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Verschiedene: Die Gartenlaube (1875)

als im Wetteifer, verschiedene schwer auszusprechende und richtig orthographisch zu schreibende Wörter schnell und recht zu buchstabiren, während das Publicum sich über die Fehler und Böcke der Buchstabirenden köstlich amüsirt. An dieser Posse nehmen höhere und Subalternbeamte, Geistliche, Lehrer und Lehrerinnen, Journalisten, Schriftsetzer und Andere theil, bei deren Beruf die Orthographie etwas zu bedeuten hat.

Bei einem solchen Wettkampfe am Regierungssitze zu Washington, der unter dem pompösen Namen „National Spelling Match“ (Nationaler Buchstabir-Wettstreit) vor sich ging, präsidirte der Staatssecretär, und verschiedene höhere Beamte und Staatsmänner (?) fungirten als Beisitzer.

Da ward einer gewissen Miß das Wort „Alchymy“ aufgegeben zu buchstabiren. Sie buchstabirte „Alchemy“, und einer der Schiedsrichter entschied, daß dies nicht richtig sei. Die Buchstabirerin wurde aber von ihren Kolleginnen eifrigst aufgefordert, zu „apelliren“. Die beiden Autoritäten „Webster’s“ und Worcester’s“ (Wörterbücher) wurden nachgeschlagen, und beide entschieden für die Miß. Dann ging ein langer Streit zwischen einigen Herren über das Wörtchen c-y-s-t (Sackgeschwulst) vor sich, wobei es sich fragte, ob es so oder s-y-s-t buchstabirt werden müsse. Der Streit über diesen wichtigen Punkt war hitzig, doch endlich einigten sich die Kämpfer dahin, die Autoritäten entscheiden zu lassen. Als aus denselben aber sich ergab, daß sowohl Worcester, wie Webster die Leseart c-y-s-t hatte, da entstand im Publicum zu Gunsten des Siegers ein endloser Applaus.

Dann bekam eine Dame das Wort „Britannia“ zu buchstabieren. Sie that es mit zwei n und der Schiedsrichter meinte, ein n wäre zu viel. Die Buchstabirerin entschuldigte sich damit, daß Sie mit dem Worte das Metall, nicht das Land gemeint habe. Aber der ebenfalls bei dem Streite betheiligte Bibliothekar des Congresses meinte, daß beide Wörter gleich geschrieben würden. Unterdessen hatte Einer in den Webster geguckt, und zwei n gefunden, was unter dem Publicum eine große Sensation erregte, die bis auf’s Aeußerste stieg, als sich herausstellte, daß auch Worcester damit übereinstimmte. Einer der Herren gab dann einer schönen Dame das Wort „Papillote“ auf. Die Dame aber wußte gar nicht, was mit diesem Worte gemeint wäre, jedenfalls aber habe sie die Sache, die ihr erklärt wurde, nie unter dieser Benennung kennen gelernt. Der Aufgeber vertheidigte seine Aufgabe und meinte „er halte es für ein gutes Wort.“ Allein die Autoritäten wußten nichts von dessen Existenz. Die Dame lächelte ob ihres Sieges; ihr Gegner aber ließ sie nicht so leicht los und gab ihr auf „pannier“ (Brodkorb) zu buchstabiren, Wenn Sie könne. „Ja wohl, mein Herr,“ antwortete sie, buchstabirte p-a- doppel n-i-e-r. „Correct,“ entgegnete ihr Widerpart, und unter großem Applause kehrte die Siegerin zu ihrem Sitze zurück.

Später wetteiferten ein Schriftsetzer und ein Schulmädchen mit einander. „Immer heißer und heißer wurden sie; die Funken flogen von ihrem Stahle; beide waren würdige Kämpfer,“ schrieben die Berichterstatter. Ob ihm der Athem ausging, oder die glänzenden Augen seiner schönen Gegnerin ihn verwirrten, der Schriftsetzer scheiterte an dem verhängnißvollen Worte „meretricious“ (verführerisch), seiner Gegnerin mit dem Seufzer das Feld lassen: „Ich gehe unter, aber glückselig!“ Denn auf sein Ansuchen durfte er der Siegerin den Preis, eine goldene Medaille, überreichen.

Diese kleinen Proben mögen zur Charakterisirung des amerikanischen Vergnügens genügen. Vielleicht wirft der Umstand einiges Licht auf diese sonderbare Liebhaberei, daß das Buchstabiren besonders in den amerikanischen Schulen über alles Maß betrieben wird. Ja, ist die Schulzeit vorüber, so wird diese Beschäftigung auch noch privatim fortgesetzt. Der Amerikaner buchstabirt durch’s ganze Leben, und die Buchstabirfieber sind eben nur Massenentladungen dieser landläufigen Gewohnheit.

D.




Ein originelles Bittgesuch an den Fürsten Blücher, aus dem Jahre 1815.

„Allerunüberwindlicher Feldmarschall!
General, Herr General vorwärts Excellenz!
Liebwerthester Herr Blücher!

Verzeihen Sie, Exellenz, liebwerthester Herr Blücher, General vorwärts, daß ich als unzeitige Geburt es wage, an Sie zu schreiben, aber ich kann mir nicht helfen, es ist wegen meinen Traugott; ich bitte Sie um alles in der Welt, liebster Herr Blücher, Exellenz General vorwärts, was ist das für eine infame Confusion mit dem Feldpostamt, ich habe meinen Traugott, bey den Garde Jägern, er kennt Ewr Exellenz vorwärts genau und gut, schon zwey mahl Zulage geschickt, aber er hat nichts bekommen.

Ich bitte Ewr Exellenz demüthigst, corrigiren Sie die Kerls doch einmahl, aber nach alter Preuß. Manier; Sie verstehen schon, wie ichs meine, das wird gewiß helfen, denn es ist um die Schwernoth zu kriegen, wenn man den Kindern, die fürs Vaterland streiten, was schickt, und sie nichts bekommen.

Ewr Exellenz werden den Kerls doch wohl ein Donnerwetter aus den Hals schicken, deshalb habe ich es Ihnen geschrieben, denn ich weiß schon, daß mit dem alten nicht viel zu spaßen ist. Ewr Exellenz unüberwindlicher Feldmarschall, General vorwärts genannt, liebwerthester HErr Blücher, ich verbleibe Ihr unterthänigster,

Schornsteinfeger Matthias Keller
     zu Schweidenitz 1815.     

NB. Wenn Sie meinen Traugott sehen, so bitte ich Ihn unbeschwert zu grüßen, aber schenken Sie ihm nichts, denn ich habe ihn immer zur Ordnung angehalten. Na, adjeu.“

Das Original dieses Bittgesuchs befindet sich im Besitze des Gastwirths Kühnbaum („Deutsches Haus“) in Garz an der Oder. Der Großonkel des etc. Kühnbaum war Adjutant des Fürsten Blücher, und auf diese Weise ist der Brief in der Familie vererbt worden.




Hermann Grieben, unsern Lesern durch die beiden Gedichte „Herman Grijn’s Kampf mit dem Löwen“ (Nr. 26, 1874) und „Die Geschichte von der Schwiegermutter“ (Nr. 40, 1874) bekannt, sendet dem Herausgeber unseres Blattes seine jüngst erschienenen „Gesammelten Gedichte“ (Heilbronn, Henniger) mit folgender poetischer Zuschrift:

Hochgeschätzter Herr! Sie haben
     Ihren Lesern in der Welt
Neulich ein’ge kleine Gaben
     Meiner Muse vorgestellt.
Mit „gesammelten Gedichten“
     Komm ich heut’ und möcht’ an Sie
Die bescheid’ne Bitte richten,
     Doch zu prüfen, ob und wie
Sie – gleichviel als Saft der Traube
     Oder als gegohrner Wein –
Wohl der Welt der „Gartenlaube“
     Dürften zu empfehlen sein.

Köln, Pfingsten 1875.

Hermann Grieben.

Es sei uns gestattet, unsere Leser durch nachstehende versificirte Antwort auf die anmuthige Gedichtsammlung aufmerksam zu machen:

An Hermann Grieben.

Wer schon längst der „Gartenlaube“
     Sich so frisch und keck empfahl,
Findet willige, nicht taube
     Ohren heut’ und allemal.
Haben wir doch froh empfunden,
     Wie von Deiner „Burschenzeit“
Bis zu Deinen „Vagabunden“
     Lied und Lust Dein treu Geleit.
Glaubt’s bei Allen, die da lieben
     Frische Kost und frischen Wein,
Wird der Dichter Hermann Grieben
     Jederzeit willkommen sein.

Leipzig im Juli 1875.

Die Redaction der „Gartenlaube“.




Berichtigung. In Nr. 24 der Gartenlaube, in dem Aufsatze: „Conrad Deubler’s Alpenhäuschen“, wolle man zur Steuer der Wahrheit folgendes berichtigen. Das Maximum der Strafe in dem erwähnten Processe betrug acht Jahre; die dabei betheiligte Frau wurde zu fünf Jahren verurtheilt, von denen sie zwei verbüßte. Alles übrige bezüglich der Strafen Mitgetheilte ist leider nur zu wahr.




Kleiner Briefkasten.

W. Fr. in New-York. Als das geeignetste Institut zur musikalischen Ausbildung Ihres Freundes können wir Ihnen allerdings mit gutem Gewissen das „Leipziger Conservatorium“ empfehlen. Wenden Sie sich zu diesem Zwecke an Herrn Capellmeister Reinecke! Das Honorar beträgt, so viel wir erfahren, jährlich hundert Thaler, außerdem dürfte der junge Mann für Logis und Kost dreihundert, für Flügelmiethe und Noten-Abonnement fünfzig und für sonstige Ausgaben noch hundertfünfundzwanzig Thaler, im Ganzen also fünf- bis sechshundert Thaler aufzuwenden haben.

Dr. –a–, Verfasser des Artikels „Ein Wahnsinn in der Kinderstube“, ersuchen wir um Angabe seiner augenblicklichen Adresse, da wir ihm bezüglich des erwähnten Beitrages und eingegangener Anfragen interessante Mittheilung zu machen haben.

E. N. in Cottbus. Erhalten, aber nicht zu verwenden.




Zur beliebigen Verwendung für gute Zwecke der Unterstützung sind uns wieder zugegangen: Aus Dillenburg 6 Mark; Ungenannt aus Bülach 20 Mark; aus Eckernförde in Dankbarkeit gegen Gott für Hülfsbedürftige 15 Mark; Dr. Richter in Cottbus (Notizenhonorar) 6 Mark. – Die unterzeichnete Redaction dankt freundlichst für diese Beweise von Vertrauen und hat die Beiträge einem armen kranken Lehrer, dem der Arzt zur Schonung seiner gemarterten Lunge und seines angegriffenen Kehlkopfes eine Cur in einem südlichen Bade verordnet, mit einem weiteren Zuschusse vor einigen Tagen übersandt.

Die Red.




Zum Ehrengeschenk für Arnold Ruge

gingen in Markbeträgen wieder nachfolgende Gaben ein: Einer, der Ruge vor dreiundzwanzig Jahren in Manchester gehört 75. –; Ludwig Trapp in London 25. –; B. R. in Marienburg in dankbarer Erinnerung. –; durch Schichtmeister Neugebauer in Oels von B. B., E. B., M. O., Dr. R., R. A., D. Th., O. D., W. B., R. R. 33. –; Rosenberg 9. –; Bürgermeister Schneider in Zerbst 15. –; Angelo Cavellero de Milan 15. –; Louis Andrae in Köln 18,34[WS 1]. –; T. W: aus Würzburg 30. –; H. Simon in Culmbach 20. –; Kirchner in Leipzig 15. –; Dr. Herm. Schmid in München, durch Redacteur Klee in Freising 12. –; Professor Dr. Mor. Fleischer in Dresden 50. –; Stadtrath Advocat Heubner in Zwickau 20. –; A. F. in Berlin 3. 5;– Paul Apfelstedt in Frankfurt 3. –; Wilhelm Kautschifsch 2 fl. 5 W.; Dr. Theodor Landgraff in Heidelberg 100. –; aus Leipzig: ein zurückgewiesenes Geschenk 150. –.

Die Redaction.



Verantwortlicher Redacteur Ernst Keil in Leipzig. – Verlag von Ernst Keil in Leipzig. – Druck von Alexander Wiede in Leipzig.

Anmerkungen (Wikisource)

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