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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 14

Guinea gelegt. 1486 entdeckte B. Dias das Kap der Guten Hoffnung, wagte sich aber nur eine kurze Strecke jenseit des Wegs, und erst zehn Jahre später gelang es Vasco da Gama, den Seeweg nach Ostindien aufzufinden. Inzwischen hatten die Versuche Kolumbus’, Indien durch eine Fahrt nach dem Westen zu erreichen, 1492 zur Entdeckung Amerikas geführt. Damit waren der S. ganz neue großartige Bahnen eröffnet, und es war damit der Grund zu der hohen Entwickelung gelegt, welche sie in der Neuzeit, unterstützt durch die Anwendung der Dampfkraft auf den Wassertransport (s. Dampfschiff und Dampfschiffahrt) genommen hat. In welchem Maß die Segelschiffahrt zur Zeit durch die Dampfschiffahrt verdrängt ist, ist in dem Art. „Dampfschiffahrt“ (S. 492 f.) näher ausgeführt. Auf den englischen, nordamerikanischen, deutschen, französischen, italienischen, skandinavischen und andern Schiffswerften wurden 1883 vom Stapel gelassen: 1370 Dampfer mit 994,797 Ton. Gehalt und 2811 Segelschiffe mit 403,983 T. Gehalt. In den spätern Jahren ist jedoch im Bau der Dampfer ein starker Rückgang eingetreten, während der Bau der Segelschiffe seit 1881 eine fortwährende Steigerung zeigt. Während die Segelschiffahrt von den Flüssen und Kanälen immer mehr verschwindet, wird sie auf offener See für voluminöse und minderwertige Güter vermöge ihrer billigern Betriebskosten dauernd am Platz bleiben. Die Gesamtzahl aller Seesegelschiffe wurde 1879 zu 118,800 mit einem Raumgehalt von 15,130,351 Nettoregistertonnen angegeben. Über den Bestand der deutschen See- (Kauffahrtei-) Schiffahrt und den Binnenschiffahrtsverkehr in Deutschland geben die nebenstehenden Tabellen Aufschluß (s. auch die Textbeilage zu „Marine“).

Die Größe und Tragfähigkeit der Schiffe wird in Registertonnen ausgedrückt. Wenn aber der Tonnengehalt zur Angabe der Leistungsfähigkeit einer aus Segel- und Dampfschiffen gemischten Flotte dienen soll, so trägt man dem Umstand, daß die Dampfer infolge ihrer Unabhängigkeit vom Wind in derselben Zeit mehr Reisen machen, dadurch Rechnung, daß man von dem Tonnengehalt derselben ein Vielfaches, und zwar in der internationalen Statistik das Dreifache, in Rechnung zieht; eine solche Angabe nennt man den berechneten Tonnengehalt. Die Vermessung der Schiffe geschieht bei allen seefahrenden Nationen amtlich, und jedem Schiff wird ein amtliches Attest (Schiffscertifikat oder Meßbrief) über seinen Raumgehalt ausgestellt. Mit demselben wird es in die Schiffsregister eingetragen, und danach richten sich die Abgaben des Schiffs in Häfen etc. (weiteres s. Schiffsvermessung).

Die Gesamtheit der Schiffsbesatzungen zählt gegenwärtig gegen 900,000 Köpfe, von denen 200,000 auf die Dampfschiffe, über 500,000 auf die Segelschiffe kommen. Die deutsche Handelsflotte hat eine Besatzung von 39,000 Köpfen, die englische gegen 270,000; in einzelnen Flotten zeigt die Zahl der Besatzung trotz der Zunahme des Tonnengehalts infolge zunehmender Durchschnittsgröße der Schiffe in den letzten Jahren eine Abnahme. Die deutsche Flotte z. B. hatte die höchste Zahl von Mannschaften 1875, d. h. 1600 Mann mehr als jetzt; 1887 betrug zwar die Dampferbesatzung derselben Flotte gegen 9000 Mann mehr, die Segelschiffsbesatzung aber 10,000 weniger als 1875, was, abgesehen von der Vermehrung der Dampferflotte auf Kosten der Segelflotte, auf die Außerdienststellung zahlreicher kleinerer Fahrzeuge und die Ersetzung durch wenige größere Schiffe zurückzuführen ist.

II. Binnenschiffahrtsverkehr in Deutschland 1886.
Durchgangs- bez. Hafenorte Anzahl der durchgegangenen, bez. abgegangenen Frachtschiffe
zu Berg zu Thal
be­laden un­bela­den Trag­fähig­keit in 1000 t be­laden un­bela­den Trag­fähig­keit in 1000 t
Schiffe Schiffe
Schmalleningken (Memel) 142 1183 143,1 1358 14 149,2
Pillau (Frisches Haff) 742 179 69,4 528 391 68,9
Königsberg (Pregel) 5221 168 140,4 3429 18 206,9
Thorn (Weichsel) 534 173 84,5 846 7 97,2
Bromberger Kanal
Richtung n. d. Netze Richtung n. d. Weichsel
519 312 73,6 367 229 56,2
Küstrin (Warthe) 938 1434 264,7 2075 153 247,7
Thiergarten b. Ohlau (Oder) 134 572 53,3 628 54 50,9
Lübeck (Trave) 604 135 45,2 442 9 17,8
Hamburg (Oberelbe) 15608 3353 1854,1 15436 3076 1894,0
Rathenower Schleuse (Havel) 4542 133 489,7 667 547 159,1
Berlin (Spree) 20511 1167 2333,1 14016 1062 1534,6
Brieskow (Friedrich-Wilhelms-Kanal)
Richtung n. d. Spree Richtung n. d. Oder
1329 36 145,8 553 1345 198,1
Eberswalde (Finowkanal)
Richtung n. d. Havel Richtung n. d. Oder
10794 46 1184,7 119 1820 206,4
Niegripper Schleuse (Plauer Kanal)
Richtung n. d. Elbe Richtung n. d. Havel
424 452 127,8 2338 126 349,6
Schandau (Elbe) 1167 5203 1676,2 7490 1872,1
Bremen (Oberweser) 427 277 113,4 645 68 114,5
Koppelschleuse bei Meppen (Ems) 355 33 16,8 183 194 16,1
Emmerich (Rhein) 7820 7267 3304,5 14174 426 3137,5
Ruhrort (Rhein) 1738 872 898,1 9655 327 1596,6
Köln (Rhein) 842 235,1 1628 273,1
Koblenz (Mosel) 34 3,3 117 3,7
Güdingen (Saar) 3781 228 947,0 935 3045 941,4
Niederlahnstein (Lahn) 36 596 73,9 619 22 75,0
Würzburg (Main) 243 350 40,4 545 112 44,5
Mannheim (Rhein) 3426 528 1819,5 442 244 118,7
Heilbronn (Neckar) 1650 144,3 369 34,8
Passau (Donau) 798 129,2 188 44,6

Die Frage, wie sich die durch S. vermittelte Warenbewegung zu derjenigen auf dem Land verhält, ist noch nicht sicher gelöst. Als ungefährer Ausdruck kann das Verhältnis der Tragfähigkeit aller Schiffe zu derjenigen aller Eisenbahnen gelten. Im J. 1882 überstieg zwar die Tragfähigkeit der Schiffe diejenige der Eisenbahnfahrzeuge um etwa 13 Mill. Gewichtstonnen; dagegen hatten sämtliche in europäischen und amerikanischen Häfen ein- und ausgelaufene Schiffe nur eine Fracht von etwa 370 Mill. Gewichtstonnen, während die Eisenbahnen der Welt 1200 Mill. Gewichtstonnen Frachten bewegten. Berücksichtigt man aber die durchschnittlich größern Strecken bei den Schiffsfrachten, so wird man die Transportleistung der Schiffe und der Eisenbahnen immerhin einander gleichsetzen können.

Bei der außerordentlichen Wichtigkeit der S. ist die Regelung der dabei in Betracht kommenden Rechtsverhältnisse im Weg der Gesetzgebung (Schiffahrtsgesetze) und die stete Überwachung der Normen der letztern (Schiffahrtspolizei) geboten. Soweit sie die Seeschiffahrt betreffen, bilden diese gesetzlichen Vorschriften das Seerecht (s. d.). Zahlreiche Schiffahrtsverträge (s. d.) regulieren dabei die internationalen Verkehrsverhältnisse, und schwere Strafandrohungen sind, insbesondere auch in dem deutschen

Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 14. Bibliographisches Institut, Leipzig 1889, Seite 461. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b14_s0461.jpg&oldid=- (Version vom 8.11.2022)