Textdaten
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Autor: Br.
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Titel: Unglückstage
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aus: Die Gartenlaube, Heft 23, S. 740
Herausgeber: Adolf Kröner
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1890
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[740] Unglückstage. Der Mensch liebt es bekanntlich, sein Unglück dem feindlichen Schicksal in die Schuhe zu schieben. Deshalb ist von altersher der Glaube an unglückliche Tage und Zeiten ein bei allen Völkern fest eingewurzelter. Die alten Römer schlossen während des ganzen Monats Mai keine Ehe, außerdem sahen sie als besonders große Unglückstage den 7. Mai, 8. Juli, 8. November an, weil da die Unterwelt offen stand. Bei allen christlichen Völkern gilt bekanntlich der Freitag, der Todestag Christi, für unglücklich, aber die Russen setzen ihm noch den Montag an die Seite und kennen außerdem eine ganze Menge besonderer Unglückstage. Die Araber dagegen haben deren vier in jeder Woche: Sonntag, den Todestag des Propheten, Montag und Donnerstag; als ganz besonders schlimm wird aber der Sonnabend angesehen. Eine eigene Wissenschaft der Glücks- und Unglückstage haben die Tibetaner, Siamesen und Japaner ausgebildet, sie muß vor Antritt einer Reise, zum Beginn eines Hausbaus etc. sorgfältig berücksichtigt werden. In Madagaskar giebt es ganze Unglücksmonate: die während derselben geborenen Kinder wurden früher einfach umgebracht. Die Hindu sehen in dem Mittwoch den Verderbenbringer, dagegen gilt ihnen der Freitag für glücklich; dafür galt der Freitag, als Tag der holden Göttin Freya, auch den alten Germanen, bis ihm das Christenthum die schlimme Bedeutung beilegte. Die großen germanischen Glückstage aber waren Donnerstag (nach dem mächtigen Gott Donar oder Thor so benannt) und Mittwoch (Wodanstag), dessen alter Name im englischen Wednesday noch anklingt. Der letztere wurde, als der dem neuen Glauben gefährlichste, von der christlichen Geistlichkeit in Deutschland ganz ausgetilgt, und der farblose „Mittwoch“ an seine Stelle gesetzt, der die Bedeutung des Glückstages gänzlich verloren hat. Dem deutschen Gebirgsvolk in Bayern und Oesterreich gelten dafür die drei „großen Tage“ Dreikönig, Johanni und Fastnacht.

Der christliche Kalender beherrscht heute Brauch und Vorstellung des Volkes, aber in seinem Aberglauben, z. B. in der Furcht vor den sogenannten „Rauhnächten“, in denen die alten Götter als unheimliche Gespenster noch immer umgehen sollen, tauchen deutlich genug die Anklänge an eine ferne Vergangenheit empor, und eine Menge uraltheidnischer Vorstellungen sind in seine Glücks- und Unglückstage mitherüber genommen worden. Br.