Sitzung der geographischen Gesellschaft zu Berlin vom 8. Januar 1870

Textdaten
<<< >>>
Autor:
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Sitzung der geographischen Gesellschaft zu Berlin
Untertitel: vom 8. Januar 1870.
aus: Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin. Fünfter Band. S. 94–96
Herausgeber: Wilhelm David Koner
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1870
Verlag: Verlag von Dietrich Reimer
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Berlin
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scans auf Commons Google
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
Indexseite
[94]
Sitzung der geographischen Gesellschaft zu Berlin
vom 8. Januar 1870.


Vorsitzender Herr Bastian.

Ein Vortrag des Herrn Zenker über die Eisenbahn des Mont-Cenis eröffnete die Reihe der Mittheilungen. Als Haupthinderniß jeder Anlage dieser Art wurden die großen Schneemassen bezeichnet, welche im Winter bei 700 Meter Erhebung schon eine Mächtigkeit von 1 Meter erreichen. Dennoch war schon vor dem Jahre 1857 eine Eisenbahn über den Mont-Cenis projectirt, und im Jahre 1865 erhielt der Engländer Fell von Napoleon III. die Concession, eine solche zu erbauen und sich dabei der schon vorhandenen Chaussee zu bedienen. Die starke Steigung von 1:12, welche hierbei vorkam – sonst die stärkste Steigung bei Eisenbahnen = 1:15 – wußte Fell durch Legung einer dritten Schiene zu überwinden, und man brachte es dahin, auf diese Weise eine Last von 320 Ctr. mit einem Male hinüber zu schaffen. Die größte erreichte Schnelligkeit beträgt bei Personenzügen 4–6 Meilen in der Stunde, weniger bei gemischten Zügen. Zum Schutz der Bahn mußten auf einer Strecke von 1⅓ Meile Schneedächer erbaut werden. Der Ertrag der Bahn war aber ein bis jetzt wenig befriedigender und betrug im letzten Winter, da Unterbrechungen von 14 Tagen vorkamen, nicht mehr als 300 000 Francs. Was den seit längerer Zeit in Angriff genommenen Tunnel betrifft, so werden die Bohrungen von einer Maschine bewerkstelligt, welche durch comprimirte atmosphärische Luft in Bewegung gesetzt wird. Mit den Bohrungen gehen Sprengungen stets Hand in Hand. Der höchste Fortschritt der auf diese Weise in einem Tage erreicht wird, beträgt 2¾ Meter.

Herr Rohlfs sprach über die große Depression des nordöstlichen Afrika’s, welche im Westen bei der großen Syrte beginnt, an einer Stelle 114 Meter beträgt und sich auf der 10–12 Tagemärsche betragenden Strecke bis zur Oase des Jupiter Ammon in der Art verfolgen läßt, daß die dortigen Seen 40–50 Meter, Siwah selbst 52 Meter tiefer liegen als das Mittelmeer. Wie weit diese Depression sich gegen Osten und Süden erstreckt, ist bis jetzt noch unbekannt, doch wußten Strabo und Eratosthenes bereits, daß diese Gegend tiefer liege als das Meer. Millionen von Meeresüberresten liefern den Beweis, daß die Einsenkung einst Seeboden war, doch finden sich neben jenen auch ältere Reste von Palmen und Tamarisken. Eine Durchstechung der Dünen bei der großen [95] Syrte würde eine Ergießung des Meeres in diese Vertiefung zur natürlichen Folge haben.

Herr Bastian fügte diesem Vortrage einige nachträgliche Bemerkungen hinzu, indem er die bedenkliche Lage schilderte, in welcher sich der mit der Ueberbringung der Geschenke Sr. Maj. des Königs an den Sultan von Bornu betraute Dr. Nachtigall, gegenwärtig in Murzuk befände, gleichsam belagert durch die räuberischen Tuarik, unter denen die seit länger herrschende Aufregung durch jüngste Ereignisse noch vermehrt sei, so daß sich bis jetzt keine Karawane den Weg durch die Wüste hat bahnen können. Herr Rohlfs hätte den Vorschlag gemacht, selbst die Organisation einer solchen zu übernehmen, und da ihm dieses höchst wahrscheinlich bei persönlicher Anwesenheit gelingen würde, so könnte die Schwierigkeit dadurch ihre geeignetste Lösung erhalten. Im Falle derselbe auf diese Weise nochmals nach Bornu gelangen sollte, so dürfte es sehr wünschenswerth sein, diese Gelegenheit zu einer Erforschungsreise des noch unbekannten Centralafrika’s zu benutzen, für welches Bornu das günstigste Eingangsthor bietet.

Herr Ascherson gab einen gedrängten Auszug aus den neuerlich eingelaufenen Briefen des Herrn Schweinfurth. Bis zum Sobāt war die Fahrt des Reisenden eine verhältnißmäßig leichte und bequeme, gefahrvoller aber nachher im Lande der Schilluk; doch kam man ohne einen wirklichen Kampf davon. In den letzten Tagen des März erreichte man Meschera el-Req, wo die nubischen Kaufleute sich in das Gebiet getheilt haben und es nach ihrer Weise ausbeuten. Oeftere Razzias werden unternommen, man raubt das Vieh und vertauscht es dann nach anderen Seiten hin gegen Elfenbein. In Folge dieser Zustände können alle Excursionen nur mit zahlreichen Bewaffneten unternommen werden. Dennoch ist der Reisende mit seiner Ausbeute, insbesondere der botanischen, zufrieden. Der Butterbaum charakterisirt vornehmlich die dortigen Urwälder und die Vegetation im Ganzen ist der westafrikanischen ähnlich. Nach den letzten Briefen des Reisenden vom 31. August v. J. war eine Expedition gegen Süden in die Njâm-Njâm-Länder beschlossen; die Gesundheit Schweinfurth’s hatte sich trefflich bewährt und er stand im besten Vernehmen mit den dortigen Seriben-Besitzern (Elfenbein-Kaufleute).

Herr Bastian legte hierauf die eingegangenen Geschenke vor und gab eine Uebersicht des Inhaltes derselben.

Herr Stamm sprach über deutsche Auswanderung und Colonisation. Mit Bezug auf die Frage: Wo finden die Deutschen im Auslande ihr bestes Fortkommen und wo gereichen sie dem Vaterlande am meisten zum Nutzen? unterwarf er die bezüglichen Länder Europas, nämlich Rußland, Ungarn und die Türkei, hierauf Asien, Australien und Afrika einer kurzen Kritik und gelangte endlich zu dem Resultat, daß, da auch in Nord-Amerika die Deutschen schließlich ihre Nationalität einbüßten, das günstigste Gebiet für deutsche Colonisation die Mündungsländer des La Plata wären. Der Bodenreichthum, das Klima und die bestimmte Aussicht, daß die dortige Bevölkerung durch die Deutschen werde absorbirt werden, wären lockende Verhältnisse. Am meisten empfehle sich in dieser Beziehung das heerdenreiche, fruchtbare und wohl bewässerte Uruguay, ein Land, welches auf 5000 Quadratmeilen noch nicht 300,000 Einwohner zähle und wo die Deutschen daher den geringsten Widerstand finden würden. Wenn [96] man den Gedanken der Colonisation verwirkliche, so stelle hier ein richtig angelegtes Kapital 15 pCt. Gewinn in Aussicht. An diesen Vortrag schloß sich eine Discussion, an welcher sich die Herren Brehm, Kawerau und Koner betheiligten.

Schließlich legt Herr Orth seine durch den norddeutschen landwirthschaftlichen Central-Verein in Potsdam veranlaßten Karten des norddeutschen Schwemmlandes nebst einer Abhandlung vor.

An Geschenken gingen ein:

1) Meitzen, Der Boden und die landwirthschaftlichen Verhältnisse des Preußischen Staates. Bd. II. IV. u. Atlas. Berlin 1869. – 2) v. Heuglin, Reise in das Gebiet des Weißen Nil und seiner westlichen Zuflüsse in den J. 1862–64. Leipzig und Heidelberg 1869. – 3) v. Etzel, Vagabondenthum und Wanderleben in Norwegen. Berlin 1870. – 4) Berghaus, Landbuch der Mark Brandenburg und des Markgrafenthums Nieder-Lausitz. Bd. I–III. Brandenburg 1854–56. – 5) Desjardins, Rhône et Danube. Nouvelles observations sur les fosses Mariennes et le canal du Bas-Rhône. Paris 1870. – 6) Monumenta Hungariae historica. Diplomataria XII. Scriptores XIX. XXIII. 1. 2. Pest 1868. 69. – 7) Budapesti Szemle. IX. X. 1. 2. Pest 1868. 69. – 8) Magyar Tudom. Akadémiai Almanach. 1869. Pest. – 9) Magyarországe régészeti emlékek. K. 1. Pest 1869. (Monumenta Hungariae archaeologia.) – 10) Archaeologiai közlemények. K. VII. Pest 1868. – 11) A. M. T. Akadémia évkönyvsi. IX. XI. XII. Pest 1868. 69. – 12) Rupp, Buda-Pest és környékének helyrajzi története. Pest 1868. – 13) Magyar történelmi tár. XIII. Pesten 1868. – 14) Török-Magyarkori törtenelmi elmeleken. – 15) Statistische Mittheilungen über den Civilstand der Stadt Frankfurt a. M. im Jahre 1868. Frankfurt a. M. – 16) Mittheilungen der geographischen Gesellschaft in Wien. 1869. No. 1. 2. Wien. – 17) Bulletin de la Société de Géographie. 1869. Octobre. Novembre. Paris. – 18) Petermann’s Mittheilungen. 1869. No. X – XII. Gotha. – 19) Revue maritime et coloniale. 1869. Paris. Novembre et Décembre. – 20) Gaea. V. Heft 9. Köln 1869. – 21) Jahresbericht des Frankfurter Vereins für Geographie und Statistik. 1867–69. Frankfurt a. M. – 22) Bulletin de la Société Impér. des Naturalistes de Moscou. 1869. No. 1. Moscou. – 23) Zeitschrift der österreichischen Gesellschaft für Meteorologie. IV. No. 18–24. Wien 1869. – 24) Revue des cours scientifiques de la France et de l’étranger. 1869–70. No. 1–5. Paris. – 25) Zeitschrift für das Berg-, Hütten- und Salinenwesen in dem Preußischen Staate. XVII. Lief. 3. 4. Berlin 1869. – 26) Preußisches Handelsarchiv. 1869. No. 46–49. Berlin. – 27) Verhandlungen des botanischen Vereins für die Provinz Brandenburg. Jahrg. X. Berlin 1868.