Rudolph Gottschall (Die Gartenlaube 1859/39)

Textdaten
<<< >>>
Autor:
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Rudolph Gottschall
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 39, S. 564
Herausgeber: Ferdinand Stolle
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1859
Verlag: Verlag von Ernst Keil
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Leipzig
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
[[Bild:|250px]]
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
Indexseite


[564] Rudolph Gottschall schließt seine so eben erschienene biographische Studie: „Napoleon III.“ mit den Worten: „Wo sein System in das Spiel kommt, da kennt er nur das große Ziel und scheut kein Mittel, es zu erreichen. Die Füsilladen der Decembertage und die Verbannungen nach Cayenne sind solche „Verirrungen“ eines „excentrischen“ Gemüthes. Man weiß Aehnliches von den römischen Gewaltherrschern, und Marquis Posa sagt zu Philipp:

Zu einem Nero und Burisis wirft
Man Ihren Namen, und das schmerzt mich;
 – denn –
Sie waren gut!

„Die Verbannung nach Cayenne ist der Tod“, sagte man dem Cäsar, und mit apathischer Eiseskälte entgegnete er: „Ich weiß es!“ So mag „die Furcht“ der griechischen und römischen „Tyrannis“ auch über ihn gekommen sein, und das Gefühl: allein – auf einem Thron allein zu sein! In solchen Momenten, wo der offene Haß sich gegen ihn wendete, mag er vielleicht danach gestrebt haben, sich die Dankbarkeit der Völker als Vorkämpfer ihrer Befreiung zu sichern; doch diese persönlichen Anwandlungen und Ausweichungen waren nicht von Dauer und wurden stets wieder nach dem Cours corrigirt, den die napoleonische Idee einmal einhalten muß. Sie ist eine „Mischgeburt“ von Gewaltherrschaft und Freiheit, Despotismus und Volkssouverainetät, eine macchiavellistische Chimäre, die zuletzt an ihrem innern Widerspruch zu Grunde gehen muß.

Es ist eine Art von dämonischem Hohn, mit welchem der Gesetzgeber Europa’s seine Friedensschlüsse dictirt. Meisterhafter Schachspieler, auf immer neue Eröffnungen, Varianten und Endspiele sinnend, wirft er, wenn es ihm beliebt, das ganze Schachspiel über den Haufen – car tel est notre plaisir! Oder er lacht triumphirend über die politischen „Zwickmühlen“, mit denen er seine Gegner überrascht und den Sieg gewinnt. Diese „Willkürherrschaft“ eines Einzigen ist, was man auch sagen mag, nicht nur eine ewige Drohung gegenüber der gesetzmäßigen Entwickelung der Völker, sondern auch in einer Zeit, welche die politische Einsicht und Bildung Aller zu einem Factor des Staatslebens macht, ein auffallender Anachronismus.

Preußen an Deutschlands Spitze ist der gefährlichste Gegner des Cäsarismus! Es ist tiefere Weisheit, das sittliche Princip im Staatsleben aufrecht zu erhalten als innersten, unversehrten Kern des Wollens und Handelns, als dem Macchiavellismus der Cäsaren zu huldigen. Innere Bildung, freie Entwickelung, Wahrheit, Sittlichkeit, Treue schafft echte Volkskraft, welche die höchsten Güter der Menschheit besitzt und schirmt und schon einmal ist an diesem Felsen des preußischen, echt germanischen Volksgeistes der Wogenschlag der Cäsarischen Eroberungslust und Weltbeglückung zerschellt!

Preußen mit der ihm gebührenden Führerschaft in Deutschland und das stammverwandte England – – das sind die bis jetzt noch unbesiegten Sieger von Belle-Alliance, und ihr Bund wird „die Rache für Waterloo“ vereiteln, sollte einmal ihre Stunde geschlagen haben!“