.

1820 wurden nach Dechen an der Ruhr 500,000 Tonnen Steinkohlen gefördert, im Jahre 1880 war dieses Quantum auf 20,000,000 Tonnen angewachsen. Insgesammt wurden 1880 aus deutscher Erde 282,000,000 Tonnen Kohle gehoben.

Vom Bergbaue leben in Deutschland gegenwärtig 291,000 Männer, also mehr als zwei Menschen vom Hundert suchen ihr Brod „tief unter der Erde“.

Das edelste Product aber, was der deutsche Bergbau dem Weltmarke zuführt, ist nicht Kohle, nicht Silber und Gold – es ist das bergmännische Wissen. – Der deutsche Bergbeamte ist ein Kosmopolit geworden, in den entlegensten Gegenden der Erde, wo nur ein Bergmann die Haue einsetzt, ist er zu Hause, beliebt und geehrt, und von seiner Wissenschaft fällt auch ein Schimmer auf seine Heimath und seine Nation. –

Am 4. September dampfte der gesammte Bergmannstag nach den Muldenhütten bei Freiberg, jenen kolossalen Erzschmelzen, welche wir den Lesern der „Gartenlaube“ schon einmal vorführten (Jahrgang 1879, S. 666). Wir könnten bei der Durchwanderung kaum etwas Neues auftischen, und so begnügen wir uns mit dem Hinweise auf die belastende Paul Heydel’sche Illustration. Dieselbe stellt die Ehrenpforte vor den Muldenhütten dar, und war dieselbe besonders dadurch verschieden von den üblichen Ehrenpforten, daß auf den Säulen leibhaftige Bergleute die Bekrönung darstellten. Im Hintergrunde werden Theile der Muldenhütten sichtbar, und links in der Ecke entströmt das feuerflüssige Metall einem sogenannten Pilz’schen Hochofen. Der Paradebergmann daneben ist aus dem Treppenhause des Dresdener Polytechnicums dahin versetzt worden.

In Freiberg selbst fand wie in Dresden officieller Empfang statt. Eine größere Zahl der Gäste hatte sich jedoch zerstreut und besuchte die weltbekannten Erzgruben Himmelfahrt, Himmelsfürst und andere, wo der Begriff vom Himmel auf den Kopf gestellt worden ist.

Erst vor dem „Kaiser-Wilhelm-Erbstollen“ fanden sich die Theilnehmer wieder zusammen zu fröhlicher „Einfahrt“ und einer originellen „Schicht“. Der Zeichner giebt uns nur den oberen Theil dieses Erbstollens wieder, welcher mit seinen strammen Bergmannsfiguren den Kopf für ein Bild abgiebt, das seiner Natur nach nicht nach Freiberg, sondern nach dem Plauenschen Grunde gehört.

In gebückter Haltung und erwartungsvoll fuhren die Leuchten der bergmännischen Wissenschaft ein, doch man traf da drinnen auf keine neuen Räthsel des Erdinnern, man traf nicht einmal auf die ärmsten Blei-Erze, dafür aber that sich eine wunderliebliche goldhelle Quelle auf, an der denn auch wacker geschürft, oder richtiger gesagt geschlürft wurde. Der Stollenmund führte nämlich zu dem freundlichen Gasthaus „Zum baierischen Garten“, und die Schicht bestand in einem solennen Imbiß.

Gegen Abend wand sich der Zug von hier ab mit „bedächtiger Schnelle“ zur berühmtesten bergmännischen Hochschule, zur Freiberger Akademie. Man sah es den Herren an, das war ihnen kein fremder Boden, sie wußten sich so ziemlich Alle zurecht zu finden, und ihre Gespräche knüpften meistens an goldene Jugendtage an, die sie hier verlebt. Die wenigen aber, die hier zum ersten Mal einkehrten, waren insbesondere erstaunt über den Reichthum des Mineralogischen Museums.

Der vierte Tag brachte nicht weniger denn sieben wissenschaftliche Vorträge und die unvermeidlichen Discussionen dazu. Einen davon hörte auch der oberste Bergherr des Landes, König Albert von Sachsen, mit an – gewiß seines humanitären Stoffes wegen. Derselbe beschäftigte sich mit der Arbeiterfrage, natürlich mit specieller Berücksichtigung der Bergarbeiter. Der Vortragende, Dr. Ullrich von Clausthal, hat seine Laufbahn als gewöhnlicher Lohnarbeiter begonnen, hatte später 3000 Bergarbeiter unter sich und darf darum wohl Anspruch darauf erheben, daß er die Verhältnisse genau kennen muß, wer aber diese genau kennt, das heißt wer als Arzt eine richtige Diagnose stellen kann, der verdient auch im Uebrigen Vertrauen. Dr. Ullrich sieht die Lösung der Arbeiterfrage in der Pflege gesunder patriarchalischer Verhältnisse zwischen Arbeiter und Arbeitgeber; der letztere soll mehr der Vater und Fürsorger als der Herr sein, er soll nicht meinen, er habe genug gethan, wenn er einen anständigen Lohn auszahle, er soll seine Erfahrung, seine Bildung, seine höhere Intelligenz auch für den Arbeiter anderweit dienstbar machen, indem er wohlthätig auf sein Familienleben einzuwirken sucht; er will die Kluft aus der Welt schaffen, die sich durch die socialen Bewegungen der letzten Jahrzehnte so weit aufgethan und die unüberbrückbar zu werden droht.

Unter allen Umständen verlangt Dr. Ullrich eine humane Behandlung auch Elementen gegenüber, die sich dessen nicht gerade würdig zeigen, und in scharfen Worten verurtheilt er die üblichen Härten und Schimpfereien des Aufsichtspersonals, die leider in sehr vielen Gruben noch als Attribut und Vorrecht eines Aufsehers in Geltung stünden. Dadurch werde nur das Volksgemüth verbittert, und ein Vortheil einer solchen Behandlung sei absolut nicht einzusehen, Autorität und Ansehen würden nie durch Haß oder Furcht gefördert.

Der Redner fand reichen, sehr reichen Beifall, und darüber darf man sich besonders freuen; wie schon früher gesagt wurde, sind die Hörer über Hunderttausende von Bergarbeitern gesetzt, es war also ganz der rechte Boden, auf dem Dr. Ullrich die goldenen Weizenkörner der Humanität ausstreute, und der Beifall läßt erwarten, daß manches Wort aus der Aula der technischen Hochschule zu Dresden in die Tiefen der Erde hinabdringt und dort zum Segen Aller Anwendung findet.

Am Nachmittag desselben Tages unternahm der gesammte Bergmannstag auf einem hübsch decorirten Dampfschiff, das die Stadt Dresden zur Verfügung gestellt hatte, einen Ausflug in die alte Markgrafenstadt Meißen. Die Albrechtsburg, der Dom und die Porcellanfabrik wurden besichtigt und man versüßte sich im Uebrigen den Aufenthalt und den Meißner Wein durch bergmännische Bonmots. Nachzutragen ist hier, daß auch die Meißner Behörden den stattlichen Heerzug officiell begrüßten.

Der letzte Bergmannstag, Donnerstag der 6. September, entführte sämmtiche Theilnehmer schon in aller Frühe auf einem offenen Lowryzug nach dem Plauenschen Grund bei Dresden. Hier hat bekanntlich die Natur ein Miniatturkohlenbecken, wie es scheint, eigens für Dresden angelegt. Wenn auch die bescheidenen Verhältnisse den Herren vom Rhein, von der Ruhr und Oberschlesien wenig imponiren konnten, so ist der eigenartige Abbau dieses Beckens doch für den Fachmann von besonderem Interesse, und an rationellem Betrieb stehen die Werke des Plauenschen Grundes keinem der Welt nach.

Den Hauptanziehungspunkt bildete augenscheinlich eine neuangelegte elekrische Eisenbahn in der Tiefe des Carola-Schachtes zu Zaukeroda. An bergmännischen Ehrenwachen und Paraden vorüber wendete sich der Zug diesem Schachte zu und wurde in Förderkörben in die Tiefe hinabgelassen. Am sogenannten Füllort bestiegen die Herren den elektrischen Bahnzug. Derselbe bestand aus sechszehn Hunten und der Locomotive, der wir heute nicht näher gedenken können, so sehr sie es auch verdient. So rollte der Zug, wie es jeder andere auch gethan haben würde, durch die Eingeweide der Erde dahin, und wenige Minuten später entlud sich derselbe an einem Querschlag wieder von seiner kostbaren Fracht.

Eines Transparentes müssen wir hier erwähnen, das mit wenigen Mitteln, aber recht eindringlich die Geschichte der Kohlenförderung wiedergab. Mit dem Tragkorb ist zu Großvaters Zeiten schüchtern begonnen worden, dann verstieg man sich zur Schubkarrenbeförderung, dann kam der zünftige Bergmannshunt, der erst von sogenannten Huntejungen und später von Pferden getrieben wurde, bis vor Kurzem die Electrizität diese armen Thiere aus ihrer lebenslänglichen Gefangenschaft 300 Meter tief unter der Erde befreite.

Bei dem schon erwähnten Querschlag that sich plötzlich ein Bild auf von einer wahrhaft bestechenden Romantik, und wäre Fräulein Shehezerade mit im Zuge der Bergherren einhergeschritten, sie würde ihre Märchen von Tausend und eine Nacht gewiß auf tausend und zwei Nächte completirt haben. Ein großer ausgemauerter Hohlraum, phantastisch ausgeschmückt, schimmerte im wunderbaren Glanze Edison’scher Glühlichter, mehrere Büffets mit [667] den auserlensten Gaben der Oberwelt waren aufgebaut, und eine Zahl schmucker Bergknappen empfingen den Bergmannstag als dienstbare Geister und credenzten das feurige Naß mit solcher Anmuth, als hätten sie im Leben nichts Anderes gethan, als die Servietten statt der Fäustel geschwungen. Unser Zeichner giebt (vergl. S. 665) von diesem unterirdischen Frühstückssaal sogar zwei Ansichten, und derselbe verdient diese Auszeichnung vollauf. Freilich die überraschten Gesichter selbst der erfahrensten Bergbeflissenen und die höchst angenehm erregte Stimmung kannte derselbe nicht wiedergeben.

Selbstverständlich sprangen bald wieder die Toaste wie Fontainen in luftigen, schimmernden Weisen, aber auch ernste Worte fielen dazwischen, und eine einzige Bemerkung hätte die Versammlung fast tragisch stimmen können. Die Werkbeamten theilten mit, daß in etwa dreißig Jahren diese gesammten Baue, die gegenwärtig wie ein Ameisenhaufen von Leben erfüllt sind, einsam und öde stehen und der Urnacht, die vordem hier geherrscht, wieder anheimfallen werden. Die Kohlen sind dann zu Ende, der letzte Bergknappe fährt aus, und dann wird es wieder still in der Tiefe sein, still für ewig.

Die sogenannte Sächsische Semmeringbahn, die Kohlenbahn des Plauenschen Grundes, nahm sich des Bergmannstages nunmehr an und brachte die Herren von Schacht zu Schacht. Herrliche klare Herbstluft, malerische Bergparaden, Ehrenpforten, Glückauf-Rufe, Ansprachen wiederholten sich so oft, daß der arme Berichterstatter hoffnungslos den Bleistift möchte sinken lassen. Die schönste der Ehrenpforten am Glückauf-Schacht giebt der Zeichner wieder, umrahmt von zwei historischen Bergmannsgestalten vom Jahre 1636, und damit könnten wir es genug sein lassen; auch ein Stückchen Bergparade ist auf dem Bilde sichtbar (vergl. S. 668).

Endlich lief der Bergmannstag auf der „Goldenen Höhe“, hoch über allen Schächten, in eine Art Hafen ein. Der Freiherr von Burgk, der glückliche Besitzer einiger solcher Goldgruben, hatte hier den Herren ein Festessen bereiten lassen, das letzte in einer langen, langen Reihe. Ermüdung war nicht zu spüren, die elektrische Uebertragung der Geistesblitze ging lebhafter von statten denn je, die Toaste schlugen ein wie die Junigewitter, und besonders helles Gelächter erscholl, als der Freiherr von Burgk den Ort selbst bergmännisch erklärte: man säße nicht einmal auf Kohlen, trotz des Namens „Goldene Höhe“.

Dies der zweite deutsche Bergmannstag. Schließen wir mit dem Trinkspruche eines alten Harzers:

„Es grüne die Tanne, es wachse das Erz,
Gott schenke uns Allen ein fröhliches Herz!“

[668]

Vom zweiten deutschen Bergmannstag: Im Plauenschen Grunde.
Originalzeichnung von Paul Heydel.