Textdaten
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Autor: Redaktion, Otto von Corvin
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Titel: Schlachtenbummler
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aus: Die Gartenlaube, Heft 38, S. 627
Herausgeber: Ernst Keil
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Erscheinungsdatum: 1870
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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[627] Schlachtenbummler. Aus dem Schluß des in unserer letzten Nummer abgebrochenen Corvin’schen Briefes, dessen Inhalt inzwischen durch die beiden anderen neueren, heute zum Abdruck gekommenen Schlachtenberichte überholt und darum von uns im Interesse unserer Leser zurückgelegt worden ist, theilen wir folgende bemerkenswerthe Stelle mit:

„Als ich am Tage nach der Schlacht von Rezonville und Gravelotte das Schlachtfeld und die umliegenden Dörfer betrat, wimmelte es in den letzteren noch von Soldaten und Wagen, und fast in jedem Hause sah man die Johanniterfahne; allein Johanniter und Malteser sah man nicht. Diese Herren sitzen lieber in Pont à Mousson im Gasthof de la croix blanche – so lange nämlich das Hauptquartier dort ist – und machen lieber den Raum enge, denn viele unter ihnen haben sich ein Bäuchlein angemästet wie der Doctor Luther. Ich sah dort einen Grafen in Landwehruniform, der sich zu den Johannitern hielt, wie drei gewöhnliche Menschen aß und trank und für vier sich breit machte. Diese exclusiven Herren schienen eins der öffentlichen Gastzimmer als ihr eigenes zu betrachten. Trat ein Fremder ein, so machten sie vornehin ablehnende Gesichter, so daß sich wirklich die meisten abschrecken ließen. Ich nicht; im Gegentheil, mir gewährt es stets großes Gaudium, das Gebahren solcher adeliger Herren zu beobachten. Drei Viertel dieser Johanniter und Malteser hätten ruhig zu Hause bleiben können. Die Herren sind nur im Wege. Einzelne geben sich unendliche Mühe zu nützen, und es gelingt auch manchem, Menschen in knotenmäßig aussehender Ausstaffirung mit Höflichkeit zu behandeln. Aber diese Herren gehören an die Front mit ihrer Hülfe und ihren verschiedenen Corps von Krankenpflegern und Doctoren, dic alle guten Willen haben, aber der Anführung bedürfen. Glauben Sie mir, Sie haben gar keine Ahnung davon, wie schlecht die Verwundeten daran sind, und eine große Menge sterben nur, weil sie in den ersten Stunden keine Erfrischung haben. Sie liegen in den elendesten, dumpfesten Bauernbaracken, und die Aerzte haben oft kaum Wasser genug, ihre lechzenden Lippen zu erfrischen. Dahin gehören auch die ungeheuren Vorräthe aller Art, welche man aus Deutschland sendet, nicht zehn Meilen vom Schlachtfelde in die Lazarethe, denn dort in der Front sind die schwer Verwundeten, die man eben nicht transportiren kann.

Französische Gesellschaften dieser Art – eine sah ich von Rezonville nach Amanvillers – hatten große und bequeme Zelte. In solchen liegen schwer Verwundete weit besser als in den stinkenden Bauernstuben. Ich habe bei all den verschiedenen Krankenpflegergesellschaften unsererseits auch nicht ein einziges solches Zelt gesehen, und die sehr ökonomische preußische Regierung vermeidet solchen Aufwand. Ueberhaupt muß ich gestehen, daß das ganze Sanitäts- und Verpflegungswesen der Armee noch auf seinen Messias harrt. Wenn man diese Einrichtungen in Nordamerika gesehen hat, so ärgert man sich über die Vernachlässigung der gesunden wie kranken Soldaten. Freilich hatte man in Amerika keine Johanniter und keine Krankenpflegercorps, und auf dem Schlachtfelde selbst litten die Verwundeten viel mehr Vernachlässigung als hier; allein sobald man sie einmal hatte, wurden sie reichlich und trefflich verpflegt, und die Sanitary Commission sandte überall hin reichliche Quantitäten von nothwendigen und angenehmen Dingen. Ich denke, für Soldaten, welche sich mit solchem Heldenmuthe schlagen und welche so Uebermenschliches leisten, könnte der Staat immer ein paar Millionen übrig haben.“