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Philon: Über die Trunkenheit (De ebrietate) übersetzt von Maximilian Adler

Ziel des Kampfes ist, nichts, nicht Reichtum, nicht Ruhm, nicht Ehre, nicht Herrschaft, nicht Schönheit, nicht Stärke, nicht alle körperlichen Vorzüge insgesamt, aber auch nicht Erde oder Himmel oder die ganze weite Welt, sondern allein die wahrhaft ehrwürdigste Ursache, der Verehrung und der höchsten Ehre für würdig zu halten und seinen Platz unter der Priesterschaft einzunehmen.[1] 76 Nicht ohne Absicht nannte ich die Kampfpreise brüderlich vereint, sondern in Kenntnis dessen, daß niemand ein wahrer Priester werden kann, der noch den Feldzug des menschlich Vergänglichen mitmacht, in dem die leeren Wahngedanken die Heerscharen führen, und niemand ein Friedensmann, der nicht ohne Falsch und in Einfalt das Wesen verehrt, das allein am Kriege nicht teilnimmt, sondern den ewigen Frieden hält.[2] [19] 77 So sind diejenigen, welche den Vater und seinen Willen ehren, um die Mutter aber und ihren Willen sich blutwenig kümmern. Den mit beiden Eltern Verfeindeten jedoch stellt (die heilige Schrift) in klarem Unterschied ihnen gegenüber, indem sie ihn[3] mit den Worten einführt: „Ich kenne den Herrn nicht und Israel entlasse ich nicht“ (2 Mos. 5, 2); denn dieser widersetzt sich offenkundig den Bestimmungen, welche die rechte Vernunft über das Verhältnis zu Gott getroffen hat, sowie den Festsetzungen der Bildung über das Verhältnis zu den Geschöpfen, und bringt alles in Verwirrung durcheinander. 78 Und auch jetzt noch – denn noch hat sich das Menschengeschlecht nicht von seiner starken Schlechtigkeit geläutert – gibt es Leute, die durchaus nicht gesonnen sind, die Pflichten der Frömmigkeit oder die gegen die Gemeinschaft zu erfüllen; ganz im Gegenteil, sie sind die Gefährten der Unfrömmigkeit und Gottlosigkeit und gegen Ihresgleichen treulos. 79 Und solche Menschen gehen um als die ärgsten Würgengel der Staaten, besorgen in ihrer Vielgeschäftigkeit eigene Geschäfte und Gemeindeangelegenheiten, vielmehr, um die Wahrheit zu sagen, sie stellen sie auf den Kopf. Diese müßte man wie eine schwere


  1. Eine Schilderung des idealen Staatsbürgers, der „nach dem kampflosen und friedfertigen Leben strebt“, die sich von dem Hintergrund des vielgeschäftigen Alltagslebens abhebt, malt Philo Ü. d. Einzelges. II 44–48.
  2. „Gott allein kann Frieden haben sonder Kampf“ (Ü. d. Cherub. 86), „Gott ist der Herr des Friedens“ (Ü. d. Dekal. 178), „Gott allein ist der truglose und wahrhafte Friede“ (De somn. II 253).
  3. Als Vertreter dieser Gruppe wird Pharao dargestellt, der die folgenden Worte zu Moses und Aaron sagte; die erste Vershälfte hat Philo schon im § 19 bei der Typisierung des Gottlosen verwendet. – Vgl. Ü. d. Leben Mosis I 88.
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Philon: Über die Trunkenheit (De ebrietate) übersetzt von Maximilian Adler. H. & M. Marcus, Breslau 1929, Seite 33. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:PhiloEbrGermanAdler.djvu/033&oldid=- (Version vom 8.6.2018)