Topographia Superioris Saxoniae: Gotha

Topographia Germaniae
Gotha
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aus: Matthäus Merian (Herausgeber und Illustrator) und Martin Zeiller (Textautor):
Merian, Frankfurt am Main 1650, S. 96–98.
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[96]
Gotha.

Ein wolbekandte Statt in Thüringen an der Leina / sampt einem Ampt / dem Fürstlich Sächsischen Hauß Weymar gehörig / daselbst Herr Ernst / Hertzog von Sachsen / etc. ein friedliebender Fürst / der Zeit seine Residentz hat. Sie ist nicht sonderlich groß / auch schlecht von Gebäwen: solle Anno 964. von Wilhelmo, Ertzbischoffen zu Mäyntz / erbawet worden seyn; welche hernach die Graven von Schwartzenburg ein weil besessen / biß sie an die Landgraven in Thüringen kommen. Es solle gleichwol auch / vor diesem / allbereit allhie eine Statt gestanden seyn / so die Gothen / in ihrem Durchzug nach Italia / erbawt haben sollen / deren Wappen / an einem sehr alten Thurn daselbst / man gesehen hat: vnnd der Nahme von ihnen hergeführet wird. Der Boden herumb trägt Wein / Geträyd / vnd Weyd / oder FärberRöthe / so Lateinisch Isatis, vnnd glastum genennet wird. Es gehört ein starcker feister fruchtbarer Boden dazu / so zum 4. 5. auch sechsten mahl / gezackert wird/ ehe man darein säet. Vnnd ist desselben Samen dreyerley. Etlicher wird mitten im Winter vff Weyhnachten gesäet / Winterwäyd genandt / deme Frost / Schnee / vnd Eyß / nichts schaden. Der andere ist Sommer- oder Brachwäyd / darvon man zwo oder drey Erndten hat / vnd wird auff Brach-Aecker gesäet. Die dritte Art / oder Samen hat auch seinen sondern Nahmen / vnd wächst von sich selbst / wann das vorig ist abgemähet. Es siehet fast wie Wegrich / vnd bestreicht man damit die Tücher / daß sie allerley Farb annehmen. In der Artzney ist es gut wider das Rothlauffen / vnnd vberflüssig bluten / so es stillet; heylet die Wunden gleich wie auch der Wegrich / häfftet sie zusammen.

Obgedachtes Wasser/ die Lein / oder Linam, hat Landgraf Balthasar in Thüringen Anno 1369. in die Statt gelaytet / so solche gar rein erhalten thut. Es entspringt dasselbe / an dem Gebürge / bey dem Thüringer Walde / fast bey zwo Meylen von Gotha / vnnd führet so viel Wassers / daß es zwey oder drey Mühlräder treiben kan. Es hat / vor der Zeit / ein Commenthurey / oder Commendaturiam allhie gehabt / welche aber abgeschafft / vnnd das Einkommen in das Kranckenhauß verordnet worden ist: hat zwo Kirchen / als S.Augustini, Anno 1216. gestifftet / vnnd S. Margarethen Anno 1494. zu bawen angefangen. [97] Das Spital hat die H. Elisabeth gestifftet. An dem Rahthauß werden diese Verß gelesen:

Wo der Burgermeister schenckt Wein /
     Die Fleischer mit im Rathe seyn /
Vnd der Becker wiget das Brot /
     Da leydet die Gmein grosse Noth;

Wie zwar Nathan Chytraeus, in deliciis var. Itinerum pag. 435. solche setzet: wiewol Matthaeus Tympius, in aureo speculo Principum p. 729. den dritten Reymen also hat: Auch Becker / welcher wiegt das Brod. Es hat aber diesen Ort nichts so sehr berühmbt gemacht / als das gewaltige / vnnd vor diesem vor vnvberwindlich gehaltene vnd bey dieser Statt in der Höhe gelegnes Schloß Grimmenstein / (dann es nicht vngewöhnlich / daß die Schlösser andere Namen / als die Stätte haben: an der Vnstrut / (allda An. 1646. die Chur-Sächsische Völcker Musterung gehalten) wie daß zu Gebessen Bernstein / das zu Winterstein die Seydenburgk / vnd das zu Hennigsleben die Rosenburgk / genand wird; wie in einer geschriebnen Thüringischen Chronic stehet) welches anfangs von gedachtem Landgraff Balthasarn / hernach von Hertzog Wilhelmen zu Sachsen / vnd dann endlich Anno 1530. vnnd folgende Jahr / als damals auff die 8. oder 9. tausend Personen daran gearbeitet / innerhalb 11. Jahren / sonderlich befestigt worden. Nach dem aber Churfürst Johann Friederich zu Sachsen / vom Keyser Carolo V. gefangen ward / so ist solche Vestung / auff Keyserlichen Befelch von Lazaro von Schwendi / wider zerstört; vnd gleichwol / als er / der Churfürst / nach 5. Jahren / in Anno 1552. wider loß geben ward / auffs new gebessert / vnnd reparirt worden. Folgends hat sein Sohn / gleiches Nahmens / den in die Acht erklärten Wilhelmen von Grumbach allhie auffgehalten / wolte auch solchen nit herauß geben / oder von dannen / mit andern Mehrern / schaffen; daher im Jahr 1566. die Belagerung dieses Schlosses / vom Churfürsten Augusto zu Sachsen / als Executorn deß Keyserlichen / vnnd Reichs Bans / vorgenommen / endlich derselbe den 13. Aprilis Anno 67. erobert / vnd also geschleifft worden / daß hernach nicht viel mehr davon zu sehen gewesen. Solle aber wider jetzt erbawet werden / wie man berichtet hat. Vnd waren damahlen auch der Statt Mawren abgebrochen. Crusius part. 3. Annal. Suev. lib. 12. c. 13. schreibet / daß auff die Belagerung 953634. vnd auff die Zerstörung deß Schlosses 55559. (Bange hat 55549.) Gulden / gangen seyen; davon in den Sleidano continuato, Thrasybulo Lepta lib. 4. histor. exposit. de Georgio Ludovico à Seinsheim, fol. 244. et 256. vnd bey andern / ein mehrers zu lesen. Gedachter Hertzog ist von dannen gefangen in Oesterreich geführt; besagter von Grumbach aber / den 18. Aprilis deß besagten 67. Jahrs / im 64. Jahr seines Alters / wie auch Doctor Christian Bruck der Jünger / besagten gefangenen Hertzogen Cantzler / geviertheilt; Wilhelm von Stein / vnd David Baumgartner / Ritter / von Augspurg / mit dem Schwerdt gericht; vnd Johannes Beyer an den Galgen gehenckt worden. Siehe oben Eisennach.

Als An. 1524. die Burger zu Gotha irer Domb- oder Chorherren Bäßlein / Köchinen / außjagen wolten / haben sie auch ihre Häuser schändlich zugerichtet / vnnd alles zu brochen; wie Dresserus, in Beschreibung dieser Statt / (die er am 278. vnnd folgenden Blättern seines Stättbuchs setzet) saget. Siehe von dieser Statt auch Ioh. Angel. à Werdenhagen, part. 3. de Rebusp. Hanseat. cap. 1. p. 206. col. 1. der Edition in Anno 1641. in fol. Vnd P. Bertium lib. 3. Rer. German. p. 547. seqq. daselbst er die obgemeldte Belagerung weitleuffig besehreibet / doch in etwas sich irret / oder der Buchsetzer gefählet hat. Anno 1632. zu Außgang deß Augustmonats / seyn zwey drittel von der Statt Gotha nämblich 600. Wohnhäuser / ohne Schewren / Ställ / vnnd Weydhäuser / darunter 170. Bawhöfe / etc. verbronnen / vnd ist nur ein drittel / vnd zwar das ärmist vnd geringste / vbrig blieben. Siehe tom. 2. Theatri Europa fol. 657. col. 2. vnd Latomi Franckfurtische Relation p. 97. von andern vnglückseligen Zuständen aber [98] dieser Statt / den Abraham Sauer / in parvo Theatro Urbium. So ist den 23. Martij Alten Cal. Anno 1646. die Helffte dieser Statt / vnnd darunder das Ampt-Hause / vnd new erbawte Kirchen / durch Verwahrlosung eines Jungen / der in einer Schewer eine Pistoln loß geschossen / im Fewer / seynd mehr als tausendt stuck Rind- vnnd Schaaf-Viehe / auffgangen. Vnnd als / bey währendem diesem grossen Brand / Bürger / vnd Bawren / ihr vbriges Viehe auß dem Fewer zu retten / hinauß in den Stattgraben getrieben; vnd der Zeit 20. Schwedische Regimenter im Fürstenthumb Gotha logirten; So hat sich bald eine gewisse Partey gefunden / welche immittelst eingefallen / vnnd dasselbige Viehe vollends hinweg getrieben. Theat. Europ. Tom. 5. fol. 1053. Iohannes Stigelius, der berühmbte Poet/ ist von hinnen bürtig gewesen. Es gehört nach Gotha / vnd hochgedachtem Hertzog Ernsten das veste Hauß Ruchheim / so Anno 1645. ein Keyseris. Partey besetzt hat. Tom. 5. Theat. Europ. fol. 975.