Textdaten
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Autor: Capt. Joseph Andrews
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Titel: Simon Bolivar
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aus: Das Ausland, Nr. 1 und 2, S. 8
Herausgeber: Eberhard L. Schuhkrafft
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1828
Verlag: Cotta
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Erscheinungsort: München
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Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft: Journey from Buenos Ayres through the Provinces of Cordova etc. in the Years 1825–26. London 1827.
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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Simon Bolivar.
(Journey from Buenos Ayres through the Provinces of Cordova etc. in the Years 1825–26. By Captain Andrews. London. 1827.)

Kapitän Andrews entwirft in seiner Reise durch die Minendistricte Südamerika’s (über die wir noch eine besondere Beurtheilung liefern werden) von dem Libertador folgende Skizze: „Es war am 18. October 1826, daß ich Bolivar vorgestellt wurde. Auch mich ergriff in diesem Augenblicke das besondere Gefühl der Ehrfurcht und der Scheu, das die Gegenwart eines Mannes, der die Welt mit seinen Thaten füllte, stets einflößen muß; schnell verschwand es aber, als er mir offen entgegentrat und mir nach englischer Weise herzlich die Hand schüttelte. Ich überlasse es dem Historiker, seinem Character, wie er sich im Zusammenhange der Ereignisse darstellt, Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, während ich blos den Eindruck des Augenblicks ausspreche, wo er unbefangen, weder von innen noch von außen aufgeregt, vor mir stand.

Als Mensch hat er, nach meiner Ueberzeugung, mehr geleistet, als Washington. Er hat sein Vaterland befreit ohne fremde Hülfe und im Kampfe gegen jede mögliche Ungunst der Verhältnisse. Kein Frankreich bot ihm seine Waffen und sein Geld zur Unterstützung, keine Franklins, keine Henrys und Jeffersons standen ihm als rechte Hand zur Seite, noch die stolze und unbeugsame Tugend des neu-englischen Geschlechts. Rings umgab ihn nur Unwissenheit und die völligste Erfahrungslosigkeit in allen Angelegenheiten des Krieges und des Friedens; auf seinem Geiste allein lag das ganze Gewicht des Kampfes: er wagte ihn und siegte. Der unbeugsame Sinn, den er jedem Hindernisse entgegensetzt, so wie sein Talent als Feldherr ist eben so groß, als seine Kunst, neue Hülfsquellen für den Krieg zu eröffnen, und seinen Mitbürgern Vertrauen auf seine Gewandtheit und Achtung für seine Regierung, als für die eines Führers des Volkes, einzuflößen. Wie er den Parteigeist in Schranken hielt, Empörungsversuche vereitelte, und dadurch, daß er jeden Schilling seines eigenen Vermögens der Sache des Vaterlandes zum Opfer brachte, auch Andere bewog das Gleiche zu thun, ist ein Problem, das nur er lösen konnte. In dieser Hinsicht steht er unübertroffen da. Als Feldherr mag er in der Führung großer, besser ausgerüsteter Heere hinter andern zurückstehen; in jenen passiven Eigenschaften des Soldaten aber kommen ihm wenige oder keiner gleich. Hunger, Durst, versengende Hitze, die erstarrende Kälte des Gebirgs, Strapazen aller Art, ungeheure Märsche (von Caraccas bis Potosi, von dem Mittelpuncte der nördlichen Hälfte der heißen Zone bis zu der äußersten Grenze des Südens) in Wüsten und brennendem Sand – alles trug er und seine Gefährten mit einer Geduld und einer Ausdauer, welche kaum ihres gleichen in der Geschichte findet.

Man hat ihn ehrgeiziger Absichten, des Strebens nach absoluter Gewalt beschuldigt. Die Zeit allein kann hierüber entscheiden: bis jetzt gaben seine Handlungen kein Recht zu solcher Anklage, sondern bewiesen eher das Gegentheil.

Was sein Aeußeres betrifft, so ist er mager nur etwa fünf Fuß, sieben Zoll (engl.) hoch; aber man sieht es der ganzen Gestalt an, daß sie eben so lebendig als ausdauernd ist. Seine Züge sind scharf bestimmt, die Nase gebogen, der Ausdruck fest, doch ohne besondern Geist zu verrathen. Im Allgemeinen trägt sein Gesicht die Spuren ausgestandener Beschwerden und sieht ziemlich abgelebt (care-worn) aus. Sein Blick ist durchdringend, ohne gerade verständig zu seyn. Selten jedoch faß er einen Fremden gerade ins Auge; wenigstens war mir dieß bei der Audienz, mit der ich von ihm beehrt wurde, so auffallend, daß es meine Achtung für ihn etwas schwächte, welchen Eindruck mir wohl von jedem bekommen müssen, der uns in einer Gesellschaft nicht offen entgegenblickt. Seine Stirne ist von so tiefen Furchen durchzogen, daß ein beständiger Mißmuth darauf zu herrschen scheint. Bei der Audienz, bei der er, wie gewöhnlich, saß, zeigte er durchaus nicht jenes leichte, gewandte Benehmen, das man sonst bei solchen Gelegenheiten bei Machthabern gewöhnt ist. Beständig fuhr er auf eine fast linkische Weise mit den Händen über die Kniee hin und her. Er sprach sehr rasch, aber monoton und so, daß man durchaus keine günstige Meinung von seiner Urbanität erhalten konnte. Bei allem dem darf man indessen nicht vergessen, daß die Manieren eines schroffen republikanischen Soldaten verschieden seyn müssen von denen eines Höflings der europäischen Schule, aus welcher selten Helden hervorgehen; ja es würde vielmehr befremdend seyn, wenn die Persönlichkeit Bolivars nicht den stürmischen, kriegerischen, überhaupt den eigenthümlichen Character der bunten Scenen seines Lebens an sich tragen sollte. Trotz dem, was ich über den scheinbaren Mangel eines ganz offenen Betragens bemerkte, war sein Händedruck der freie und herzliche eines Soldaten. In Geschäftssachen legt er gegen den Fremden jede Etikette ab, ist leicht zugänglich und rasch in der Entscheidung. Jeden Gegenstand, den man ihm vorträgt, ergreift er schnell, eilt dem Sprecher oft voraus, und kommt durch die ihm eigene klare Auffassung rasch zu dem gewünschten Schlusse. Dabei ist seine Gerechtigkeitsliebe so wie seine Liberalität gegen Personen, welche in der Sache der Unabhängigkeit Opfer gebracht haben, allgemein bekannt.“