Topographia Bohemiae, Moraviae et Silesiae: Pilsen

Topographia Germaniae
Pilsen (heute: Plzeň)
<<<Vorheriger
Pilgram
Nächster>>>
Piseck
aus: Matthäus Merian (Herausgeber und Illustrator) und Martin Zeiller (Textautor):
Merian, Frankfurt am Main 1650, S. 51–53.
[[| in Wikisource]]
Plzeň in der Wikipedia
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du unter Hilfe
Link zur Indexseite


[T13]
[51]
Pilsen / Pelsina, Pelzina.

Diß ist eine schöne und berühmte Königs-Stadt / gegen der Ober-Pfaltz / und auff Bäyern zu / zwischen zweyen Wassern / der Myza und Watto / so zu nächst unter der Stadt zusammen kommen / gelegen. Gegen Abend / und Mittag / ist sie mit einem Wall / und tieffen Graben / befriediget; am Graben ist die Mauer mit Thürnen und Streichwehren versehen; hat dabeneben einen felsigen Grund / daß man mit untergraben fast nichts fruchtbarliches richten kan: So ist der Zwinger noch höher / als der Wall am Graben / erschüttet / und an den Häusern ist gleich ein neue Mauer. Die Stadt ist an Gassen so abgetheilet / daß / so ein muthiges Volck darinnen / wann schon die halbe Stadt eingenommen wäre / man sich dannoch wehren könte. Sie hatte schöne Vorstädte / so aber / vor der Belägerung im Jahr 1618. von ihres Hauptmanns Felix Dornhans Soldaten selbst / biß auff eine / abgebrant worden. Und hatten solche auch ihre Thoren. Sonsten seyn allhie diese Stadt-Thor / das Prager / Nürnberger oder Schorner / das kleine oder Mühl-Thor / und das Liditzer [52] Thor. Von Kirchen waren damals in Anno 1618. allhie / die zu S. Bartholomaeo auff dem Marckt / gegen dem Rathhauß über; die im Barfüsser Closter / und die im Schwartzen Closter; ausserhalb der Stadt aber S. Nicolai, zu allen Heiligen / und S. Sebastiani Kirchen. In der zu S. Bartholomaeo waren 30. Altar. In deß Caroli Carafae Germania restaurata lieset man / daß allhie Religiosi S. Francisci strictioris Observantiae, und Dominicaner, seyen / denen unterschiedliche Verehrung geschehen / und sonderlich / auff Käiserlichen Befelch de dato 4. Januarii, 1628. den Franciscanern zur Himmels-Pforten allhie / an statt einer Allmosen / ein tausend Gülden geben worden / ihr / in Zeit der Rebellion oder deß Auffruhrs / gäntzlich zerstörtes Closter / wieder auffzurichten. Anno 1647[1]. wurde die Vorstadt abgebrochen / und ein grosses Aussenwerck verfertiget. Der Ingenieur, oder Kriegs-Baumeister / Cirillo von Prag / hatte sich zu dieser Zeit / als er den Augenschein eingenommen / vernehmen lassen / man könte diese Stadt unüberwindlich machen; wie in Tomo 5. Theatri Europaei fol. 1333. stehet. Es gedencken derselben unterschiedliche Scribenten / und darunter auch Aeneas Sylvius. Im Hussiten Krieg / hat Zischka Anno 1421. den 18. Hornung / diese Stadt zu belägern angefangen / muste aber den 7. Mertz unverricht wieder abziehen. Anno 1427. zündeten die Böhmen die Vorstadt allhie an. Anno 1433. hat Procopius Rasus, der Thaboriten Obrister (so gestudirt hatte / auch der außländischen Sprachen erfahren / und wol geräißt war) als er vom Concilio zu Basel wieder nach Hauß gelangt / diese Stadt Pilsen / welche allein sich mit den Böhmen in der Religion nicht vereinigen wollen / den 15. Heumonats / von Mitternacht / an dem Ort / da die besagte 2. Wasser zusammen fallen / bey dem Galgen / da noch heut zu Tag seine Schantzen unter dem Gericht zu sehen seyn sollen / belägert. Und ist gemeldter Galgen / allda er seine Küchen gehabt / noch / wie er zu der Zeit gewesen / Gedächtnuß halber / biß auff das Jahr 1618. erhalten worden / in welchem die Pilsner / wegen ihrer spöttlichen Reden / denselben mit ihren Händen haben einreissen müssen. Theils melden / daß besagter Galgen / von ihnen / deß Zischken Küche genant worden seye: aber vorgedachtes von dem Procopio schreibet Theobaldus in der Histori deß Hussiten Kriegs / part. 1. c. 80. p. 302. In erwehnter Belägerung deß Jahrs 1433. seyn die Pilßner einsmals außgefallen / und haben die Böhmen wol geklopfft / auch der Waisen / so das dritte Haupt-Volck gewesen / Cameel mit sich in die Stadt gebracht / so sie auch behalten / und / dessen / zu einem Zeugnuß vom Käiser Sigismund / ein Cameel in ihr Wappen bekommen; der auch gewünscht haben solle / daß Pilsen in dem Rachen der Ketzer eine ewige bittere Gall seyn möge. Als vorernanter Procopius Rasus erfahren / daß die zwo Städte zu Prag wider einander kriegten / und die Alte / der Neuen Stadt (so es mit Procopio, wider das Concilium zu Basel / hielte / und sich deß Pabsts Autorität nicht unterwerffen wolte) Meister worden / so ist er im Zorn / am Tag S. Stanislai deß Jahrs 1434. von Pilsen abgezogen / nachdem diese Belägerung zehen Monat gewähret hatte. Es ist noch in der Kirchen allhie eine Schrifft hievon zu lesen. Und haben folgends die Pilßner jährlich den Tag Stanislai gefeyret / seyn zum Galgen gerüst hinauß gegangen / und haben zu dem Volck eine Vermahnung thun / und endlich das Geschütz loß brennen lassen. Es hat gleichwol ihme Anno 1453. Herr Görg Podjebratsky / damals noch Böhmischer Stadthalter / nachmals aber gar König / so der Hussitischen Religion beständig zugethan war / diese Stadt Pilsen / neben allen andern Königs-Städten / so sich ungehorsam erzeigten / unterwürffig gemacht: die hernach Anno 1570. grossen Schaden durchs Feuer erlitten. Also hat Graf Ernst von Manßfeld / der Böhmischen Stände General / Anno 1618. diese Stadt belägert / und endlich den 11./21. Wintermonats / dieselbe / und zwar mit Sturm / erobert; davon das Theatrum Europaeum, die Franckfurtische Relation / und sonderlich ein eigner / weitläufftig und fleissig gestellter Bericht / so im Druck vorhanden zu lesen. Anno 1621. hat / in deß ernanten Grafens von Manßfeld Abwesenheit / der General Tilly / nachdem er / durch Geld / wie man damals berichtete / der fürnehmsten Befelchshaber / und auch der Soldaten / Gemüther befriediget haben solle / diese Stadt wieder einbekommen. Was im [53] Jahr 1634. allhie / wider etliche Käiserliche Obristen / und hohe Befelchshaber; Item theils Pilnische Raths-Personen / deß Hertzogs von Friedland wegen / für eine Execution vorgenommen worden; davon ist die Franckfurtische Herbst-Relation deß 34. Jahrs / am 50. Blat / zu lesen. Anno 1639. ist der Schwedische Feld-Marschall Johann Banner darfür kommen / und hat die Stadt 2. Tag lang vergebens beschossen.



  1. Vorlage: 647