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selten gefunden werden dürfte, und wir glauben daher den Dank der Leser zu verdienen, wenn wir dieselbe in extenso als Anhang mittheilen.[1]

 Damals, wo größere Schaaren sich zum Studium der Theologie drängten als gegenwärtig, war für die examinierten Candidaten nicht sofort eine Verwendung bereit. So begann denn auch für Löhe eine längere Wartezeit. Ihm, der kein brennenderes Verlangen kannte, als dem HErrn im geistlichen Amte zu dienen, war es schmerzlich, müßig am Markte stehen und geduldig warten zu müssen, bis der HErr ihn für die Arbeit in seinem Weinberg miethen würde. In einem Brief an seinen Freund Kündinger gibt er seinem Schmerze Ausdruck darüber, daß er sich nun zu einem geistlichen Brachliegen verurtheilt sah. „Eins thut mir freilich wehe, daß man alle Sonntage mit allen Glocken läutet, und ich, wie ich glaube, auch zum Predigen berufen, muß meine Stimme und mein bischen Glauben in die Brust einsperren, und mir thut sich keine Thür noch Kanzel auf und wird mir keine Heerde vertraut, die ich zu Christo führen dürfte. Denn in der ganzen näheren Umgegend läßt mich kein Pfarrer mehr predigen. Es ist so Gottes Wille, jetzt soll ich schweigen, mich curieren lassen, studieren; seiner Zeit wird er mich auch aussenden. Und dann wird er mir geben, daß ich auf Leben und Tod predige, daß wir Menschen nur etwas werden, wenn wir vor der Liebe und Gnade JEsu zu Nichts geworden sind. Sein heiliger Wille geschehe.“

 Aber trotz seines Harrens wollte sich ihm keine Thüre aufthun; Aussichten, die sich zeigten, zerrannen bald wieder und hinterließen nur den Schmerz der enttäuschten Hoffnung. So hatte ihn z. B. sein edler Lehrer, Professor Krafft, für


  1. S. den Anhang am Schluß dieses Bändchens.