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144Was die Markgrafen von Istrien oder Andechs betrifft, so fehlt es nicht an einigen Anzeichen des Fürstenstandes. Markgrafen, welche nicht zugleich Herzoge von Meran waren, sind für unsere Periode Berthold III., 1173 bis 1188, und sein Enkel Heinrich, 1205 bis 1228. Jener wird lange nach seinem Tode, 1210, vom Herzoge von Baiern als illustris marchio bezeichnet.[1] Was diesen betrifft, so schreibt K. Heinrich 1228: dilectis principibus nostris illustribus duci Austrie et marchioni Istrie; in einer gleichzeitigen Urkunde des Markgrafen von Meissen erscheinen als Zeugen: L. princeps illustris dux Austrie, H. nobilis princeps marchio de Andes[2]; in österreichischer Urkunde von 1241 wird er als bone memorie H. illustris marchio Ystrie erwähnt.[3] Das ist aber auch alles, was ich anzuführen wüsste; und muss schon hier der Ausdruck nobilis princeps unmittelbar neben dem illustris princeps bedenklich erscheinen, so dürfte die Rangordnung als Zeugen doch bestimmt darauf hinweisen, dass der Markgraf nur zu den Magnaten zählte. Berthold findet sich freilich einmal 1183 dem Herzoge von Meran vorgestellt[4]; aber der Herzog war sein Sohn, und das dürfte hier das massgebende Verhältniss sein; dagegen finden wir ihn 1183 hinter Spoleto[5], 1184 hinter Spoleto und Ancona.[6] Heinrich findet sich niemals einem Fürsten vorgestellt, dagegen 1220 hinter Montferrat[7], 1225 mehrfach hinter Spoleto und dem Deutschordensmeister[8]; in österreichischen Urkunden von 1217 und 1222 wird er sogar Grafen nachgestellt.[9] Dürfte es insbesondere wegen der eigenthümlichen persönlichen Stellung Heinrichs wünschenswerth sein, diese Beweise stärken zu können, so dürfte doch um so weniger anzunehmen sein, die Mark Istrien sei ein Fürstenthum gewesen, als sie auch später nie als solches erwähnt wird. Die Patriarchen von Aglei führten zuweilen selbst den Titel eines Markgrafen von Istrien[10]; denselben Titel führten die später von ihnen gesandten jährlich wechselnden Verwalter der Mark z. B. 1297 Muscha de la Turre marchio Istriae[11]. So wenig wie diese, waren die Grafen von Görz, welche die Mark später zu ihren Besitzungen zählten[12], Reichsfürsten, es sei denn, dass man in Anschlag bringen will, dass sie in ältern Matrikeln unter der Rubrik der Fürsten stehen.

145Die Markgrafen von Vohburg scheinen schon vor dem Heimfalle der Mark an Baiern im J. 1209 nicht zu den Fürsten gehört zu haben; wohl gedenkt 1204 Herzog Ludwig von Baiern bone memorie marchionis Diepaldi principis[13], wo, wenn der Ausdruck nicht ohne bestimmtere Beziehung zufällig gewählt wurde, vielleicht an die principes Bavariae oder an ein Nachwirken des ältern Gebrauchs zu denken wäre[14]; auch

  1. Hormayr Beitr. 2, 142.
  2. Meiller 142.
  3. Hund 3, 377.
  4. Meiller 40.
  5. Notizenbl. 2, 180.
  6. Glafei 145.
  7. Reg. Fr. n. 405.
  8. Huillard 2, 508. Lacombl. 2, n. 122. Reg. Fr. n. 555.
  9. Meiller 123. 129.
  10. 1203–65: Mittarelli 4, 257. 331. Rubeis 696. Oestr. Archiv. 21, 200. 398. 411. 413.
  11. Vgl. Rubeis 697. 779.
  12. 1364: Schrötter 2, 310.
  13. M. B. 27, 46.
  14. Vgl § 18 92
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Julius von Ficker: Vom Reichsfürstenstande. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1861, Seite 193. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ficker_Vom_Reichsf%C3%BCrstenstande_221.jpg&oldid=- (Version vom 11.9.2016)