« Princeps Vom Reichsfürstenstande Principes imperii »
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II.

Wichtiger, als der Ausdruck Princeps, ist für unsern Zweck die 14 Bedeutung des Wortes Principes, da sich ohne Zweifel an diese, nicht an jenen der Reichsfürstenstand anknüpft. Principes in der allgemeinsten Bedeutung sind diejenigen, welche in irgend einem Kreise des Staates und in Beziehung auf denselben die Ersten sind, ganz abgesehen davon, ob dieser Kreis von grösserer oder geringerer Bedeutung ist. Danach finden wir hier ganz dieselbe Stufenfolge, wie beim Princeps; wie dieser Titel den unbedeutendsten Dynasten eben so wohl wie den Kaiser bezeichnen kann, so finden wir auch eine entsprechende Reihe von den principes castri[1] bis hinauf zu den principes imperii.

Setzen, um uns an einen der allgemeinsten Ausdrücke zu halten, principes terrae nicht nothwendig einen princeps terrae voraus, so wird bei der Gliederung des mittelalterlichen Staatslebens ein solcher doch in den meisten Fällen vorhanden sein. Dann sind die Principes diejenigen, die dem Princeps zunächst stehen, die Ersten nach ihm; und der Sprachgebrauch des Mittelalters geht häufig davon aus, indem die principes terrae von dem Herrscher als principes mei oder nostri bezeichnet werden; der verschiedene Begriff, der der Einzahl und der Mehrzahl zu Grunde liegt, zeigt sich am deutlichsten, wenn in ein und derselben Urkunde ein Herrscher, so z. B. 1090 der Graf von Flandern, von sich als dem Princeps spricht, und zugleich die ihm untergebenen Grossen als seine Principes bezeichnet.[2] Ausnahmsweise kann der Ausdruck allerdings auch mit der Beziehung nach obenhin gebraucht werden, wenn jemand nicht bloss einem Princeps, sondern mehreren untersteht; so bekräftigt 1234 ein Neffe des Herzogs von Pommern eine Urkunde sigillis principum nostrorum, nämlich des Herzogs und des Bischofs von Kamin.[3] Es hat natürlich auch nichts widersprechendes, dass derjenige, welcher in einem untergeordneten Kreise als Princeps erscheint, mit Rücksicht auf einen umfassenderen zu den Principes zählt. Fanden wir früher einen Grafen von Clermont als princeps Clarimontis, so würde derselbe in anderer Beziehung zu den principes Lotharingiae gehören; und nennt sich der Herzog princeps Lotharingorum und kann er den Grafen als zu seinen Principes gehörig bezeichnen, so gehört er selbst in Beziehung auf das Reich nur zu den principes regni oder imperatoris.

[34] Konnte so der allgemeinen Bedeutung des Wortes nach ein sehr ausgedehnter Gebrauch von demselben gemacht werden, so haben wir zu untersuchen, welchen Gebrauch man im Reiche urkundlich wirklich davon gemacht hat. Es lassen sich denn auch Fälle nachweisen, wo der Gebrauch bis auf einen sehr untergeordneten Kreis hinabgeht. So werden nach Urkunde von 890 omnes principes de tribus comitatibus, id est de Turgowe, de Lintzgowe et de Rhaetia Curiensi cum reliqua populorum multitudine versammelt, um ein Weisthum über Rechte der Abtei S. Gallen zu geben[4]; unter diesen Principes, welche vier und fünfzig an der Zahl namentlich aufgezählt werden, haben wir uns doch nur die angesehensten Grundbesitzer jener Gaue zu denken. Als Arelatensium principes werden in Urkunde von 994 der Untergraf und fünfzehn Einwohner von Arles aufgeführt.[5] Im J. 1037 geht jemand einen Tausch ein cum principibus qui erant in congregatione ss. martirum Felicis et Regule zu Zürich.[6] In einer Osnabrücker Urkunde von 1118[7] sind als principes marchionum die angesehensten Markgenossen der Mark Oesede bezeichnet, also Bauern nach unsern Begriffen. Doch sind das Ausnahmen und wo es sich um den mehr oder weniger feststehenden urkundlichen Sprachgebrauch handelt, ging man wohl gewöhnlich nicht so weit hinab; dagegen ist nicht zu läugnen, dass die in Urkunden vorkommenden Principes nicht überall gerade Reichsfürsten sind, dass oft nur die Beziehung auf einzelne Theile des Reichs zu Grunde lag. Es wird zweckmässig sein, zuerst diese ins Auge zu fassen, um dann unsere ungetheilte Aufmerksamkeit den Reichsfürsten zuwenden zu können.

15 Zunächst finden wir in den Reichsländern, in welchen von dem Worte Princeps der ausgedehnteste Gebrauch gemacht wurde, auch eine entsprechende Ausdehnung des Ausdruckes Principes, indem hier selbst die Grossen einzelner Grafschaften damit bezeichnet werden.

Im Königreiche Burgund ist das weniger häufig der Fall; auffallenderweise gehören die mir bekannten Beispiele einer spätern Zeit an, in welcher der Ausdruck eine so bestimmte Beziehung auf die Reichsfürsten gewonnen hatte, dass er in anderen Beziehungen kaum mehr gebraucht wurde. Im J. 1222 schliessen der Erzbischof von Bisanz und Graf Reinald von Burgund eine Sühne de consilio bonorum virorum et principum suorum tam clericorum quam laicorum.[8] Im J. 1335 schreibt der Delfin von Vienne universis principibus, baronibus, – officialibus suis atque subditis quibuscunque; 1337 werden in einem Vertrage zwischen dem Grafen von Savoyen und dem Delfin die praelati, principes et nobiles terrarum suarum erwähnt; 1427 urkundet der Herzog von Savoyen principum, praelatorum, [35] baronum, procerum, peritorum et aliorum consiliariorum nostrorum illustrati consilio.[9]

Häufiger findet sich der Gebrauch in den lotharingischen Reichslanden. So sagt, um wieder mit Flandern zu beginnen, 1090 Graf Robert: clericorum et principum meorum nominibus subnotatis; der angesehenste dieser flandrischen Fürsten ist ein Rogerius castellanus. Graf Balduin handelt 1112 in conspectu principum, nämlich eines Abtes und anderer Geistlichen, zweier Kastellane, zweier Truchsesse und des Schenken; 1142 finden wir die signa baronum et principum terre[10] In Hennegau ruft Graf Balduin 1084 zu Zeugen auf: nobiles meos et principes et potentes, sicut praesentes sunt, und spricht 1086 von cunctis principibus sui comitatus; 1089 urkundet er in praesentia principum meorum; 1117 bestimmt er, nullus comitum, principum, castellanorum, nobilium, ignobilium soll das Kloster S. Denys belästigen und ruft wieder zu Zeugen nobiles meos, principes et potentes[11] Die Geschichten der Bischöfe von Kammerich sprechen um 1054 von der comitissa Richelde suisque principibus[12]; auch der spätere Geschichtschreiber Giselbert von Hennegau bedient sich noch mehrfach des Ausdruckes z. B. in praesentia ipsius comitis coram multis principibus suis et nobilibus[13] In Holland bestätigt 1172 Graf Florenz eine Schenkung coram principibus terrae suae, und 1174 heisst es: decrevit ergo comes consilio principum et nobilium suorum[14] Der Bischof von Lüttich schreibt 1151, ein Friede sei in manus principum nostrorum beschworen, und urkundet 1204 de consilio et consensu Leodiensis ecclesiae principumque ac baronum nostrorum et totius familiae nostrae[15] In Oberlothringen und Trier werden 1149 und 1152 urkundlich die principes terrae genannt; um 1030 spricht der Erzbischof von quibusdam sui episcopatus principibus[16]; in den Geschichten von Trier werden zu 1131 omnes principes Treverenses, zu 1137 omnes Tullensis et Metensis terrae principes erwähnt.[17]

Kaum dass eins dieser Beispiele bis in den Beginn des dreizehnten Jahrhunderts hinabreicht; wir werden annehmen dürfen, dass in diesem der Gebrauch sich verloren hat. Nur in Brabant finden wir ein vereinzeltes Beispiel noch im J. 1306, indem der Herzog sagt: rogamusque principes et barones nostros, ut praesenti chartae sua sigilla appendant;[18] diese Mitsiegler waren ausser weniger bedeutenden Vasallen und Dienstmannen die Grafen von Jülich und Los und der Edelherr von Kuik.

Stehende Bezeichnung für die Ersten im Lande war hier übrigens 16 Principes eben so wenig, als Princeps für den Herrscher. Wir finden [36] vielmehr eine Reihe ganz gleichbedeutender Ausdrücke. Die grösste Mannichfaltigkeit zeigt uns Flandern. So finden wir in gräflichen Urkunden 1087: optimatum precatu; 1100: testimonio episcoporum et optimatum meorum[19]; 1120: nomina clericorum quam et primatum terrae nostrae[20]; 1093: Brugis in plena curia presentibus proceribus terrae[21]; 1063: in praesentia magnatum nostrorum[22]; 1163: consilio baronum meorum; 1038: coram baronibus meis; 1160: curiae Flandrensis barones; 1046: barones nostri.[23] Ebenso spricht der Graf von Hennegau von seinen barones.[24] In Niederlothringen oder Brabant finden wir ähnliche Bezeichnungen; 1094 urkundet der Herzog in praesentia optimatum meorum; 1125: in curia mea Lovaniae coram hominibus et baronibus meis, wozu der Graf von Arschot gehört, die übrigen niederen Ranges; 1142: assensu meorum baronum, nobilium, liberorum et ceterorum meorum meliorum hominum.[25] Der Herzog von Oberlothringen urkundet 1168 und sonst coram baronibus nostris[26] Eine Vergleichung dieser und der oben angeführten Stellen ergibt unzweifelhaft, dass die verschiedenen Ausdrücke ganz gleichbedeutend gebraucht sind, dass nicht etwa Principes oder Optimates einen höhern Rang einnehmen, als die Barones oder Magnates; wäre es nöthig, so würde eine Zusammenstellung der Zeugen aus den betreffenden Urkunden den Beweis noch schärfer herstellen. Es handelt sich offenbar gar nicht um Bezeichnungen, welche staatsrechtlich genau abgegränzt gewesen wären; gerade der häufige Wechsel zeigt, dass man die Worte nach Willkür wählte, wenn es galt die dem Herzoge oder Grafen zunächststehenden zu bezeichnen.

17 Wie im Westen, so wurde auch in den übrigen Reichstheilen der Ausdruck Barones am häufigsten gebraucht, wenn ein geistlicher oder weltlicher Fürst die ihm zunächststehenden Grossen nicht einzeln als comites, liberi u. s. w. unterscheiden oder mit dem allgemeinsten Ausdrucke als seine fideles bezeichnen wollte. So früh, wie dort, wo der häufige Gebrauch des Wortes in Frankreich und England eingewirkt haben wird, finden wir es in den andern deutschen Reichsländern nicht. Sehr vereinzelt ist eine Stelle, in welcher 1071 der Bischof von Passau sagt, dass er Zehnten des Stifts S. Florian de potestate baronum terre zurückerlangt habe, und die Echtheit einer Urkunde von 1075, in welcher derselbe erklärt, der Markgraf von Oesterreich habe de maturo consilio suorum nobilium baronum dem Kloster S. Nikolaus Zollfreiheit gewährt, unterliegt gerade in der Ausfertigung, in welcher sich dieser Ausdruck findet, erheblichen Bedenken.[27] Häufig begegnen wir ihm erst seit der Mitte des zwölften Jahrhunderts; so finden wir [37] um 1150 Barone der Aebtissin von Quedlinburg[28], 1153 des Erzbischofs von Köln[29], 1162 des Markgrafen von Brandenburg[30], 1170 des Bischofs von Würzburg[31], 1180 des Bischofs von Basel[32] u.s.w. Selten finden wir den Ausdruck in dieser Beziehung in Italien; vereinzelt urkundet dort 1154 der Markgraf von Palavicini consilio suorum baronum et aliorum bonorum virorum[33] Häufiger ist er in Burgund, wo der König schon im zehnten Jahrhunderte von Baronen des Königreichs spricht[34], und im zwölften und später mehrfach die Barone des Grafen von Provence[35], Savoyen[36] oder Burgund[37] erwähnt werden.

Finden wir einerseits, wenn auch als Ausnahmen, als Barone sogar die Ministerialen mittelbarer Klöster bezeichnet, wie 1144 barones seu milites casati des Abtes von Maurmünster[38] so werden andererseits selbst Grafen namentlich den Baronen eines Fürsten z. B. 1158 des Erzbischofs von Mainz[39], 1178 und 1184 des Bischofs von Hildesheim[40] zugezählt; 1175 sagt Heinrich der Löwe: baronibus nostris – videlicet Northalbingiae comitibus.[41] In manchen Stellen werden aber die Grafen neben den Baronen hervorgehoben; so 1152: comites et barones Suevorum; 1178: comites et barones ducis Saxonie.[42]

Mehrfach finden wir aber auch andere Ausdrücke gebraucht; so urkundet 1135 der Erzbischof von Mainz communicato primorum consilio, clericorum dico, comitum, liberorum, familie et civium[43]; ebenso werden in Baiern 1209 primores, 1129 primates terrae erwähnt.[44] Den Ausdruck magnates terrae finden wir 1190 zu Magdeburg, 1206 am Niederrhein, 1256 in Steiermark[45], optimates 1106 zu Worms, 1150 in Savoyen, 1170 zu Köln, 1183 zu Bamberg.[46] Weiter werden 1173 proceres des Markgrafen von Steier, 1178 des Erzbischofs von Köln, 1183 des Markgrafen von Montferrat, 1202 des Herzogs von Oesterreich erwähnt.[47] Zu Köln wird nobiles terrae häufig in derselben Bedeutung gebracht. Alle diese Ausdrücke erscheinen als vollkommen gleichstehende, wenn sie auch bald in engerer, bald in weiterer Bedeutung gebraucht werden; fanden wir den Primores von Mainz einerseits die Grafen, andererseits selbst Ministerialen und Bürger zugezählt, so heisst es 1180: universo clero Coloniensi, comitibus, proceribus, nec non et ministerialibus civibusque Coloniensibus universis[48], wo demnach nur die Edelherren als Proceres bezeichnet sind. [38] Wie sich ergeben wird, werden mehrere dieser Ausdrücke, wie18 Optimates, Proceres, Primates und Primores, auch zur Bezeichnung der Fürsten des Reichs gebraucht. Dagegen finden wir vom Westen abgesehen, nur sehr selten den umgekehrten Fall, dass Grosse nicht in Beziehung auf das Reich, sondern auf einen einzelnen Reichstheil oder einen Reichsfürsten Principes genannt werden. Allerdings ist sehr häufig von den principes Bavariae oder Saxoniae oder auch den principes terrae die Rede; aber wenigstens in sehr vielen Fällen, wie die Einzelerörterungen ergeben werden, sind darunter nur die in Baiern, in Sachsen, im Lande ansässigen Reichsfürsten zu verstehen; der Ausdruck kann dennoch recht wohl vom Ganzen, nicht vom Theil hergenommen sein.

In einzelnen Fällen aber ergibt sich daraus, dass entweder ein Reichsfürst von seinen Principes spricht, oder aber als Principes terrae auch solche erwähnt werden, welche den Principes imperii nicht angehörten, doch mit Bestimmtheit, dass dem Ausdrucke nur die Beziehung auf einen der untergeordneten Kreise des Reichs zu Grunde liegen konnte.

Am bestimmtesten scheint sich das im Lande Baiern zu ergeben. Wenn Arnulf von Baiern sich 908 des Ausdruckes: omnibus episcopis, militibus et regni huius principibus bedient, wie es in einer gleichzeitigen Tradition heisst: coram rege (Arnulfo) et episcopis atque comitibus et ceteris principibus suis[49], so kann man freilich Baiern in jener Zeit kaum als einen Reichstheil bezeichnen. Vom Bischofe von Passau heisst es 1135 urkundlich: cleri sui caritatem, principum suorum benivolentiam, populi sui devotionem monuit[50] Der Markgraf von Oesterreich sagt 1136: Cuius rei sunt testes totius provinciae principes[51], unter welchen wohl nur die Grossen der Mark zu verstehen sind. Um dieselbe Zeit heisst es in einer Passauer Tradition: litigium in praesentia domini Chunradi marchionis cunctisque principibus suis dirimi oporteat exortum; es ist die Rede von Konrad, Bruder des Markgrafen Diepold von Vohburg.[52] Herzog Leopold von Baiern urkundet 1140 in praesentia principum terre nostre, nämlich der Bischöfe von Regensburg und Freising und mehrerer Grafen und Edeln.[53] Ebenso heisst es urkundlich 1176 von der Zusammenkunft der Herzoge von Baiern und Oesterreich, sie sei geschehen praesentibus utriusque terrae principibus et multa frequentia militum[54] Bestimmter wieder sagt Herzog Leopold von Oesterreich 1183, es sei etwas geschehen coram nobis et principibus nostris, zu welchen wohl zu rechnen sind die Grafen Beilstein, Scala, Plaien, Blasenstein und einige Edle, welche in der Zeugenaufzählung den besonders bezeichneten Ministerialen voraufgehen.[55] Seitdem ist mir kein Beispiel mehr bekannt, dass noch irgend einer [39] der baierischen Reichsfürsten von seinen Principes gesprochen hätte, abgesehen von einzelnen noch zu erörternden Beispielen in Urkunden des Herzog Rudolf IV. von Oesterreich, welche nicht hieherzuziehen sind. Die bestimmtere Beziehung der Principes aber zum Lande tritt hier auch urkundlich wenigstens im Beginne des dreizehnten Jahrhunderts noch wohl hervor; so schreibt der Herzog 1204: omnibus christi fidelibus et precipue tocius Bauwarie principibus; und 1209 wird auf einem herzoglichen Hoftage etwas verhandelt coram principibus et primatibus terre nostre[56]; es wird sich uns aber auch ergeben, dass gerade in Baiern die Verbindung eigentlicher Reichsfürsten mit dem Lande und dem Herzogthume sich bis in spätere Zeit erhielt und der Ausdruck sich demnach dennoch vielleicht nur auf Reichsfürsten beziehen kann, wie solche, nämlich die Bischöfe von Passau und Eichstedt, denn auch 1209 als Zeugen erscheinen. Später werden denn auch hier nur andere Ausdrücke gebraucht; so spricht der Herzog 1225 von den optimates Bavarie, 1237 von den nobiles terre nostre, obwohl Reichsfürsten zugegen sind.[57]

Derselbe Gebrauch ergibt sich wohl für Schwaben, wenn Herzog Friedrich 1185 omnibus principibus et quibuscunque fidelibus sub ducatu nostro degentibus meldet, dass er cum universis principibus totius Sueviae zu Gericht gesessen habe, oder 1187 tam presentibus quam etiam in posterum fidelibus et precipue totius Suevie principibus einen a principibus et ministerialibus ducatus nostri gefundenen Spruch kundgibt[58]; dabei würde doch kaum an Reichsfürsten zu denken sein, auch abgesehen davon, dass die in jenen Urkunden den schwäbischen Fürsten zugezählten Grossen sich nach Massgabe späterer Erörterungen zum grossen Theil nicht als zum Reichsfürstenstande gehörig erweisen würden.

Der Erzbischof von Mainz bestimmt 1090, dass wenn er die dem Kloster Kamberg gewährten Freiheiten verletze, der Abt ihn zunächst per principalem prepositum ceterosque principes meos abmahnen solle[59]; nach dem Zusammenhange scheinen darunter zunächst nur die höchsten geistlichen Würdenträger zu verstehen zu sein. Was Köln betrifft, so urkundet der Erzbischof 1140 consilio priorum suorum, principum, hominum et ministerialium und 1172 wird eine Gladbacher Urkunde ausgestellt presente domino Ph. Coloniensi archiepiscopo et A. comite de Molbach et H. comite de Chesle et T. de Milindunch et aliis terre principibus.[60] Nicht hieher gehört eine mehrfach angezogene Stelle in Urkunde des Abts von Korvei von 1120: cum me nunc per principes et ceteros homines meos, nunc per ministeriales meos nimium sollicitaret[61]; es ist unzweifelhaft von Reichsfürsten die Rede, welche Vasallen des Abts waren.

[40] 18 Jedenfalls finden sich solche Stellen gegenüber dem häufigern Gebrauch der gleichbedeutenden Ausdrücke nur vereinzelt und es ist wohl anzunehmen, dass man den Ausdruck in dieser Beziehung vermied, weil Principes schlechtweg wohl schon im zwölften Jahrhunderte zunächst nur die Reichsfürsten bezeichnete. Insbesondere möchte es beachtenswerth sein, dass im Lande Sachsen, wo nach manchen näher zu erörternden Anhaltspunkten sich der Begriff des Reichsfürstenstandes schon früh besonders scharf ausgebildet zu haben scheint, sich, so weit ich sehe, kein Beispiel findet, dass der Herzog von Sachsen von seinen Principes spräche oder dass von den Principes irgend eines Bisthums oder einer Markgrafschaft die Rede wäre. Auch das ist zu beachten, dass kaum eine der angeführten Stellen über das Ende des zwölften Jahrhunderts hinausreicht; selbst in den lotharingischen Reichstheilen, wo er doch am verbreitetsten war, hört der Gebrauch, Grosse in Beziehung auf einen kleinern staatlichen Kreis als Principes zu bezeichnen, um diese Zeit auf, was mit spätern Ergebnissen stimmen wird.

19 Eine Ausnahme bildet jedoch Böhmen. Gewöhnlich werden auch in den slavischen Reichstheilen die Grossen als Barone bezeichnet, so in Pommern[62], in Schlesien[63], in Mähren.[64] Auch in Böhmen scheint es für die ältere Zeit ein ganz vereinzelter Fall zu sein, wenn 1088 K. Wratislaw sagt: fratribus meis assentientibus ceterisque tam Bohemie quam Moravie principibus.[65] Mehrfach findet sich im zwölften und auch noch im dreizehnten Jahrhunderte der Ausdruck Primates, vereinzelt auch Proceres Bohemie; aber am häufigsten nannte man auch hier zumal im dreizehnten Jahrhunderte mit Vermeidung von Ausdrücken, welche der Sprachgebrauch zunächst nur auf Reichsfürsten bezog, die Grossen Barones oder auch Nobiles[66]; selbst bei Hervorhebung der angesehensten: maiores barones regni nostri[67]; die Reichskanzlei bezeichnet sie 1216 als universitas magnatum et nobilium Bohemie.[68]

Dagegen finden wir seit dem Ende des dreizehnten Jahrhunderts von den Baronen eine höher stehende Klasse der Grossen als böhmische Fürsten sehr bestimmt unterschieden. So finden wir in königlichen Urkunden 1295 und 1297 den Probst von Wissehrad, 1298 den Bischof von Olmütz als princeps noster dilectus, 1313 die Bischöfe von Prag und Olmütz als principes – regni Bohemiae bezeichnet[69]; in allgemeinerer Fassung heisst es 1307: regni Boemie principes, magnates, barones et nobiles; 1319: principes, barones, praelati et nobiles regni Boemiae[70] Noch in der Urkunde, mit welcher 1289 Herzog Kasimir von Oppeln die Reihe der schlesischen Lehnsauftragungen an Böhmen eröffnet, heisst es: tanquam vester vasallus fidelis sive baro [41] regni Boemiae[71]; dagegen heisst es in den Auftragungen aus der Zeit K. Johanns immer in sehr bestimmten Ausdrücken: velut princeps regni Boemiae – princeps et vasallus suus – regis et regni Boemiae principes et vasalli – oder ähnlich.[72] 1339 wird auch Herzog Wenzel von Masovien Lehnsmann des Königs: velut princeps et fidelis suus et regnorum suorum Boemiae et Poloniae.[73] Der Bischof von Breslau wird 1346 von König Johann als princeps noster dilectus bezeichnet; von seiner Kirche heisst es 1382: quae est in regno nostro predicto (Bohemiae) principatus insignis.[74] Dass es sich hier um ein scharf ausgeprägtes staatsrechtliches Verhältniss handelte, zeigt sich insbesondere unter Karl IV., welcher die böhmischen Fürsten oft sehr bestimmt als solche bezeichnet, obwohl er zugleich Kaiser war; so 1347: omnes regni nostri Bohemiae et Moraviae principes ecclesiasticos et saeculares, barones et praelatos; 1348: venerabiles archiepiscopus Pragensis, Olomucensis, Vratislaviensis, Lithomischelensis episcopi, nec non illustres Johannes Carinthiae, – ac Nicolaus Oppaviae et Ratiboriae duces caeteriquae praelati, duces, principes, barones, proceres et nobiles regni nostri Bohemiae; 1355: illustres B. Swinicensis, C. Olmucensis, B. Falkenburgensis, B. Opulensis et P. Teschinensis duces principes regni nostri Boemie; 1365: te devotum nostrum carissimum et universos successores tuos Olomucenses episcopos, praefati regni nostri et corone Boemie principes.[75] Neben den Reichsfürsten hebt er sie hervor 1372: et alii quam plures nostri et sacri Romani imperii ac regni et corone Bohemie principes, barones, proceres pariter et fideles.[76] Und 1355 geben einzelne Kurfürsten ihre Willebriefe zur Vereinigung von Breslau und ganz Schlesien mit Böhmen, welche der Kaiser vorgenommen habe im Hinblicke auf die Mühe, welche seine Vorgänger gehabt: ad obtinendum subieccionem, vasallagium et obedientiam illustrium principum, dominorum Slezie et Polonie ducum, videlicet Lignicensis, Bregensis, Munsterbergensis, Olsnensis, Glogoviensis, Saganensis, Opuliensis, Falkenbergensis, Strelicensis, Tesschinensis, Coslensis, Bithumiensis, Stinaviensis et Oswecinensis, principatus Mazovie et ducatus in Plotzk, principum et fidelium eiusdem domini nostri imperatoris tanquam regis Boemie.[77] Aber nur auf die angesehensten Kronvasallen bezog sich der Titel; für die niedern Ranges wurden die früheren Ausdrücke gebraucht z. B. 1352: consilio nonnullorum baronum et procerum regni nostri Boemie.[78] In wie weit diese böhmischen Fürsten zugleich Reichsfürsten waren, welche besondern Umstände hier ein Abweichen von dem sonstigen Gebrauche bewirken mochten, wird später zu erörtern sein; ebenso werden wir auf das [42] zurückkommen, was uns über die Erhebung zu böhmischen Fürsten bekannt ist.

20 Ganz vereinzelt finden sich endlich österreichische Fürsten erwähnt in einzelnen Urkunden Herzog Rudolfs IV. Im J. 1365 nennt er die Bischöfe von Freising, Brixen und Gurk unsere lieben Fürsten[79]; ebenso ist in der Stiftungsurkunde der Universität Wien mehrfach die Rede von nostris principibus ecclesiasticis vel secularibus, marchionibus, comitibus, baronibus, proceribus, ministerialibus, militibus vel ceteris nobilibus.[80] Auch findet sich die Nachricht, für welche mir freilich eine urkundliche Bestätigung nicht bekannt geworden ist, dass er den Probst von S. Stefan zum Fürsten erhoben habe.[81] Wir werden noch mehrfach auf Titel und Ausdrücke in Urkunden Rudolfs hinzuweisen haben, welche sich mit den anderweitig festgestellten staatsrechtlichen Verhältnissen nicht vereinigen lassen; sie gehören in die Reihe seiner Versuche, dem durch das Aufkommen der Kurfürsten in die zweite Reihe der Fürsten zurückgedrängten Oesterreich eine dem Machtverhältnisse entsprechende Vorzugsstellung im Reiche zu gewinnen. Hatte er dabei, wie nicht zu bezweifeln sein dürfte, vielfach die bevorzugte Stellung Böhmens als Vorbild im Auge, so wird das insbesondere auch hier der Fall gewesen sein, da nur in Böhmen ein entsprechendes Verhältniss bestand.

Anmerkungen der Vorlage

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  1. Belege bei Ducange ad v. princeps.
  2. Miraeus 1, 362.
  3. Dreger 165.
  4. Neugart 1, 485.
  5. Gallia chr. 1, 108.
  6. Wyss, Zürich. Urk. 38.
  7. Möser 4. 73.
  8. Dunod 2, 615.
  9. Hist. de Dauph. 2, 299. Lünig c. d. It. 1, 648. Guichenon h. de Bresse. 123.
  10. Miraeus 1, 362. 2, 1153. 4, 201.
  11. Gall. chr. 3, 22. Miraeus 1, 268. 517. 678.
  12. M. G. 9, 496.
  13. ed. du Chasteler 55.
  14. Kluit 2, 173. 204.
  15. C. Wibald. ep. 279. Reiffenberg 1, 131.
  16. Calmet 2. 334. Hontheim I, 569. 364.
  17. M. G. 10, 200. 252.
  18. Miraeus 1, 779.
  19. Miraeus 1, 60. 2, 1147.
  20. l. c. 1, 521.
  21. l. c. 2, 1141.
  22. l. c. 1, 152.
  23. l. c. 1, 393. 659. 704. 4, 179.
  24. 1101-1176: l. c. 4, 188. 3, 349. Hugo 2, 684. 685.
  25. Miraeus 1, 77. 1. 375. 2, 1164.
  26. Calmet 2, 363.
  27. UB. d. L. ob d. Enns. 2, 97. 114.
  28. Erath 88.
  29. Lacombl. 1, n. 375.
  30. Raumer n. 1306.
  31. R. Boic. 1, 271. Wirtemb. UB. 2, 161.
  32. M. G. 4, 164.
  33. Muratori ant. 5, 641.
  34. z. B. 867: Gall. chr. 1, 89.
  35. 1143. 1155: Gall. chr. 1, 97. 148.
  36. 1189 u. s. w.: Wurstemberger 4, 14. 15. M. Patr. 1, 981.
  37. 1133: Chevalier 1, 323.
  38. Schöpflin A. D. 226.
  39. Ungedr. Urk.
  40. Koken Beitr. 180. Scheidt 503.
  41. Or. Guelf. 3, 532.
  42. Stälin 2, 647. Niesert US. 4, 131.
  43. Guden 1, 118.
  44. M. B. 11, 177. R. Boic. 1, 128.
  45. Ludew. rel. 2, 430. M.G. 4, 209. Dipl. Stir. 1, 71.
  46. Schannat H. W. 2, 62. Gallia chr. 12, 382. Seibertz 1, 84. UB. d. L. ob d. Enns. 2, 383.
  47. Dipl. Stir. 1, 160. 184. Seibertz 1, 104. Muratori ant. 1, 340.
  48. Lacombl. 1, n. 443.
  49. Hund 1, 89. Meichelbeck, 1b, 429.
  50. M. B. 28b. 94.
  51. Pez c. d. 1, 322.
  52. M. B. 29b, 59. vgl. 54.
  53. M. B. 13, 169.
  54. M. B. 3, 456.
  55. M. B. 9, 568.
  56. M. B. 22, 202. 11, 182.
  57. Quellen u. Erört. 5, 36. M. B. 13, 207.
  58. Herrgott 2, 197. M. B. 23, 4.
  59. Guden 1, 30.
  60. Lacombl. 1, n. 341. 443.
  61. C. d. Westf. 1, 147.
  62. 1176 u. s. w.: Dreger 22 u. s. w.
  63. 1230 u. s. w.: Tschoppe 291. 306. Stenzel 38. 61. 128 u. s. w.
  64. Vgl. Erben 757.
  65. C. d. Morav. 1, 183.
  66. Nachweise bei Erben 713.
  67. C. d. Mor. 2, 123.
  68. l. c. 2, 88.
  69. l. c. 5, 30. 71. 95. Henneb. UB 1, 55.
  70. Palacky Formelb. 327. C. d. Lus. sup. 1, 168.
  71. Ludew. rel. 11, 327.
  72. l. c. 11, 373. 379. 380. 5, 540. 541. 542. 609. 631.
  73. l. c. 5, 605.
  74. Stenzel 303. Lünig 20, 1186.
  75. Schannat vind. 2, 129. Lünig 6b, 23. Ludew. rel. 5, 455. Pelzel Karl. 338.
  76. Wilkii Tic. 247.
  77. Riedel 2, 387. Würdtwein n. s. 7, 232.
  78. Pelzel Karl 181.
  79. Lünig 17, 792.
  80. Schrötter 4, 262.
  81. Gebhardi 1, 293.


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