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Philon: Über die Unveränderlichkeit Gottes (Quod Deus sit immutabilis) übersetzt von Hans Leisegang

Licht gebrauchte.[1] 59 Was soll man aber noch über die Organe der Ernährung reden? Denn wenn er diese besäße, müßte er auch Nahrung zu sich nehmen, und, gesättigt, wieder ausleeren, nach der Ausleerung[2] aber wieder Appetit haben; und von anderem Entsprechendem will ich gar nicht reden. Das sind Fabeleien gottloser Menschen, die dem Göttlichen dem Worte nach nur menschliche Gestalt, in der Tat aber menschliche Leidenschaften zuschreiben. [13] 60 Weshalb sagt nun Moses, daß Füße, Hände, Kommen, [282 M.] Gehen bei dem Ungewordenen vorhanden seien, warum, (daß er) eine Waffenrüstung (habe) zur Abwehr gegen Feinde? Denn das Schwert läßt er ihn führen[3] und Geschosse verwenden und Stürme und verderbenbringendes Feuer – Sturmschild und Blitz nennen dies mit anderen Ausdrücken die Dichter[4] und sagen, es seien die Waffen des Urgrunds –, dazu führt er noch Eifersucht, Mut, Zorn und dergleichen nach menschlicher Vorstellungsweise an? 61 Doch den Fragenden wird geantwortet: Ihr da, ein Ziel muß dem besten Gesetzgeber vorschweben, (nämlich das,) allen, die mit ihm in Berührung kommen, zu nützen. Die nun eine glückliche Naturanlage und einen in allem schuldlosen Lebenswandel erlosten, da sie den diesem entsprechenden breiten und geraden Lebensweg fanden und sich der Wahrheit als Weggenossin bedienten, wurden von ihr in die untrüglichen Geheimnisse des Seins eingeweiht und dichten ihm nichts von den Dingen der Schöpfung an. 62 Für diese paßt am besten der in den verkündeten Offenbarungen vorliegende Spruch, daß „Gott nicht ist wie ein Mensch“, aber auch nicht wie der Himmel und wie die Welt.[5] Denn von irgendeiner Beschaffenheit sind diese Wesen und der sinnlichen Wahrnehmung zugänglich; er aber ist nicht einmal, abgesehen von seiner reinen Existenz, durch den Geist zu begreifen. Seine Existenz nämlich ist es, die wir begreifen, von den außer der Existenz


  1. Vgl. Über die Weltschöpfung § 31, wo schon das νοητὸν φῶς ein Abbild der göttlichen Vernunft ist.
  2. Statt παυσάμενος lese ich mit Wendland ἀποπατήσας.
  3. Ζ. Β. 5 Mos. 32,41. Vom „Feuer“ ist ebd. V. 22 die Rede; den Sturm denkt Philo wohl zum Blitz hinzu, an Stellen außerhalb der Thora, wie 2 Sam. 22, 16, Jes. 10, 33 oder Hiob 4, 9 hat er schwerlich gedacht.
  4. So vor allem Homer, Il. 21, 400ff., 17, 593ff. u. ö.
  5. Philo polemisiert häufig gegen die, die Gott dem Himmel oder dem Kosmos gleichsetzen, und meint damit die Chaldäer (Über Abrah. § 69) und die Stoiker (Über die Einzelges. I § 13). Vgl. mein Buch Der Heilige Geist 62, 1 u. 2.
Empfohlene Zitierweise:
Philon: Über die Unveränderlichkeit Gottes (Quod Deus sit immutabilis) übersetzt von Hans Leisegang. H. & M. Marcus, Breslau 1923, Seite 86. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:PhiloDeusGermanLeisegang.djvu/15&oldid=- (Version vom 5.2.2022)