Topographia Braunschweig Lüneburg: Hoya

Topographia Germaniae
Hoya
<<<Vorheriger
Honstein
Nächster>>>
Hudemühlen
aus: Matthäus Merian (Herausgeber und Illustrator) und Martin Zeiller (Textautor):
Merian, Frankfurt am Main 1654, S. 123–124.
[[| in Wikisource]]
Hoya in der Wikipedia
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du unter Hilfe
Link zur Indexseite
[T60]
[123]
Hoya.

Ist das alte Gräfliche Schloß / das von die Grafen von der Hoya ihren Nahmen geführet / an dem Weserstrom / vier Meilen oberhalb Bremen gelegen / sampt einem feinen grossen Flecken dabey. Zu welcher Zeit / vnd von wem das Hauß erstlich gebawet seyn mag / davon kan man keine eigentliche Nachricht haben. Hieroben in Beschreibung dieser Graffschafft ist angeführet / was in deß Hamelmanni Oldenburgischer Chronick davon zu finden. Bunting in seiner Braunschweigischen Chronick meldet davon dieses: Im Jahr 1295. soll nach Anzeige der geschriebenen Mindischen Chronicken / das Gräfliche Schloß Hoya gebawet seyn. Wie alte Leute berichten / soll das Schloß anfänglich auff der andern oder lincken seiten der Weser gestanden seyn / an dem Orte / welcher noch anjetzo die alte Hoya genant / vnd zur Weide gebrauchet wird / massen die rudera davon annoch daselbst zu sehen. Hernachmals ist es auff einen Anwurff deß Weserstroms / da sich derselbe theilet / in eine Ecke gesetzet / vnd hinten nach der Ecke zu ins runde gebawet. Vorwerts aber hat es zwey Ecken / vnd einen Thurn in der mitte / zwischen den andern Gebäwen / das Oestereich genant / darunter das Thor vnd Eingang deß Schlosses gemachet worden.

Es hat dieses Schloß in seinem Begriff dicke starcke Mauren / die es befestigen / vnd die Weser nechst bey her fliessend / die alte Weser genant / welche ihren Außfluß kurtz oberhalb deß Schlosses nimbt / dasselbe in der mitte beschleusst / vnd etwan zween Musquetenschüsse vnterhalb deß theils Fleckens disseits der Weser gelegen / sich wiederumb in den rechten Strom ergeusset.

Das Flecken selbst ist in die länge / an beyden seiten deß Weserstroms erbawet / hat sein beschrieben Bürgerrecht / vnd privilegia, auch zu Friedenszeiten an die 300. Bürgerhäuser gehabt / deren aber bey wehrendem Kriegeswesen viele eingeäschert vnd zu grunde gerichtet. Es haben auch hiebevor viele Adeliche Geschlechter ihre Sitze darin gehabt / deren theils / als die Spaden / Wempen / Wechelt / KreuzFriesen / Stendern / Bügen / Hermlinge / Flencken vnd Fulden / entweder gäntzlich abgangen / oder sich anderswo hin begeben / Anjetzo haben ihre Sitze noch darin die Behren / Staffhorsten / Weihen und andere.

Der Bodem vmb diesen Ort ist gut vnd fruchtbar / dannenhero die Einwohner sich deß Ackerbawes vnd Viehezucht sonderlich befleissigen / vnd ihre Nahrung davon haben. An dem Weserstrom hat es gut Marschland / welches / wann keine Wasserschaden einfallen / gut Korn vnd herrliche Weide gibt / die hohen Felder an der Heide / wann sie fleissig bearbeitet werden / können dem Ackerman die Mühe auch wol bezahlen.

Sonsten ist dieser Ort insonderheit wol gelegen / wegen deß durchfliessenden Schiff- und fischreichen Stroms der Weser / worauß man nicht allein die Notturfft von guten Fischen daselbst haben / sondern auch das gewachsene Getreide bequemlich darauff fortgeschiffet / vnd andere nötige Wahren wieder heran geschaffet werden können. Vor diesem ist eine Brücke daselbst über den Strom gewesen / welche dann verursachet / daß viele zu Lande reisende Kauff- und andere Leute mit ihren Wahren vnd Wägen den Weg darauff zugenommen / vnd so wol den Fürstlichen Zöllen / als den Einwohnern / nicht geringen Nutzen gebracht. Wird auch solche Brücke in kurtzem wieder zum Stande gebracht werden.

Bey gewesenen vnsehligen Kriegsläufften ist dieser Ort auch nicht frey außgangen / sondern hat das seinige wol mit empfunden. Nur deß vornehmsten kürtzlich zu gedencken / ist zu erst den 22. August. Anno 1622. das Schloß von einem Königl. Dennemärckischen Majeur mit List überrumpelt / [124] vnd besetzt worden. Nicht lange hernach / Anno 1626. kurtz nach der Erndte / hat es der Keyserliche General / Graff von Anholt / mit etlichen Regimentern angegriffen / vnd mit vielen hinein gethanen Canonschüssen den Commendanten dahin genöhtiget / daß er accordiret / vnd Ihm das Schloß übergeben / da er es dann mit einem Hauptmann / vnd 2. Compagnien besetzet. Noch desselben Jahrs / auff Martini Abend / haben I. Königl. Mayest. zu Dennemarck / Christian der Vierdte / sich wiederumb mit vielem Volcke für dieses Schloß gemacht / es biß in den sechsten Tag hefftig beschossen / vnd die Mauren an einer seite / wie annoch zu sehen / niedergefället / also / daß nach starcker Gegenwehr der Keyserlicher Befehlshaber sich ergeben müssen. Als aber I. Königl. Mayest. erfahren / daß Herrn Hertzog Georgen zu Braunschweig Lüneburg Fürstl. Gn. nebenst dem General Grafen von Tylli / mit gantzer Heersmacht das Schloß zu entsetzen heran kommen / haben Sie / nach dem vorher der Vorhoff deß Schlosses / sampt dem Vorwerck / Brücken / auch dem Adelichen vnd andern Gebäuen deß Fleckens angezündet worden / sich nacher Verden reteriret / vnd den Keyserlichen Gelegenheit geben / das Schloß wiederumb zu erobern / wie dann solches folgenden Tages / weil die Bresche annoch offen gewesen / geschehen; vnd haben die Keyserliche nach dem nur eine geringe Besatzung darauff gehabt / biß Sie es Anno 1631. gäntzlich verlassen.

Bey diesem letzten Kriege / zwischen Keyserl. Mayest. vnd der Cron Schweden / haben die Schwedische / seiter Anno 1634. her / fast beharrlich ihre Besatzung auff dem Schlosse gehabt / endlich aber Anno 1649. im Majo, es quitirt / vnd dem Landerherrn wieder übergeben.