Sclaverei und Viehzucht bei den Ameisen

Textdaten
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Autor: unbekannt
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Titel: Sclaverei und Viehzucht bei den Ameisen
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 52, S. 823-825
Herausgeber: Ferdinand Stolle
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1860
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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Sclaverei und Viehzucht bei den Ameisen.

Wohin wir blicken, überall herrscht in der Natur das Recht des Stärkeren, allenthalben wird der Schwächere unterdrückt, mißbraucht, vernichtet, wie es eben das Bedürfniß oder die Laune des Gewaltigen erheischt. Selbst die scheinbar wehrlose Pflanze lebt im steten Kampfe mit Ihresgleichen. Im Thierreiche hört dieser Krieg auf Tod und Leben niemals auf, und bei uns Menschen vermag erst die immer mehr sich ausbreitende Gesittung einen rechtlichen, friedlichen Zustand herbeizuführen. Das eben ist die Ursache von dem unaufhörlichen Kampfe der Gewalthaber gegen den geistigen Fortschritt und die moralische Veredelung der Völker, mit welcher dieses permanente Faustrecht völlig unverträglich ist; die rohe Gewalt kämpft eben um ihr historisches Recht. Eine uralte Verwirrung der Begriffe, noch herstammend aus jener Zeit, wo die Menschheit sich geistig kaum über die Thiere erhoben hatte, hat jenen gewaltthätigen Männern, welche ganze Völker zu Mord und Raub führten, wenn sie vom Glücke begünstigt waren, das Prädicat „der Große“ gegeben. Der unwissende Haufe staunt sie an, diese Vertilger der friedlichen Ebenbilder Gottes und ihrer Werke, und Niemand denkt dabei, daß ein solcher Held vielleicht für immer die geistigen Errungenschaften von Jahrhunderten vernichtet hat, um berühmt und mächtig zu werden. Auch unser Jahrhundert ist trotz seiner gerühmten Bildung und Humanität nur zu reich an solchen großen Männern, und was man noch vor wenigen Jahren von friedlichem Fortschritt, von der Unmöglichkeit blutiger Kriege für die Zukunft phantasirte, hat nur zu schnell eine traurige Widerlegung gefunden in den großartigen Schlächtereien der jüngsten Zeit.

Wenn wir als Idealisten darum an der Menschheit verzweifeln möchten, dann gewährt oft noch die Betrachtung der Natur den einzig möglichen Trost; denn sie führt uns auf den thatsächlichen Standpunkt zurück. Wir wollen deshalb einmal untersuchen, ob die Naturwissenschaft derartige Vergewaltungen nicht wenigstens [824] dadurch erträglicher zu machen im Stande ist, daß sie dieselben als Folge eines Naturgesetzes nachweist. Von diesem Gesichtspunkte aus erscheinen uns freilich jene von der gedankenlosen Masse angebeteten Kriegs- und Zwingherren des Menschengeschlechtes, entkleidet von dem Nimbus der wahren Menschenwürde, kaum auf höherer sittlicher Stufe, als jene Raubthiere, die aus bloßer Mordlust weit über ihr Nahrungsbedürfniß Alles tödten, was sie erreichen können.

Als der scharfsinnige Beobachter der gesellig lebenden Insecten, Fr. Huber, zuerst bekannt machte, daß die röthliche Ameise (Formica rufescens) die Arbeiterpuppen anderer Ameisenarten raubt, um die daraus erzogenen Jungen zu ihren eigenen häuslichen und auswärtigen Verrichtungen zu benutzen, da war es wohl Niemandem zu verargen, wenn eine so unglaublich scheinende Erzählung als die Ausgeburt einer krankhaften Phantasie angesehen und zu den zahlreichen Fabeln gezählt wurde, welche von Aristoteles und Plinius an bis zum Anfange dieses Jahrhunderts zur Erbauung leichtgläubiger Leser in den Naturgeschichten paradirten und nicht wenig dazu beitrugen, die Wahrheitsliebe der Naturbeschreiber verdächtig zu machen. Als man sich aber endlich doch dazu entschloß, die Sache selbst zu beobachten, wurden Huber’s Wahrnehmungen durch Latreille, Voigt, Hanhart, Schenk und viele Andere in allen ihren Theilen bestätigt und noch vielfach vermehrt. In der neuesten Zeit hat auch der geistreiche Darwin diesem Gegenstande seine Aufmerksamkeit zugewendet, und als Resultat seiner Beobachtungen die völlige Abhängigkeit der röthlichen Ameise von ihren Sclaven bekannt gemacht, so zwar, daß dieselbe noch nicht einmal ohne deren Hülfe fressen könne und dem sicheren Hungertode erliegen müßte, wenn man ihr die Diener nähme, welche, im Puppenzustande geraubt, sich ganz so betragen, als gehörten sie zu dem ihnen doch ursprünglich fremden Staate.

Nach Darwin arbeiten die Männchen und fruchtbaren Weibchen dieser Ameisenart durchaus nichts; sie besorgen nur die Fortpflanzung, die geschlechtslosen Arbeiter aber beschäftigen sich ausschließlich mit dem Raube der Puppen anderer Ameisenarten, wobei sie sich übrigens sehr muthig und thatkräftig benehmen. Nicht einmal ihre Nester können sie selbst bauen, ihre Jungen nicht verpflegen. Ist das alte Nest auf irgend eine Weise unbrauchbar geworden, so erwählen die Sclaven einen passenden Platz für ein neues Nest und schleppen, wenn sie dasselbe fertig gebaut haben, ihre Herren vorsichtig zwischen ihren Kinnladen in die neue Wohnung. – Huber sperrte dreißig röthliche Ameisen mit ihren Larven und Puppen und einer reichlichen Menge des besten Futters ein, ohne ihnen Sclaven beizugeben; sie fütterten weder die Larven, noch fraßen sie selbst, sondern verhungerten größtenteils. Hierauf brachte er einen einzigen Sclaven, eine braune Ameise in den Behälter; dieser begann sogleich die noch lebenden zu füttern, baute einige Zellen für die Larven, verpflegte sie mit der größten Sorgfalt und hielt von nun an den kleinen Staat in der besten Ordnung.

Auch von der blutrothen Ameise, welche in Süd-England, Deutschland und der Schweiz lebt, berichtet Huber, daß sie Puppen anderer Ameisenarten raubt; H. F. Smith und Darwin bestätigen diese Beobachtung. Letzterer öffnete 14 Nesthaufen dieser Ameisenart und fand in jedem derselben schwarzbraune Ameisen als Sclaven, aber immer nur Arbeiter, kein Männchen oder Weibchen, es scheint demnach, daß der Fluch der Sclaverei vorzugsweise auf dieser Ameisenart lastet, obgleich wir später sehen werden, daß auch mehrere andere Arten, wenn auch seltener, diesem Geschicke nicht entgehen können. Diese schwarzbraunen Sclaven sind nur halb so groß, als ihre rothen Herren.

Stört man den Haufen nur ein wenig, so kommen Herren und Diener hervor, um zu sehen, was da vorgeht; hat man dabei auch Puppen aufgescharrt, so eilen Herren und Diener, sie wieder in Sicherheit zu bringen. – In der Regel sieht man die Sclaven nie außer der Wohnung, wo sie nur mit der Pflege der Jungen beschäftigt zu sein scheinen; sie öffnen aber am Morgen und schließen am Abend die Eingänge zu ihrer Wohnung. Das Herbeischleppen von Baumaterial und Futter ist Sache der stärkeren Herren, nur wenn die Diener zahlreich sind, geht ein Theil derselben aus, um Blattläuse zu melken. Diese Ameisenart ist kräftig und tapfer; bei ihren Wanderungen trägt sie die um die Hälfte kleineren schwarz-braunen Sclaven in ihren Freßzangen mit, also das umgekehrte Verhältniß, wie bei der röthlichen Ameise, auch nehmen die Arbeiter ihrer eigenen Art an allen Geschäften des Staates thätigen Antheil. – Schenk fand außer der gewöhnlicheren schwarzbraunen auch noch in geringerer Zahl Sclaven von zwei anderen Arten (F. eunicularia und aliena) in ihren Nestern.

Da die blutrothe Ameise in Deutschland nicht selten, die schwarzbraune aber sehr gemein ist, kann man ihre Raubzüge häufig beobachten. Darwin beschreibt einen Ueberfall eines Haufens der schwarzbraunen Ameise durch blutrothe; der Kampf war mörderisch und endete mit der Niederlage der Angegriffenen. Die Leichen der gebliebenen Feinde wurden von den Siegern in ihre Wohnung getragen, wahrscheinlich um dort gefressen zu werden (denn man findet oft in ihren Nestern zahlreiche Leichen anderer Ameisenarten); die erbeuteten Puppen schleppten sie im Triumphe nach Haus. – Wer denkt bei diesem Auffressen der getödteten Feinde nicht an die Bewohner der Südseeinseln und manche Negerstämme? – Auch die kleine, aber sehr muthige gelbe Ameise wird nach Smith und Schenk zuweilen von der blutrothen zu Sclaven gemacht. Darwin fand einst zwei Nester beider Arten über einander nur durch einen flachen Stein getrennt; beim Aufheben des Steines wurden beide Colonien gestört; es entspann sich ein wüthender Kampf, wobei die blutrothen anfangs vor den Puppen, sogar vor der Erde aus dem Neste der gelben die Flucht ergriffen; erst als die letzteren alle sich entfernt hatten, trugen die ersteren deren zurückgelassene Puppen in den unzerstört gebliebenen Theil ihrer Wohnung.

Eines Abends fand Darwin in der Nähe eines Haufens der blutrothen Ameise eine Anzahl derselben, auf dem Heimwege, Leichen und Puppen der schwarzbraunen Ameise mit sich schleppend. Er verfolgte diesen beutebeladenen Heereszug 40 Ellen weit bis zu einem dichten Haidegebüsche, wo er noch den letzten der Räuber, mit einer Puppe zwischen den Freßzangen, hervorkommen sah. Das zerstörte Nest konnte er jedoch nicht finden; einige schwarzbraune Ameisen liefen in der größten Aufregung umher, eine hing bewegungslos an einem Haidezweige, alle hielten gerettete Puppen im Maule.

Bemerkenswerth ist der Gegensatz in dem Verhältniß dieser beiden Ameisenarten zu ihren Sclaven. Die rötliche Ameise ist von Natur hülflos, und darum von ihren Dienern in Allem abhängig; sie bestimmt weder ihre eigene Wanderungen, noch baut sie selbst ihr Nest, oder wählt auch nur den Platz zu demselben; sie läßt sich sogar von ihnen füttern, und ihre Art würde demnach ohne einen zahlreichen Sclavenstand schnell aussterben, denn ihre einzigen Verrichtungen sind die Fortpflanzung ihres hülflosen Geschlechtes und der Sclavenraub. –

Die blutrothe Ameise dagegen kann auch für sich bestehen; sie findet es aber bequemer, zur Zeit der vermehrten Arbeit sich fremde Hülfe zu verschaffen, darum hat sie auch im Anfange des Sommers nur wenige Sclaven, von da an vermehrt sie aber beständig die Zahl derselben. Die Ausführung der Raubzüge, die Wahl des Ortes zu einer neuen Wohnung sind allein Sache der stärkeren Herren, die überdies auf den Wanderungen die schwächeren und kleineren Sclaven zu tragen pflegen. – Die Erziehung der Jungen und die inneren Arbeiten in der Wohnung, welche weniger Kraft erfordern, fallen diesen anheim, die auch am Morgen die Wohnung öffnen und am Abende schließen müssen. Herren und Sclaven arbeiten aber zusammen, um Baumaterial und Nahrung herbeizuschaffen; das Melken der Blattläuse dagegen ist vorzüglich das Geschäft der Diener.

Für das Denkvermögen dieser Thierchen spricht der Umstand, daß nicht in jedem Lande diese Ameisenarten von ihren Dienern gleiche Hülfe in Anspruch nehmen; in der Schweiz verrichten die Sclaven der blutrothen Ameise, welche dort auch viel zahlreicher sind, als in England, weit mehr Dienste, als dort, und dieser Umstand muß uns wohl auf den Gedanken führen, daß das Sclavenhalten kein angeborner Trieb, sondern das Ergebniß einer zufällig gemachten Beobachtung dieser Insecten sei, indem wohl manche zum Behufe der Nahrung geraubte Puppen in ihrer Wohnung zu Ameisen entwickelt wurden, die sich dann durch Arbeit nützlich machten, woraus später allmählich die Sclaverei hervorging.

Wie läßt sich aber diese Einrichtung bei der so ganz hülflosen röthlichen Ameise erklären? Ist diese Art vielleicht, erst durch das Sclavenhalten bis zu ihrer jetzigen Verkommenheit herabgesunken? etwa wie manche Großen im Oriente, die jedoch außer der Fähigkeit, ihr Geschlecht fortzupflanzen, noch das Vermögen, ohne fremde Beihülfe zu essen, behalten haben. – Andererseits ist aber auch nicht denkbar, daß eine Thierart von Anbeginn an [825] in einer so trostlosen Abhängigkeit könnte gelebt haben, ohne schnell auszusterben. Der jetzige Zustand kann nur ein völlig abnormer sein, eine Folge des Sclavenhaltens; eine ernste Mahnung für das Menschengeschlecht, das freilich daraus so wenig lernen wird, wie aus seiner eigenen Geschichte. Es sind übrigens die beiden erwähnten Ameisenarten keineswegs die einzigen, welche die Puppen anderer rauben, um die aus denselben erzogenen Arbeiter als Sclaven zu benutzen, wir kennen deren bereits mit Sicherheit acht, und es ist diese Sitte vielleicht der ganzen Ameisenfamilie eigen.

Nicht weniger auffallend, als das Sclavenwesen der Ameisen, ist die Art, wie sie die Aussonderungen mancher anderen Insecten benutzen, und die Schonung und Wege, welche sie, die doch ihre eigenen Stammverwandten zu fressen pflegen, diesen ihnen ganz fremden Thieren zu Theil werden lassen; ein Verfahren, das nur mit unserer Viehzucht verglichen werden kann, und das sonst nirgends im ganzen Thierreiche wahrgenommen wird. Vor Allen sind es die Blattläuse, deren süße Aussonderung, bekannt unter dem Namen Honigthau, häufig im Anfange des Sommers die Blätter vieler Bäume mit einem verderblichen Firniß überzieht, und außer manchen anderen Insecten besonders die Ameisen anlockt. Man sieht diese dann in zahlreichen Zügen an den Bäumen auf- und ablaufen und theils von den Blättern den Honigsaft ablecken, noch öfter aber sich auf eine Weise mit den Blattläusen beschäftigen, welche Huber sehr treffend mit dem Melken der Kühe verglichen hat. – Die Blattlaus gibt nämlich aus zwei an ihrem Hintertheile emporgerichteten Röhrchen den erwähnten Honigsaft von sich, und wird von der Ameise durch Kitzeln vermittelst ihrer Fühler zu einer reichlicheren Entleerung derselben veranlaßt, worauf diese sogleich die austretenden Tröpfchen einschlürft.

Darwin beobachtete dieses Melken der Blattläuse, indem er ein Dutzend derselben einsperrte und die Ameisen sorgfältig von ihnen abhielt. Nach einigen Stunden hatte noch keine der Gefangenen Honigsaft ausgeschwitzt; er kitzelte sie nun mit einem Haare am Bauche, wie es die Ameisen mit ihren Fühlern zu thun pflegen, aber es erfolgte auch da keine Absonderung. Endlich ließ er eine einzige Ameise in den Behälter; diese lief begierig von einer Blattlaus zur anderen, und sobald sie mit ihren Fühlern den Bauch derselben berührte, sonderte diese einen Tropfen Honig ab, den die Ameise begierig aufleckte; dasselbe thaten sogar die mittlerweile gebornen noch winzig kleinen Blattläuse. – Dieses Melken ist doch unstreitig das Ergebniß der Erfahrung und eines auf dieselbe gegründeten Schlusses.

Bei einer mexicanischen Ameisenart (Myrmecocystus) findet man außer Männchen und Weibchen noch zwei verschiedene Kasten von Arbeitern oder Geschlechtslosen; die eine derselben arbeitet nicht, und verläßt nie das Nest; sie wird von den eigentlichen Arbeitern gefüttert; dafür aber scheidet sie in ihrem umfangreichen Bauche eine große Menge Honig ab, welcher von den andern Bewohnern des Staates gefressen wird; sie bilden gewissermaßen den Viehstand der Gesellschaft. Dieses Verhältniß ist da noch auffallender, wo ganz fremdartige, mitunter im Vergleiche zu den Ameisen riesengroße Insecten theils aus freiem Willen sich in die Pflege derselben begeben, theils von denselben in ihre Wohnungen geschleppt und dort auf das Sorgfältigste mit allem Nothwendigen versehen werden, wogegen die Ameisen deren Excremente für sich in Anspruch nehmen.

Wir kennen viele Insecten, welche mit einigen oder vielen Ameisenarten in solchem häuslichen Verhältniß stehen. Märkel zählt deren schon 284 auf; es sind darunter Hautflügler, selbst Schlupfwespen, die doch als Larven in anderen Insecten leben, Fliegen, Asseln und zahlreiche Käferarten, von welchen manche ihr Larvenleben nur in den Haufen gewisser Ameisen zubringen. – Sehr auffallend ist die sorgsame Pflege, deren sich die Blattläuse (welche sich von den Wurzelsäften benachbarter Gewächse nähren, oder in Baumnestern von den Säften des jungen Holzes) von Seiten der Arbeitsameisen erfreuen; ihre kleinen schwarzen Eierchen, sowie die ausgebildeten Blattläuse selbst, werden von denselben ebenso sorgfältig gepflegt, hin und her getragen und bei vorkommender Gefahr gerettet, wie ihre eignen Puppen; sie stehen vollkommen in dem Verhältniß unserer Hausthiere.

Was wir hier über das Sclavenwesen und, wenn wir uns des Ausdruckes bedienen dürfen, über die Viehzucht der Ameisen berichtet haben, ist das Ergebniß fleißiger Forschungen wahrheitsliebender Männer, frei von jeglicher Zuthat der Phantasie, die allerdings in der Kindheitsperiode der Naturwissenschaft sich nicht selten erlaubt hat, die Beobachtungen auf Kosten der Wahrheit mit ihren Gebilden auszuschmücken. – Wir dürfen jedoch die betreffenden Untersuchungen noch lange nicht als abgeschlossen betrachten und können gewiß in nicht sehr ferner Zeit über die Lebensweise der Ameisen neue Aufschlüsse erwarten, die das geistige Leben dieser Insecten, sowie der Thiere überhaupt, auf ungleich höherer Stufe werden erscheinen lassen, als die, auf welche eine einseitige Dogmatik, vereint mit dem Uebermuthe der Unwissenheit, sie zu stellen beliebt hat.

Die angeführten Thatsachen als wahr vorausgesetzt (und Jeder kann sie ja leicht selbst beobachten), ist es doch wohl nicht möglich, diesen kleinen Insecten das Denkvermögen abzusprechen, den geistigen Fortschritt zu leugnen, welcher ihre je nach den Umständen mannichfach abgeänderte Handlungsweise so augenscheinlich beurkundet; sie sind offenbar beseelt, wie wir, und wenn wir zwischen ihrer und unserer Seelenthätigkeit einen Vergleich anstellen wollten, so würden wir die Verschiedenheit beider vorzugsweise darin begründet finden, daß ihre Denkobjecte nur materieller, die unserigen auch oft geistiger Art sind, sobald nur erst die Bedürfnisse unseres Körpers ihre Befriedigung gefunden haben.