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gerechnet sein will und es ordentlich übel nehmen würde, ließe man ihn nicht als echten Pariser gelten. Im Besondern muß man am ganzen Trio eine leichte fließende Harmonie loben.

Bei Besprechung der noch übrigen Trio’s von Moscheles, Chopin und Schubert kommt mir allerdings zu Statten, daß ich sie gehört und leidlich genug, das erstere nämlich einigemal vom Componisten selbst, das andere von Clara Wieck und den Gebrüdern Müller, und das Schubert'sche von Mendelssohn und David.[H 1]

Das Trio von Moscheles[H 2] gehört zu des Meisters vorzüglichsten Werken. Es hat etwas Erhebendes, ältere fertig geglaubte Meister von Neuem streben zu sehen. Während daß Andere nach einem G moll-Concerte, nach zwei Heften Etuden,[H 3] Musterstudien für alle Zeiten, müßig gefeiert hätten, verzichtet dieser gleichsam auf seinen alten Ruhm und stellt sich in die jüngern Reihen, mit ihnen gegen Formwesen, Modeherrschaft und Philisterei zu ziehen. So finden wir denn auch im Trio die Idee vorherrschend, poetischen Grundstoff, edlere Seelenzustände. Ein Geist spricht aus allen Sätzen, minder weich und beredt, als scharfeindringlich, bündig, gediegen. Bei’m ersten Satz wird es Jedem auffallen, daß ihm eine zweite Melodie, wenn nicht fehlt, aber daß die erste unverändert, nur in der harten Tonart[H 4] wiederkömmt. Es wundert mich das, da an derselben Stelle leicht ein anderer Gedanke gefunden werden konnte.

Anmerkungen (H)

  1. [WS] Clara Wieck (1819–1896), ab 1840 Schumanns Frau, eine berühmte deutsche Pianistin. Zu den „Gebrüder Müller“ siehe die Fußnote zu Band 1, S. 270. Ferdinand David (1810–1873), deutscher Komponist und Violinvirtuose war mit Felix Mendelssohn, der ihm sein berühmtes Violinkonzert widmete, befreundet. Alle genannten Musiker gehörten zum engeren Kreise Schumanns.
  2. [GJ] Werk 84, in C. [WS] Ignaz Moscheles (1794–1870), Klaviertrio c-moll op. 84 von 1830 IMSLP.
  3. [WS] Klavierkonzert Nr. 3 g-moll op. 60 (1820) IMSLP, 24 Etudes op. 70 (1825–26) IMSLP.
  4. [WS] harte Tonart = Dur.