Schau’ ich in die tiefste Ferne ...
Schau’ ich in die tiefste Ferne …
Schau’ ich in die tiefste Ferne
Meiner Kinderzeit hinab,
Steigt mit Vater und mit Mutter
Auch ein Hund aus seinem Grab.
Frischen Muts, den Staub der Gruft,
Wie so oft den Sand der Strasse,
Von sich schüttelnd in der Luft.
Mit den treuen braunen Augen
Und er scheint wie einst zu mahnen:
Geh doch nur, ich folge dir!
Denn in unsrem Hause fehlte
Es an Dienern ganz und gar,
Wenn er mir zur Seite war.
Besser gab auch keine Amme
Je auf ihren Schützling acht,
Und er hatte schärfre Waffen
Seine eignen Kameraden
Hielt er mit den Zähnen fern,
Und des Nachbars Katze ehrte
Ihn von selbst als ihren Herrn.
Spielend nahte hinterm Haus,
Bellte er mit heller Stimme
Meine Mutter gleich heraus.
Er erhielt von jedem Bissen
Und er war mir so ergeben,
Dass er selbst die Kirschen nahm.
Wie die beiden Dioscuren
Brachten wir die Tage hin,
Jede Stunde ein Gewinn.
Aber allzu bald nur trübte
Uns der heitre Himmel sich,
Denn er hatte einen Fehler,
Und an ihm erschien als Sünde,
Was an mir als Tugend galt,
Da man mich ums Wachsen lobte,
Aber ihn ums Wachsen schalt.
Immer kleiner ward das Brot,
Und nur einer konnte essen,
Was die Mutter beiden bot.
Als ich eines Morgens fragte,
Und entlaufen wie mein Hase,
Doch das war ein falsches Wort.
Noch denselben Abend kehrte
Er zu seinem Freund zurück,
Doch das war ein kurzes Glück!
Denn obgleich er mit ins Bette
Durfte, ach, ich bat so sehr,
War er morgens doch verschwunden,
Ward er an die Eisenkette
Jetzt gelegt von seinem Herrn,
Oder fiel sein Los noch härter,
Weiss ich nicht, doch blieb er fern!
Meiner Kinderzeit hinab,
Steigt mit Vater und mit Mutter
Auch ein Hund aus seinem Grab.