Unsere Zeit (Lavant)
Wohl ist es eine Zeit von Eisen,
In der zu wirken uns bestimmt,
Die rauh den Dichtern und den Weisen
Die Sammlung und die Stille nimmt,
Mit schrillem Pfiff, mit grellem Schrei,
Wo sonst in Thälern und auf Hügeln
Gewebt der Mondnacht Zauberei.
Doch diese rauhe Zeit zu hassen –
Es gilt nur eins – sie recht zu fassen,
Die Dämmerung dieses neuen Tags,
Der aus dem Zwielicht grauer Dome,
Wie es der Kinderzeit gebührt,
Des goldnen Lichts entgegenführt.
Weckt aus der Asche die Heroen,
Die Roms und Hellas’ Größe sahn –
Wie würden ihre Augen lohen,
Wie würden sie bewundernd preisen
Die siegreich-frohe Geisterschlacht,
Die neue Zeit, die Zeit von Eisen
In aller ihrer Wundermacht!
Vor dem Geheimniß tiefverhüllt,
Und sich hinweg am Ende wandten,
Von ahnungsvollem Grau’n erfüllt;
So haben wir uns durchgerungen
Und sie in unsern Dienst gezwungen,
Die Riesenkräfte der Natur.
Prometheus, sei um deine kühne
Glorreiche That von uns gegrüßt,
Wir jetzt begehen, schwer gebüßt!
Seit das Geschenk der heil’gen Flamme
Vom Tisch der Götter du gemacht,
Ward ungestraft dem Menschenstamme
Doch welche Zeit kann sich berühmen
So ungebrochnen Siegeszugs?
Wer ahnt das Ziel des ungestümen,
Des adlergleichen Sonnenflugs?
Wo weiß kein tiefes Sinnen Rath,
Wo schwindelt haltlos der Gedanke,
Wo sinkt der Arm der kühnen That?
So Unerhörtes ward errungen
So Urgewalt’ges ward bezwungen –
Und vor uns liegt’s wie Ewigkeit!
Voll Inbrunst, wie es nie geschehn,
Um mehr der Siege noch zu sehn?
Im großen Heer mit Karst und Feder,
Das kühn des Weltgeists Schlachten schlägt,
Soldaten wir, von denen jeder
So laßt als treue Zeitgenossen
Uns fest denn zu einander stehn
Und durch die Reihen festgeschlossen
Ein siegesfrohes Rufen gehn!
Anmerkungen (Wikisource)
Ebenfalls abgedruckt in:
- „Die Neue Welt“, Bd. 9, Nr. 15, S. 341 (Titelseite, 1884, siehe Abbildung oben)