Shakespeare’s Geistesgegenwart und Improvisationstalent

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Titel: Shakespeare’s Geistesgegenwart und Improvisationstalent
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aus: Die Gartenlaube, Heft 18, S. 287
Herausgeber: Ernst Keil
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Erscheinungsdatum: 1864
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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[287] Shakespeare’s Geistesgegenwart und Improvisationstalent. Als der Druck unsers Shakespeare-Artikels (in Nr. 16 und 17) schon beendet war, theilte uns der Verfasser von „Ein Tag in Shakespeare’s London“ noch die nachstehende sehr interessante und charakteristische Anekdote mit, die von der Geistesfertigkeit des großen Briten ein schlagendes Zeugniß ablegt:

Während einer der geschilderten Hof-Theatervorstellungen im Banket-Haus von Whitehall, als Shakespeare in seinem eigenen Drama die Rolle von Heinrich VI. spielte, kam die Königin auf den Einfall, sein ihr oft gerühmtes Improvisationstalent auf die Probe zu stellen. Die Loge der Königin war unmittelbar über der Bühne und eine kleine Treppe führte hinunter, vor welcher die beiden Leibwächter Ihrer Majestät mit großen Hellebarden standen, in deren Stahl die Devise des Hosenbandordens: „Hony soit qui mal y pense“ schimmerte. In dem Augenblick, wo Heinrich VI. in der Mitte seiner Edlen die Bühne betrat, welche das Parlament vorstellen soll, ließ die Königin ihren Handschuh über die Logenbrüstung gerade zu Shakespeare’s Füßen nieder fallen. Dieser, sobald er den Handschuh hatte fallen sehen, schritt, ohne sich zu besinnen, vor und, sich mitten in seiner Rede unterbrechend, hob er ihn auf mit folgenden Worten, die er in seinem Charakter als König improvisirte:

„Und ob wir gleich in dieser hohen Sendung
Begriffen nun, so beugen wir uns doch,
Um aufzuheben unsrer Base Handschuh.“

Dann, nachdem er den Handschuh auf die Hellebarde eines der Leibwächter gesteckt, von welcher die Königin denselben lächelnd herabnahm, trat er zurück und spielte seine Rolle weiter.