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Verschiedene: Die Gartenlaube (1878)

ein Dutzend Bewerberinnen auf ihren Büchern hat, daß die meist unbemittelte deutsche Lehrerin oft genug Wochen, ja Monate auf eigene Kosten in London leben muß, ehe sie eine Stelle findet – das steht nicht in den Zeitungen; ebenso wenig, wie elend die „Homes“ meistens sind und in was für unangenehme Gesellschaft die Lehrerin oft genug dort geräth, wo sie für ihr sauer erworbenes Geld kaum anständig gespeist wird.

Die Agentin und die „Homes“ überflüssig zu machen, dazu haben die deutschen Lehrerinnen sich vereint, sie streben gemeinsam nach Befreiung von einem Uebel, das ebenso entwürdigend wie drückend für ihren Stand ist. Der Gedanke der Selbsthülfe hat solchen Anklang gefunden, daß der Verein sich der lebhaftesten Theilnahme erfreut. Deutsche und englische Künstler, Herr Joachim an der Spitze, gaben im Mai ein Concert zu seinem Besten und legten damit den Grund für das zu errichtende „Daheim deutscher Lehrerinnen“. Unser Kaiser und andere fürstliche und Privatpersonen haben namhafte Beisteuern gesandt; viele Ehrenmitglieder zahlen jährliche Beiträge, und so hofft man bald im Stande zu sein, ein Vereins-Daheim eröffnen zu können. Bis jetzt hat der Verein nur ein Nachweisungsbureau, 12 Wyndham Place, Bryanston Square, London, wo ein Mitglied, Fräulein Maulere, als Secretärin des Vereins, die Vermittlung zwischen den Familien und den Stellesuchenden übernimmt. Ein anderes Mitglied besorgt die Versendung der im Verein gehaltenen deutschen Zeitschriften, und ein drittes Mitglied leitet als Rechnungsführerin, unter gütiger Mitwirkung zweier in London wohnender Herren, die Geldgeschäfte. Jedes Mitglied zahlt einen Beitrag von fünf Mark und bei Annahme einer Stelle zwei Procent an die Krankenkasse des Vereins, zum Vortheil bedürftiger Lehrerinnen. Die Verwaltung des Ganzen liegt in den Händen eines Rathes von sieben Damen, für deren Wohlberathensein der schnelle Aufschwung des Vereins, das beste Zeugniß ablegt.

Jetzt handelt es sich darum, dem Vereine auch außerhalb Englands einen Wirkungskreis zu schaffen. Tausende von deutschen Familien leben in allen Welttheilen zerstreut, und viele würden gewiß gern eine deutsche Lehrerin bei sich aufnehmen, wenn sie die Garantie hätten, eine wirklich gediegen vorgebildete junge Dame zu erhalten. Nun: der Verein deutscher Lehrerinnen in England bietet sie ihnen. Es werden nur Damen mit den besten Zeugnissen, welche außerdem noch persönlich von einem Mitgliede empfohlen sind, aufgenommen. England ist mit deutschen Lehrerinnen überfüllt. Wenn auch die angesehensten englischen und deutschen Familien hier, deren Damen als Ehrenmitglieder an der Spitze des Vereins stehen, ihre Lehrerinnen durch denselben beziehen, so reicht dies nicht aus, um alle Stellesuchenden unterzubringen. Darum an alle im Auslande lebenden Deutschen und Nichtdeutschen die Aufforderung, den „Verein deutscher Lehrerinnen in England“ fördern zu helfen und ihm die Unterstützung von Seiten der Familien zu gewähren, wie sie ihm so reichlich in England geschenkt wird.

C. E. Hartwig.


Für Mütter. Wichtige Kleinigkeiten. Diesmal zunächst etwas über Klystierspritzen. Das jetzige Geschlecht ist im Durchschnitt leider auf künstliche Ernährung angewiesen; im Anfang Kuh- oder Schweizermilch in genau bestimmter Verdünnung, später ein Zusatz von Nestle-Mehl, das sind die gebräuchlichen Ersatzmittel der Muttermilch, ohne sie jedoch vollständig ersetzen zu können. Verdauungsstörungen finden sich beinahe immer, Trägheit der Därme, langsamere Fortbewegung des Inhaltes, verbünden mit Aufgetriebenheit des Leibes sowie hartem Stuhlgang und Verstopfung durch stärkere Aufsaugung der wässrigen Bestandtheile, sind die fast regelmäßige Folge, nur unterbrochen durch Diarrhöen, welche durch die in Gährung gerathenen Massen entstanden sind. Gegen diese fortdauernde Verstopfung erweist sich das Klystier als das einfachste und unschädlichste Mittel. Der Darminhalt wird durch Anwendung desselben erweicht und dadurch eine raschere Bewegung desselben angeregt. –

Wie soll nun das Klystier gegeben werden? Hier müssen wir vor Allem auf einen Fehler aufmerksam machen, welcher von uns bisher an jeder Spritze gefunden wurde. Wir meinen die Anwendung eines festen Hornansatzes, welcher auf das Ende der Spritze gesteckt und in den Darm eingeführt wird. Dies Einführen der harten unnachgiebigen Spitze ist, vorzüglich in ungeübten Händen, nichts weniger als ungefährlich; Verletzungen, ja Durchstoßungen der Darmschleimhaut oder ihrer Falten sind als eine Folge der Benutzung solcher Hornansätze öfter beobachtet. Man lasse sich beim Kauf der Spritze daher stets einen nicht zu kurzen, dünnen biegsamen Ansatz mitgeben, welcher, gut eingeölt, drei bis vier Centimeter weit eingeführt, keine Verletzungen verursachen kann. Das Kind liegt dabei auf dem Leibe und bleibt auch noch eine Zeitlang zugedeckt in dieser Lage. Ferner hüte man sich, zu viel einzuspritzen, mehrere Eßlöffel von reinem lauem Wasser genügen vollständig; nur bei stärkerer Verstopfung versetze man dasselbe mit gewöhnlichem Oele. Der Nützlichkeit des Klystiers bei Diarrhöen wurde schon früher, namentlich von unserem Bock, mehrfach Erwähnung gethan. Ein Wasserklystier oder einige innerlich gegebene Theelöffel Ricinusöl entleeren zuerst die vorhandenen gährenden Massen, während gekochte Stärke später die entzündeten sich zu heftig bewegenden Därme beruhigt. – Die in letzter Zeit sehr in Aufnahme gekommenen Druckspritzen mit Schläuchen können wir für die Kinderpraxis nicht empfehlen; es wird theils leicht zu viel eingespritzt und lassen sich andererseits medicamentöse Stoffe oder Stärkeklystiere schwer anwenden. Die Furcht, daß ein Kind bei öfterer Wiederholung sich an das Klystier gewöhne, ist unberechtigt.

Soviel über das Klystier! Nun noch einige Worte über eine kleine sehr verbreitete Unsitte. Die kleinen Familienmitglieder pflegen in der Frühe ziemlich zeitig zu erwachen und äußern dann meist ziemlich kräftig ihr Verlangen aufzustehen. Diesem Wunsche wird auch gewillfahrtet; oberflächlich angekleidet werden die Kleinen oft eine geraume Zeit sich selbst überlassen, bis genügende Zeit vorhanden, um mit Ruhe das Baden oder die große Wäsche vorzunehmen. Wir müssen in diesem Verfahren die Quelle häufiger Erkältungen suchen. Die Bettwärme hat die Blutgefäße der Haut erweitert; noch warm kommen die Kinder in die kältere oft zugige Zimmerluft – was Wunder, wenn eine Verkühlung eintritt, das Blut nach den inneren Organen getrieben wird und vorzüglich bei reizbarem Körper Lungenentzündungen und Katarrhe entstehen. Wir rathen daher jeder Mutter direct beim Herausnehmen des Kindes mit einem in abgestandenes kaltes Wasser getauchten Lappen oder Schwamm rasch über Gesicht, Hals, Brust und Rücken desselben wegzufahren und darauf die so befeuchteten Körpertheile gehörig abzutrocknen. Das Kind wird auf diese Weise abgehärtet und gegen Erkältung gefeit.

Dr. –a.–


„Hinaus in die Ferne!“ Reisehandbücher sind ein fruchtbarer Literaturzweig der Gegenwart geworden, seitdem der Dampf Wagen und Schiffe bewegt und alle Entfernungen, die er beherrscht, uns um das Acht- bis Zehnfache verkürzt hat. Früher zählte man diejenigen welche „reisen konnten“, zu den Ausnahmen jedes Orts, jetzt sind’s diejenigen, welche immer daheim bleiben; so ist das Reisehandbuch zugleich ein Erzeugniß und ein Bedürfniß dieser durch den Dampf gehobenen neuen Zeit geworden. – Die beiden Hauptpfleger dieser Branche, Bädeker und Meyer, bedürfen für ihre Reisebücher keiner Empfehlung; dagegen sind wir unserem Publicum die Aufmerksamkeit schuldig, auf wesentliche Verbesserungen der letzteren hinzuweisen. Von den Meyer’schen, die uns vorliegen und die in die größeren „Führer“ und die kleinen „Wegweiser“ zerfallen, sind die „Führer“ durch Italien auf sechs Bändchen, je zwei für Ober-, Unter- und Mittelitalien, angewachsen; daneben steht der „Wegweiser“: Italien in fünfzig Tagen. In Frankreich theilen sich zwei „Führer“: der für Paris mit Nordfrankreich und der für Südfrankreich. Großbritannien und die Schweiz nehmen je einen, aber einen starken „Führer“ in Anspruch; für die Schweiz steht noch ein „Wegweiser“ bereit. Oesterreich, das bisher nur durch „Wien“ vertreten war, findet in dem ganz neuen „Führer“ durch die „Deutschen Alpen“ besondere Beachtung hinsichtlich aller seiner Alpenländer. Mit demselben ist nun auch Deutschland in sechs Bänden vertreten, von welchen zwei auf Norddeutschland und je einer noch auf Süddeutschland, die Rheinlande und Thüringen kommt und die zusammen nicht weniger als hundertvier Karten, siebenzig Pläne, vierunddreißig Panoramen und zweihundertdreiundvierzig Ansichten in Stahlstich und Holzschnitt enthalten. Neben diesen „Führern“ stehen den Reisenden noch die vier „Wegweiser“ durch Thüringen, durch den Harz, durch das Riesengebirge und durch den Schwarzwald, Odenwald, die Bergstraße und Heidelberg zu Gebote. – Von anderen empfehlenswerthen Reisewerken nennen wir vorläufig noch folgende: Dr. Eduard Amthor hat der in seinem Verlage erschienenen vierten verbesserten und vermehrten Auflage seines schon 1868 in der „Gartenlaube“ ausführlich besprochenen „Tirolerführers“ eine Kunstbeilage von dreiundzwanzig Blättern, Karten, Panoramen und Stadtplänen beigefügt. An seinen und Jabornegg’s „Kärnterführer“ schließen sich ergänzend Tom. Koschat’s „Dorfbilder aus Kärnten“ (Leipzig, Leuckart) an, der auch den dortigen Volksgesang, den schönsten der Alpenwelt, mit Glück pflegt. – Als vortreffliche, wenn auch nicht neueste Bücher verdienen Adolph Bühler’s „Historisch-topographischer Führer durch Salzburg“ (Reichenhall, H. Bühler) und Dr. C. A. Scherner’s „Tatra-Führer“ (zwei Bändchen, Breslau. A. Kiepert) genannt zu werden. Endlich schließt der Prager Professor Moritz Willkomm der Reiselust auch den „Böhmerwald“ (Prag, C. Bellmann) in einem zwar bescheiden illustrirten, aber mit sichtlicher Liebe zum Gegenstand geschriebenen Werkchen auf.

Fr. Hfm.


Noch einmal „Heil Dir im Siegerkranz!“ Unter Anknüpfung an unsern kleinen Artikel über die Entstehung des Liedes „Heil Dir im Siegerkranz“ erhalten wir von unserm alten Mitarbeiter Theodor Drobisch die nachfolgenden historischen Daten zu dem Thema.

„Das Lied,“ schreibt uns der Genannte, „wurde zum ersten Male im Jahre 1795 im Nationaltheater zu Berlin gesungen. Was die Melodie betrifft, so wird behauptet, Henry Carrey habe sie am Vorabend der Insurrection zu Gunsten des Kronprätendenten Jacob Stuart von 1715 componirt. Der Aufstand schlug fehl, und die Melodie schlummerte bis zum Siege des Admirals Vernow 1740, wo der Componist bei einem Gelage das Lied sang, doch statt Jacob’s den Namen Georg setzte. 1745 ließ es Dr. Arne, als ein neuer Kronprätendent auftrat, im Drurylane-Theater zum ersten Male singen. 1743 starb der Componist. Die Franzosen behaupten, daß Cally (1697 in Paris) ein Lied: ‚Grand Dieu sauvez le Roi!‘ für die Schüler in St. Cyr componirt, und daß Händel die Melodie desselben im Jahre 1714 für Georg den Ersten arrangirt und den Text ‚God save the King‘ veranlaßt habe.



Kleiner Briefkasten.

Vielen Fragestellern zur Antwort, daß das längst verheißene Lebensbild des unvergeßlichen Begründers der „Gartenlaube“ in einer der allernächsten Nummern unseres Blattes erscheinen wird.

A. M. in Berlin. Allerdings! Durch jede Buchhaltung.

Junges Menschenkind! Lernen Sie etwas Tüchtiges und vertreiben Sie sich die Zeit mit Besserem, als mit Reimeschmieden, das nur der Eitelkeit schmeicheln, aber Sie schwerlich glücklich machen wird! Man kann auf der Welt gar nichts Unnützeres treiben, als die Millionen der schlechten Verse noch zu vermehren. Die besten Wünsche!

Fr. v. M. in Str. Wenn Sie es ernst mit dem Wunsche nehmen, sich der Krankenpflege zu widmen, so bietet sich Ihnen besonders vortheilhaft die neue Anstalt in Bremen, in welcher Damen jeden Standes praktisch und theoretisch zu Krankenpflegerinnen ausgebildet werden. Die Oberin ist Fräulein Louise Meyer aus Lippstadt, der dirigirende Arzt der Anstalt Dr. Goering.


Verantwortlicher Redacteur Dr. Ernst Ziel in Leipzig. – Verlag von Ernst Keil in Leipzig. – Druck von Alexander Wiede in Leipzig.
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Verschiedene: Die Gartenlaube (1878). Leipzig: Ernst Keil, 1878, Seite 552. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1878)_552.jpg&oldid=- (Version vom 9.9.2019)