Nachricht an eine deutsche Frau
[627] Nachricht an eine deutsche Frau. Es war in Remilly am 17. August. Nach langweiliger Fahrt kamen wir, die Mitglieder einer Sanitätsexpedition aus Heidelberg, auf unserer Bestimmungsreise „gegen Metz“ dort an und mußten, da die Bahn nicht frei war, einen ganzen Morgen dort liegen bleiben. Wir waren hungrig und sahen uns lange vergeblich um, ob für Geld und gute Worte in dem verlassenen Dorfe ein Imbiß aufzutreiben sei. Da entdeckte einer der Unsrigen in dem früheren Bahnwärterhäuschen unfern der Station ein Lebensmittel-Depôt der Johanniter, das zwar nach Aussage nur für Verwundete und „Officiere“ bestimmt war, aus welchem an jenem Morgen jedoch auch so mancher Soldat erquickt wurde. Gleiches können wir auch von uns sagen. Eine dort Hülfe leistende Krankenpflegerin, ein munteres wackeres Mädchen aus dem Hessischen, sorgte für Brod und schnitt uns einige delicate Stücke Schinken dazu ab.
„Ist das nicht ein prachtvoller Schinken?“ sagte sie. „Und sehen Sie doch, welch rührenden Begleitbrief er hatte!“
Es war ein Zettel daran gebunden, auf dem die Worte standen:
„Ich habe mich so sehr auf diesen Schinken gefreut; nun gebe ich ihn gerne und wünsche, daß mancher deutsche Mann sich daran erlaben möge!“
Dieser deutschen Frau, die den Schinken mit so herzlichen Worten gespendet, und die sich ganz gewiß im Bereiche der Leser der Gartenlaube befindet, sendet Schreiber diesen freundlichen Gruß mit der Versicherung, daß ihr Wunsch in Erfüllung gegangen, und daß an jenem Morgen viele, sehr viele verwundete und unverwundete deutsche Männer (denn der Schinken war riesig groß!) an diesem Leckerbissen nach so vielen Entbehrungen und Strapazen sich wahrhaft gelabt und erquickt haben!