Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen: Schönbach
nur 2 Stunden von Löbau, 1 Stunde nordöstlich von Neusalza, 2 Meilen südöstlich von Budissin entfernt gelegen. Die Ortsfluren grenzen in Osten und Süden mit Lawalda, Dürrhennersdorf und Friedersdorf, im Westen und Norden mit Spremberg, Beiersdorf und Lauba. Die Lage des Dorfes von Westen nach Osten, in mehr als einer halben Stunde Länge sich ausbreitend, ist in Ansehung der benachbarten Orte hoch zu nennen.
Gegen Norden erhebt sich längs des Ortes eine bedeutende Anhöhe, wo Saatfelder mit zerstreut liegendem Gestein, mit Pirken und Erlen bunt durcheinander abwechseln. Gegen Süden ist die Lage der Felder frei und eben, der Boden mehr nass und lehmigt.
Die schönste Ansicht des Dorfes ist unstreitig in der Gegend von Zischens Berg, eine südlich von Schönbach sich erhebende, sanfte Anhöhe, wo man das in einer freundlichen Lage sich ausbreitende Dorf ganz übersehen kann, welches mit den vielen, schön und regelmässig gebauten Häussern, ein treues Bild seines Namens darstellt. Das am westlichen Ende des Dorfes aus 2 Brunnen entspringende Löbauer Wässerchen, welches inmitten des Ortes hinabfliesst, dem benachbarten Dürrhennersdorf zueilt, bis es mit mehrern Gewässern vereinigt, Löbau erreicht und zuletzt bedeutend verstärkt, unter dem Namen „das Löbauer Wasser“ von den Wellen der Spree aufgenommen wird.
Die von Neusalza und Spremberg quer durch Schönbach nach Lawalde und Löbau führende Communicationsstrasse bildet hier die Grenzlinie zwischen Ober- und Niederdorf, von denen der westlich gelegene, ungleich grössere Theil mit Einschluss der Kirche, das Oberdorf, der östliche, mit Ritterguts-, Pfarr- und Schulgebäuden, das Niederdorf genannt wird.
Die Gründung Schönbachs ist nicht genau zu ermitteln, so wie auch die Herleitung des Namens von Steinbach nicht in vollkommne Gewissheit gesetzt ist.
So viel steht fest, dass über den Ort der Stadt Löbau zuerst die Gerichtsbarkeit zustand, und zwar schon zu Anfang des 14. Jahrhunderts.
Im Jahre 1419 kam Schönbach durch Kauf an die Stadt Löbau.
Durch Kaiser Ferdinand I. im Jahre 1547 wurde Löbau, gleich den andern Sechs-Städten aller Privilegien, Kirchenkleinodien, Grundstücke und Dörfer beraubt, und Schönbach wurde einer adelichen Familie verliehen, und zwar dem Geschlechte von Metzrad. Es gehörte 1550 einen Nicol von Metzrad, Hofrichter zu Budissin. Durch kaiserliche Concession vom 12. März 1562 wurden den Gebrüdern Joachim und Heinrich von Metzrad zu Schönbach die Ober-Gerichte auf ihren Gütern verliehen.
Im Jahre 1587 finden wir Caspar von Gersdorf auf Schönbach; aber schon 1618 besass das Gut Caspar von Rodewitz: dann im Jahre 1657 folgte im Besitze Junker Hanns von Kötteritz auf Neuhausen, auch später auf Gross-Ossig, der es 1675 an Wolf Christoph von Kötteritz abtrat. Dann kam das Gut an die von Ponikausche Familie. Adam von Ponikau verkaufte 1697 das Gut an Christoph Siegismund von Raussendorf auf Schmölln, welcher dasselbe am [218] 31. Marz 1700 an den Geheimerath Ludwig Gebhardt, Freiherrn von Hoym auf der Herrschaft Dreyssig käuflich abtrat. Diesem folgte Carl Heinrich, Graf von Hoym, welcher 1736 mit Tode abging.
Nach dessen Tode trat auf einige Jahre eine Sequestration des Gutes ein, bis die Gebrüder Carl Siegismund und Ludwig Gehhardt von Hoym zum gemeinschaftlichen Besitz von Schönbach gelangten. Am 2. Juni 1768 übernahm Herr Peter August von Schönberg auf Schmochtitz u. s. w. die Hoymschen Güter und somit auch Schönbach. Aber 1786 verkaufte Herr von Schönberg das hiesige Rittergut an Friedrich Ferdinand Degener aus Blumberg bei Berlin, um die Summe von 34,006 Thlr.
Nach dessen am 4. April 1811 erfolgtem Tode wurde Friedrich Wilhelm Degener Besitzer des väterlichen Erbes, bis derselbe solches 1830 um 60,000 Thlr. an Johann Christian Gocht aus Eibau verkaufte, dessen tragisches Ende wir schon in diesem Album näher erzählt haben.
Gocht hinterlies keine Kinder und die Gochtsche Verlassenschaft wurde längere Zeit vom Kreisamte zu Budissin sequestrirt, bis dieses Rittergut in der Subbastation am 16. November 1838 an die 3 Gebrüder Müller (Betheiligte der Gochtschen Erben), nämlich von Carl Friedrich zu Gersdorf, von Johann Gottfried zu Eibau und von Johann Gottlob, welcher das Gut bezog und solches jetzt noch bewirthschaftet, um die Summe von 72,025 Thlr. erstanden wurde.
Schonbach bestand in früheren Zeiten aus mehreren Abtheilungen, deren jede ihren eigenen Besitzer erhalten hatte. Die Art und Weise, wie früher das Steuerquantum aufgebracht wurde, beweiset dies hinlänglich. Das Steuerquantum zerfiel in 5 einzelne Theile, als:
1) Der von Hoym’sche Antheil oder das jetzige Rittergut mit Zubehör.
2) Der von Bolberitz’sche, später Bierigs-Zieschen und dem Bauer Issrael zuständige Antheil.
3) Der von Ponikau’sche Antheil, worauf das Dorf Neudorf ist, wovon wir weiter unten sprechen werden.
4) Der von Rechenberg’sche Antheil das spätere Jährigs’che Lehngut.
5) Der von Schreibersdorf’sche Antheil später vom Bauer Pursche und den Winkler’schen Lehnsleuten besessen, welcher letztere ums Jahr 1630 einen Antonius von Schreibersdorf zum Besitzer hatte, 1690 aber an dessen Enkel-Tochter, an die Winkler übergegangen ist.
Alle diese Abtheilungen sind gegenwärtig mehr oder minder mit dem Rittergute vereinigt, und nur der von Rechenberg’sche später Jährig’sche Antheil bildete bis auf die neueste Zeit eine besondere Gerichtsbarkeit.
Der vorerwähnte Ort Neudorf, südwestlich von Schönbach in einer langen Häuserreihe sich erhebend und mit Schönbach selbst zusammenhängend, ist auf Ritterguts Grund und Boden unter dem Herrn von Ponikau, welcher diesen Antheil 1776 besessen hat, und mit dem Namen „Oberhof“ belegt war, erbaut.
Nach erfolgter Erweiterung des Orts wurde derselbe unter Zuordnung besonderer Gerichtspersonen und Beilegung des Namens Neudorf im Jahre 1774 zu einer besonderen Gemeinde erhoben.
Durch Einziehung der einzelnen Antheile wurde das Rittergut im Niederdorfe ungemein vergrössert und verbessert.
Das frühere alte Schloss existirt nicht mehr; denn die Rittergutsgebäude wurden durch zweimaliges Brandunglück in den Jahren 1817 und 1818 zerstört. Aber die neue herrschaftliche Wohnung ist seitdem schöner und grossartiger wieder aufgebaut, und man kann die Wohnung ein imposantes Schloss nennen.
Die Wirthschaftsräume sind ebenfalls neu und vortrefflich eingerichtet.
Zum Gute gehört eine bedeutende Oeconomie, gute Felder und Wiesen und überdiess noch schöne Holzungen.
Der Grundbesitz der Gemeinde beträgt 1672 Scheffel, und zwar 1279 Scheffel an Aeckern und 393 Scheffel an Wiesen. Der Kartoffelbau gehört zu den bedeutensten Erzeugnissen.
Bauergüter oder ganze Hüfner gab es ursprünglich nur 29, wovon 3 seit langer Zeit zum Rittergute geschlagen und mit ihm vereinigt sind. Aus den übrigen Bauergütern sind grösstentheils Halbhüfner, auch Gärtner und Häusler entstanden. Die Mehrzahl der Wirthe sind, ausser der Bearbeitung ihres kleinen Feldeigenthums, fast einzig und allein der Weberei zugethan, und von Kinde bis zum Greise ist in Schönbach und [219] Neudorf Jedermann beschäftigt mit Spinnen, Spuhlen, und Weben. Durch regen Händefleiss werden jährlich mehrere Tausend Stück weisse und bunte, leinene und baumwollene Waaren verfertigt, und von mehreren hiesigen Fabrikanten an entfernte Gegenden, selbst nach Amerika versendet.
Im Jahre 1807 belief sich in 260 Cataster-Nummern die Einwohnerzahl auf 1676, in Neudorf auf 246 in 45 Häusern, jetzt giebt es in Schönbach 55 Häuser mit 300 Einwohnern; in Neudorf an 300 Häuser mit 2221 Seelen, welche alle dem Gerichtsamte Neusalza einverleibt sind.
Die übrigen nennenswerthen Gebäude Schönbachs sind die Kirche, über welche der Gerichtsherrschaft zu Schönbach das Collaturrecht zusteht.
Die Kirche selbst ist ein freundliches, einfach geschmücktes Gebäude, lichtvoll und geräumig, hat auf beiden Seiten 2 Emporkirchen, auf deren einer die herrschaftliche Loge sich befindet.
Das Pfarrhaus besteht seit dem Jahre 1727, und ist eine freundliche, bequeme Wohnung.
Das Schulhaus ist mit 2 Wohnungen für 2 Lehrer eingerichtet, und enthält 2 abgesonderte Schulstuben.
Ausserdem hat Schönbach mit Neudorf 2 Windmühlen, die obere und niedere, und 2 Wassermühlen, die alte und neue benannt. 2 Windmühlen finden sich in Neudorf. Die Schicksale des Ortes anlangend, so ist derselbe von Feuer und Schwerdt hart heimgesucht wurden. Es hat in Schönbach nicht öfter als 16 Male in hundert Jahren gebrannt. Unter diesen Bränden sind 2 Mal die Gutsgebäude mit ein Raub der Flammen geworden, wie wir dies oben schon erwähnt haben.
Vorzüglich aber waren die Tage vom 12. bis 21. Mai 1813 Angst- und Schreckenstage für Schönbach.
Täglich kamen Hunderte von den in Bautzens Nähe lagernden Russen geritten, raubten und plünderten, oder erpressten Fouragelieferungen für ihre Pferde, Lebensmittel, Kleider und Geld von den armen Einwohnern, deren Viele ihre Habe in Kellern und andern Zufluchtsstätten, vor der Raubgier fremder Krieger geborgen glaubte und den heimathlichen Heerd verlassend, im benachbarten Böhmen mit ihren Familien und Vieh, Schutz und Sicherheit suchten, dort aber auch menschenfreundlich und theilnehmend aufgenommen wurden.
Nach dem Gefecht bei Ebersdorf (den 9. Sept. 1813) kamen den 11. Sept. etwa 1000 Mann Russen nach Schönbach, lagerten sich ohnweit des hiesigen Pfarrbusches, fouragirten und erpressten Lebensmittel und andere zur Lagerung nöthige Materialien; doch plötzlich und unerwartet marschirten sie nach 4 Stunden weiter.
Dieselbe Nacht bildete sich bei Spremberg ein grosses russisches Lager, dessen Stärke über 30,000 Mann betrug.
Viele Hunderte kamen täglich von diesen Gästen nach Schönbach und zeigten sich nicht von der liebenswürdigsten Seite. Sie konnten alles Eigenthum der Bewohner von Schönbach gebrauchen, und oft konnte man weithin das Wehklagen beraubter Familien hören.
Erst am 16. Sept. wurde Schönbach von diesem nicht erfreulichen Besuche befreit, und die langen Friedensjahre haben wohlthätig auf den Ort gewirkt. Ja wären keine Handelsconjuncturen bisweilen eingetreten, so konnte man kühn behaupten: Schönbach mit Neudorf ist ein wohlhabender, ein glücklicher Ort.