Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen: Scharfenberg

Textdaten
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Autor: Otto Moser
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Titel: Scharfenberg
Untertitel:
aus: Meissner Kreis, in: Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen. Band 2, Seite 17–19
Herausgeber: Gustav Adolf Poenicke
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1856
Verlag: Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser
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Erscheinungsort: Leipzig
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Scharfenberg.


Der Meissner Kreis, das eigentliche Stamm- und Mutterland des Sächsischen Regentenhauses, bildete in früher Zeit mit dem Leipziger, Erzgebirgischen, Voigtländischen und Neustädter Kreise, einem Theile des Burggrafthums Meissen, den bischöflichen Besitzungen und dem Fürstenthum Altenburg die eigentliche Markgrafschaft Meissen. Kaiser Heinrich der Vogelsteller hatte diese Länder den von ihm bezwungenen Sorben abgenommen und legte im Jahre 922 am linken Ufer der Elbe die feste Stadt Meissen an, deren Besatzung unter dem Befehle eines versuchten Kämpfers stand, welcher den Titel eines Grenz- oder Markgrafen führte, weil ihm die Pflicht oblag, Land und Leute nach Aussen hin zu schützen. Nachdem der Kaiser sächsische Colonisten in das Land geschickt hatte, nannte man nach der jüngst erbauten Hauptstadt desselben den neugebildeten Staat die Markgrafschaft Meissen.

Die Markgrafen wurden anfänglich von den Kaisern nach Gefallen ein- und abgesetzt, und der erste, welchen uns die Geschichte nennt, war Riddag, der 925 zu Merseburg starb. Ihm folgte Eckard I., ein Sohn des Thüringischen Markgrafen Günther, der 1002 von den Grafen von Nordheim auf der Burg zu Pölde überfallen und ermordet wurde. Nach ihm übernahm Gunzelin, des Ermordeten Bruder, das Markgrafthum, verlor dasselbe indessen schon im nächsten Jahre durch ein zu Merseburg abgehaltenes Fürstengericht, worauf der Kaiser den Sohn Eckards I. damit belehnte. Die Nachkommen Eckards erloschen mit Eckard II, der 1046 starb, worauf Wilhelm, ein Graf von Weimar, in Besitz der Markgrafschaft gelangte, der sie bis 1062, sowie sein Bruder Otto bis 1067 besass. Der Graf von Braunschweig, Ottos Nachfolger, bat den Kaiser um die Markgrafschaft für seinen Sohn Eckbert, musste es jedoch geschehen lassen, dass Dedo, Markgraf von Buzici, dieselbe bis an seinen Tod, der 1075 erfolgte, verwaltete, worauf Kaiser Heinrich IV. den Böhmen Wratislav damit belehnte. Während dieser Zeit war der junge Eckbert herangewachsen und vertrieb nun seinen Gegner Wratislav mit Waffengewalt, worauf er bis zu seinem Tode (1090 ) im ruhigen Besitze der Markgrafschaft verblieb.

Nun wurde Graf Thymo von Wettin von Heinrich IV. feierlich mit der Markgrafschaft belehnt, derselbe starb indessen noch in dem nämlichen Jahre; die Markgrafschaft Meissen aber blieb von jetzt an erblich bei dem Hause Wettin. Unter Heinrich dem Erlauchten fiel (1247) Thüringen und zu Anfange des funfzehnten Jahrhunderts auch der Churkreis mit der darauf haftenden Churwürde an die Markgrafen von Meissen, und 1635 wurden unter Johann Georg I. die beiden Lausitzen den sächsischen Landen einverleibt. Der Meissner Kreis war im funfzehnten Jahrhundert einer der damaligen vier Sächsischen Kreise, zu dem auch der jetzige Leipziger und Erzgebirgische Kreis gehörten, von welchen Ersterer 1552, Letzterer 1691 abgetrennt wurden.

Ausser den Markgrafen gab es zu Meissen auch noch Burggrafen, denen die zur Bezwingung der Sorben angelegten Burgwarten anvertraut waren, deren man im Meissnerlande dreissig zählte, und welcher urkundlich im Jahre 1196 zum letzten Male Erwähnung geschieht, weil wahrscheinlich zu dieser Zeit die Eintheilung des Landes in Burgwarteien aufhörte. Die Burggrafen entstanden erst bei der Vergrösserung des Landes und Vermehrung der festen Schlösser, wo sie in Abwesenheit der Markgrafen den Befehl führten und später auch die Gerichtspflege ausübten. Der erste bekannte Burggraf war im Jahre 984 Rigdag, und die erbliche Burggrafenwürde erhielten zuerst die Grafen von Hartenstein, nach deren 1426 erfolgtem Aussterben das Burggrafenthum sammt den damit verbundenen Besitzungen an die Markgrafen zurückfiel, obgleich Kaiser Siegmund seinen Hofrichter, den Voigt von Plauen, damit beliehen hatte.

Da die Kaiser sich eifrigst bemühten, alle slavischen Einrichtungen und Zustände mit deutschen zu vertauschen, so entstand auch die der fränkischen Staatsverfassung eigenthümliche Eintheilung des eroberten Landes in Grafschaften, während die Sorben ihre Distrikte „Gaue oder Zupanien nannten. Wie diese Veränderung durchgeführt wurde, lässt sich mit historischer Genauigkeit nicht bestimmen, weil die neu entstandenen Grafschaften nach den Namen der Grafen, nicht aber nach ihren Stammschlössern genannt wurden. Die Grafen wurden von den Kaisern als Befehlshaber und Hauptleute eingesetzt, und empfingen anstatt der Besoldung Lehngüter auf Lebenszeit, die indessen später sich in erbliche Besitzthümer verwandelten. Im Frieden verwalteten die Grafen in ihren Bezirken die Justiz, und im Kriege führten sie den Markgrafen ihre Vasallen zu. Unter den späteren schwachen Kaisern verloren die Grafschaften allmälig ihren Zweck, indem die Grafen sich erblich machten und den Namen der Schlösser auf denen sie hausten, anzunehmen begannen, beträchtliche Theile der Grafschaften gelangten jedoch auch an die Stifter und Klöster.




Auf einem bewaldeten Felsenvorsprunge des Elbufers, da, wo der Strom sich krümmt, um in weitem Bogen seine Gewässer der alten Bischofsstadt Meissen zuzuführen, thronen, umgehen von einem Kranze ehrwürdiger Linden, die altersgrauen Gebäude der Veste Scharfenberg. Seit einem Jahrtausend schon schauen die Thürme und Zinnen der Burg hinab in das reizende Thal, und obgleich mehr als dreissig Generationen zu Grabe gegangen seit seiner Erbauung, steht doch das alte Haus noch fest und sicher auf seinem Felsengrunde, und wird noch lange den zerstörenden Einwirkungen der Zeit Trotz [18] bieten; denn aus gewaltigen Steinmassen sind seine Mauern zusammengefügt und in festem Granit wurzelt der alte Bau.

Ob die Behauptung mehrerer Geschichtsschreiber, dass Scharfenberg ein Wendenschloss im Gaue Nisan (der sich von Meissen bis Böhmen hinauf erstreckte) gewesen sei, auf Wahrheit beruhe, lässt sich historisch nicht nachweisen; dagegen ist es gewiss, dass nach dem blutigen siegreichen Kampfe Kaiser Heinrich I. mit den Sorben Scharfenberg ein Hauptpunkt der längs der Elbe gebildeten Defensionslinie war, welche die Unterdrückung des besiegten Volkes und die Beherrschung des Stromes bezweckte. Zu gleicher Zeit und aus gleicher Ursache entstanden die Burgen Hirschstein, Zadel, Meissen, Zehren, Priessnitz, Niederwartha und Andere, so dass man wohl mit ziemlicher Gewissheit Kaiser Heinrich I. als den Erbauer Scharfenbergs betrachten kann. In Urkunden des dreizehnten Jahrhunderts wird die Burg Skarphenberg genannt; sie gehörte damals den Markgrafen von Meissen, von welchen Heinrich der Erlauchte sich oft und gern hier aufhielt, und dessen Gemahlin auf Scharfenberg gestorben sein soll. Die Entdeckung bedeutender Silberminen in des Schlosses Nähe gab zu jener Zeit Veranlassung, dass die Markgrafen mit den Bischöfen von Meissen in sehr ernste Streitigkeiten geriethen, indem Kaiser Friedrich II. dem Bisthume gewisse Anrechte auf die Bergwerke zugestanden hatte, welche die Fürsten nicht genehmigen wollten. Bischof Witigo I., unter dessen Herrschaft das Bisthum Meissen zur höchsten Macht und Blüthe gelangte, wagte es sogar, Markgraf Heinrich den Erlauchten 1275 in den Bann zu thun und sein Land mit Interdict zu belegen, so dass Heinrichs Schwiegervater, der König Wenzel von Böhmen, sich ins Mittel schlagen und den erbitterten Prälaten beruhigen musste. Markgraf Heinrich starb 1288, und seine Länder fielen an Friedrich den Kleinen oder den Dresdner, einen Sohn Heinrichs und seiner dritten Gemahlin Elisabeth von Maltitz; bald aber vertauschte Friedrich die väterlichen Besitzungen gegen Böhmische Gebietstheile und 4500 Mark Silbers jährlicher Leibrente an König Wenzel, welchen Kaiser Rudolph I. als Reichsverweser über das Meissnerland gesetzt hatte. Friedrich der Kleine scheint indessen nicht lange auf seinen Böhmischen Besitzungen geblieben zu sein; denn als Bischof Witigo I. von Neuem eine Fehde begann, eroberte und besetzte der Markgraf einige feste Städte und Schlösser, worunter sich auch die Veste Scharfenberg befand. Nachdem der Bischof besiegt war, überliess Friedrich seine hiesigen Besitzungen Friedrich dem Stammelnden, seinem Vetter, der jedoch noch im nämlichen Jahre der Rache des streitlustigen Bischofs als Opfer fiel. Als er nämlich von einer Jagd auf das Schloss Hirschstein zurückkehrte, reichte ihm ein von Witigo erkaufter Diener vergiftete Kirschen, woran der Markgraf starb. Friedrich der Kleine und der Bischof von Meissen scheinen sich indessen wieder versöhnt zu haben; denn nach seines Vaters Tode ertheilte ihm der Bischof die Lehen über des Verstorbenen Länder und die Einigkeit wurde nicht wieder gestört.

Vom Beginn des vierzehnten Jahrhunderts bewohnten Scharfenberg die Markgrafen Woldemar und Johann von Brandenburg, welchen der König von Böhmen Meissen, Döbeln, Frauenstein und Grimma überlassen hatte, und als die Fürsten mit Tode abgegangen waren, beabsichtigte der Bischof von Meissen, diese Güter als abgestorbene Lehen an sich zu bringen, liess sich jedoch endlich willig finden, dieselben gegen eine Abfindungssumme von tausend Schock Böhmischen Groschen dem Markgrafen Friedrich mit der gebissenen Wange abzutreten, bei dessen Nachkommen das Schloss Scharfenberg auf längere Zeit blieb. Im vierzehnten Jahrhundert war Scharfenberg ein Rittersitz, den Balthasar von Maltiz inne hatte, und nach ihm wird ein Dietrich von Miltitz genannt, dessen Familie das Schloss bis auf die neueste Zeit besass. Zu Anfang des fünfzehnten Jahrhunderts beherbergte die alte Burg einen Ritter von Vitzthum, der durch seine kühnen Raubzüge bald einen gefürchteten Namen erlangte und die Strassen weit umher unsicher machte. Von seinem hohen Felsensitze spähete der Wegelagerer weit hinaus auf die vorüber führende Heerstrasse, und überfiel mit seinen saubern Genossen die reichbeladenen Wagen und Saumthiere der reisenden Kaufleute, bis endlich Churfürst Friedrich der Streitbare dem argen Treiben des Stegreifritters ein Ende machte und ihn aus dem Lande jagte. Im Jahre 1429 war Besitzer Scharfenbergs Dietrich von Schleinitz, von dem es jedoch sehr bald an Dietrich von Miltitz gelangte, der 1457 starb. Ihm folgte Heinrich von Miltitz, der das Schloss bis 1487 besass und es seinem Sohne Bernhardt hinterliess, welcher 1532 verschied. Heinrich von Miltitz starb 1540 und Christoph 1559, worauf es des Letztern Vetter, Martin von Miltitz, erhielt, der 1581 in seiner Ahnengruft beigesetzt wurde und die Güter drei Söhnen, Ernst, Sigismund und Heinrich vererbte, welche dieselben gemeinschaftlich verwalteten. Dietrich von Miltitz und dessen Sohn, der Domherr des Stifts Merseburg, Ernst Wilhelm von Miltitz, starben Beide im Jahre 1600, und ihr Nachfolger, Alexander von Miltitz, 1629. Nach ihm besass Scharfenberg Gottfried Wilhelm, welcher 1643, und Georg von Miltitz, welcher 1651 mit Tode abging; Haubold von Miltitz, churfürstlich Sächsischer Geheimrath, Oberhauptmann im Meissner Kreise und Obersteuerdirector, starb 1619 in Dresden, und sein Sohn, Alexander, königlich Polnischer und churfürstlich Sächsischer wirklicher Geheimrath und Obersthofmeister, wurde 1738 in Naustadt beerdigt. Heinrich Sigismund von Miltitz, Oberhofmarschall, Kammerherr und Generalmajor, starb 1740, und Dietrich von Miltitz, Geheimrath, 1747. Carl Werner Ernst von Miltitz, königlich Polnischer und churfürstlich Sächsischer Kammerherr, wurde am 14. September 1764 in der Kirche zu Naustadt beigesetzt, und sein Nachfolger, Dietrich Alexander von Miltitz, k. k. Feldmarschall-Lieutenant, starb 1792. Nach ihm besass das Gut der churfürstlich Sächsische Oberschenk, Heinrich Sigmund von Miltitz, der jedoch schon im Jahre 1793 mit Tode abging und den königlich Preussischen Generallieutenant, Dietrich von Miltitz, zum Nachfolger hatte. Der Generallieutenant von Miltitz starb in sehr hohem Alter auf dem Schlosse Siebeneichen; sein Sohn verkaufte im Jahre 1854 Scharfenberg an Herrn Oehmichen.

Ueber Scharfenbergs früheste Schicksale ist nichts bekannt, doch lassen in seiner Nähe ausgegrabene Pfeilspitzen und andere alterthümliche Waffentheile vermuthen, dass trotz der steilen und gesicherten Lage des Schlosses es nicht immer von Feinden unbedroht blieb. Ob die Hussiten, welche in den Jahren 1429 und 1430 Verheerungszüge in das Meissner Land unternahmen und dabei die Scharfenberger Bergwerke zerstörten und verschütteten, auch die Veste bestürmten und eroberten, ist unbekannt. Im dreissigjährigen Kriege soll Scharfenberg einstmals mit Sturm genommen worden sein. Die Sage erzählt, der Fahnenträger der Besatzung habe gegen den eindringenden Feind,das anvertraute Banner so lange vertheidigt, bis ihn derselbe auf die äusserste [19] Spitze des Walles gedrängt, und hier habe der Angegriffene sich mit der Fahne von dem Felsen hinabgestürzt. Durch einen glücklichen Zufall blieb der Fahnenträger bei seinem gewaltigen Sprunge unbeschädigt und brachte das treu beschützte kriegerische Kleinod glücklich in Sicherheit. Auf dem Hofe Scharfenbergs steht das steinerne Bild eines geharnischten Mannes mit dem Wappen der Miltitze im Schild, von dem der Volksglaube behauptet, es solle den muthigen Fahnenträger vorstellen. Bei dem Einfalle der Schweden im Jahre 1706 liess der damalige Burgherr, Alexander von Miltitz, hinter dem Schlosse Verschanzungen aufwerfen, Batterien errichten und sämmtliche Unterthanen bewaffnen.

Fast sieben Jahrhunderte hatte die alte Burg gestanden, als Haubold von Miltitz sie 1653 einer Reparatur unterwarf, die fast einem Neubau glich. Am 20. August 1783 wurde das Schloss von einem Blitzstrahl getroffen, wodurch dessen Hauptgebäude, mit ihm die herrliche Kapelle, niederbrannte und ein hoher Wartthurm zusammenstürzte. Am Eingange zur Burg stehen zwei runde, mit Schiessscharten versehene Thürme, zwischen denen die Zugbrücke lag, und ein runder Thurm, an den sich ein viereckiger anlehnt, enthält ein Burgverliess, so schaurig, wie sich nur die lebhafteste Phantasie es darzustellen vermag. Noch befindet sich im Schlosse ein weiter Rittersaal, unter welchem ein hohes, schmales Thor nach dem Hofe führt, einem länglichen Viereck, beschattet von drei Linden. Im linken Flügel ist die Gerichtsstube, das Archiv und die Wohnung des Gerichtsdieners. Das Gebäude, dessen Fronte nach Dresden hinschaut, enthält in seinen Souterrains noch jetzt gebrauchte Gefängnisse und einen aus dem Felsen gesprengten Pferdestall, sowie im ersten Stockwerk eine Anzahl sehr schöner, wohnlicher Zimmer. Die Ruinen der niedergebrannten Gebäude sind abgetragen, die Stätte, auf welcher einst die Kapelle stand, schmücken Blumen und Sträucher; Epheu und Immergrün umschlingen die Mauer; eine an ihr befindliche Inschrift aber, sowie der alte, mit Zierpflanzen umgebene Taufstein, verkünden, dass einst hier ein gewaltiger Thurm emporragte und fromme Gesänge ertönten.

Früher blühte hier der Bergbau, dessen Ursprung man wohl nicht mit Sicherheit in das neunte Jahrhundert versetzt, sondern der wahrscheinlich erst zu gleicher Zeit mit den Bergwerken zu Freiberg entstand. Im Jahre 1232 schenkte Kaiser Friedrich II. dem Bischof zu Meissen die hiesigen, sowie alle Bergwerke des Meissner Bisthums, und die Scharfenberger Gruben gewährten damals eine so reiche Ausbeute, dass 1236 die Kirche zu Neumügeln davon erbaut werden konnte. Wie schon oben bemerkt wurde, gab der Scharfenberger Bergbau Veranlassung zu Zwistigkeiten zwischen dem Meissner Bischof und Markgraf Heinrich dem Erlauchten, deshalb Letzterer sogar in den Bann verfiel; auch stand bis in die spätesten Zeiten den Bischöfen die Lehen und der Zehnte über hiesige Gruben zu. Wie einst von den Hussiten, so wurde auch im schmalkaldischen und im dreissigjährigen Kriege den Werken viel Schaden zugefügt, und im Jahre 1684 riss ein Wolkenbruch alle obern Halden auf die Elbaue hinab. Zu jener Zeit besass Scharfenberg noch ein besonderes Bergamt, das 1697 mit dem zu Freiberg vereinigt wurde. Mit dem Beginn des achtzehnten Jahrhunderts nahm man den Bergbau lebhafter auf und machte einige alte Gruben wieder gangbar, wodurch in einem Zeitraume von vierzehn Jahren sich eine Ausbeute von 27000 Thalern ergab. Bei einem 1769 niederstürzenden Wolkenbruche ersoffen sämmtliche Gruben, und acht Bergleute fanden dabei ihren Tod. Vor Kurzem noch arbeiteten einige Bergleute an einem Stollen, der in Reppina, am Fusse des Schlossberges mündet; viele alte beraste Halden aber und das Dörfchen Gruben, auch Berggemeinde genannt, erinnern an die Zeit, wo emsige Grubenleute nach Silbererz suchend in die Tiefe des Granitgebirges hinabstiegen.

Scharfenberg ist, nebst den Ortschaften Batzdorf, Reichenbach, Gruben, Riemsdorf, Repnitz, Pegenau, Reppina und einem Theile von Ullendorf, in die Kirche zu Naustadt eingepfarrt. Dieselbe ist ein altes, lange vor der Reformation entstandenes Gebäude, dessen hohen, schönen Thurm der Obersthofmeister von Miltitz 1717 aufführen liess. Unter dem Thum befindet sich ein Erbbegräbniss mit den Ueberresten der vormaligen Schlossherren und ihrer Angehörigen; der Generallieutenant Dietrich von Miltitz erbaute jedoch bei dem Tode seiner Gemahlin auf dem Friedhofe nahe bei der Kirche ein neues Familienbegräbniss, dessen in Marmor eingegrabene Inschrift seine ernste Bestimmung ausspricht, obgleich es einem lieblichen Garten gleicht. – Im Innern der Kirche sind mehrere in Stein gehauene Monumente der Miltitze aus dem 16., 17. und 18. Jahrhundert bemerkenswerth, darunter namentlich ein grosses, die ganze Wand innehabendes, aus Cottaer Sandstein, welches der Künstler genau nach dem berühmten Kunstdenkmal des Cardinals Richelieu in Frankreich herstellte. Im Jahre 1817 wurde die Kirche durch den Generallieutenant von Miltitz bedeutend verschönert und renovirt, wie denn überhaupt die edle Freigebigkeit der Miltitze dem Gotteshause zu Naustadt sehr oft zu Theil geworden ist, wovon im Innern der Kirche noch viele Zeugnisse dem Auge entgegen treten.

Wohl giebt es in unserem Sächsischem Vaterlande nur wenige Punkte, wo die bezaubernden Reize der Natur mehr überraschen könnten, als von der Höhe des altersgrauen Schlosses Scharfenberg. Vor sich erblickt man von hier aus die reichen fruchtbaren Felder und Wiesen des rechten Elbufers, eingeschlossen von dunklen Fichtenwaldungen oder steilen Weingärten; schmucke Dörfer und reizend gelegene Häuser tauchen aus dem freundlichen Grün hervor, während der majestätische Strom am Fusse des Schlossberges vorüber durch das liebliche Thal dahin strömt. Zur Linken erheben sich die stattlichen Thürme der alten Bischofsstadt Meissen und ihres ehrwürdigen Domes, während nach rechts das Auge weit über die Kuppeln der Königsstadt Dresden nach den fernen Gebirgen des Böhmerlandes hinüber schweift. – Als Scharfenberg gegründet wurde, deckten Eichwälder das Elbthal und seine Berge, wild tobte der Strom in ungezügeltem Laufe oftmals über seine Ufer – jetzt erblickt man überall das rüstige Wirken des menschlichen Geistes, sowie die Ordnung und den Frieden eines glücklichen, segensreichen Volkes.

Otto Moser, Redact.