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Titel: Telegraphische Concerte
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aus: Die Gartenlaube, Heft 27, S. 466
Herausgeber: Ernst Keil
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Erscheinungsdatum: 1877
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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[466] Telegraphische Concerte. Das Sprache und Musik vermittelnde Reis-Bell’sche Telephon, von welchem in Nr. 13 Seite 220 dieses Jahrgangs die Rede war, ist inzwischen in Amerika zu einem Gegenstande der allgemeinsten Aufmerksamkeit geworden. Am zweiten April fand in der großen Steinwayhalle zu New-York das erste telegraphische Concert statt, dessen Virtuosen zu Philadelphia am Claviere saßen. Es hatte einen eigenen mysteriösen Reiz, die Melodien aus Martha und andern bekannten Opern, so wie sie in zehn Meilen Entfernung vorgetragen wurden, wie auf Geisterflügeln herbeigetragen, mitanhören zu können, als ob die Musik etwas gedämpft aus dem Nachbarsaale erklinge. Es ist kaum zu bezweifeln, daß man diese ätherischen Genüsse bald auch den Bewohnern anderer Großstädte bieten wird. Ein Virtuose, der sich darauf legte, könnte sich mittelst dieser elektrischen Echos gleichsam vervielfältigen, seine Leistungen nach allen Richtungen der Windrose versenden und an zehn oder mehr Orten zugleich Lorbeeren einernten.

Ein Redner würde desgleichen, was bisher nicht einmal dem Fürsten von Liechtenstein möglich war, zum ganzen Lande sprechen können, denn Professor Bell hat gezeigt, daß er von Boston nach Salem Jemandem etwas in’s Ohr flüstern konnte, ja in Salem sogar noch verständlich war, wenn die Ströme den weiten Umweg über North-Conway nehmen mußten. Man denke sich die Wirkung eines päpstlichen Fluches, der auf diese Weise direct nach St. Petersburg und Varzin geleitet würde! Das wäre Donner und Blitz auf einen Schlag. Und welche Erleichterung für die Wahlreden, die nur an einem Orte gehalten zu werden brauchten und ein Echo im ganzen Kreise fänden, soweit das Drahtnetz seine Nervenfäden aussendet! Der Redner wäre dann den Einwendungen und Unterbrechungen, Lorbeerkränzen und faulen Aepfeln gleich unerreichbar.