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Neudorf Jedermann beschäftigt mit Spinnen, Spuhlen, und Weben. Durch regen Händefleiss werden jährlich mehrere Tausend Stück weisse und bunte, leinene und baumwollene Waaren verfertigt, und von mehreren hiesigen Fabrikanten an entfernte Gegenden, selbst nach Amerika versendet.

Im Jahre 1807 belief sich in 260 Cataster-Nummern die Einwohnerzahl auf 1676, in Neudorf auf 246 in 45 Häusern, jetzt giebt es in Schönbach 55 Häuser mit 300 Einwohnern; in Neudorf an 300 Häuser mit 2221 Seelen, welche alle dem Gerichtsamte Neusalza einverleibt sind.

Die übrigen nennenswerthen Gebäude Schönbachs sind die Kirche, über welche der Gerichtsherrschaft zu Schönbach das Collaturrecht zusteht.

Die Kirche selbst ist ein freundliches, einfach geschmücktes Gebäude, lichtvoll und geräumig, hat auf beiden Seiten 2 Emporkirchen, auf deren einer die herrschaftliche Loge sich befindet.

Das Pfarrhaus besteht seit dem Jahre 1727, und ist eine freundliche, bequeme Wohnung.

Das Schulhaus ist mit 2 Wohnungen für 2 Lehrer eingerichtet, und enthält 2 abgesonderte Schulstuben.

Ausserdem hat Schönbach mit Neudorf 2 Windmühlen, die obere und niedere, und 2 Wassermühlen, die alte und neue benannt. 2 Windmühlen finden sich in Neudorf. Die Schicksale des Ortes anlangend, so ist derselbe von Feuer und Schwerdt hart heimgesucht wurden. Es hat in Schönbach nicht öfter als 16 Male in hundert Jahren gebrannt. Unter diesen Bränden sind 2 Mal die Gutsgebäude mit ein Raub der Flammen geworden, wie wir dies oben schon erwähnt haben.

Vorzüglich aber waren die Tage vom 12. bis 21. Mai 1813 Angst- und Schreckenstage für Schönbach.

Täglich kamen Hunderte von den in Bautzens Nähe lagernden Russen geritten, raubten und plünderten, oder erpressten Fouragelieferungen für ihre Pferde, Lebensmittel, Kleider und Geld von den armen Einwohnern, deren Viele ihre Habe in Kellern und andern Zufluchtsstätten, vor der Raubgier fremder Krieger geborgen glaubte und den heimathlichen Heerd verlassend, im benachbarten Böhmen mit ihren Familien und Vieh, Schutz und Sicherheit suchten, dort aber auch menschenfreundlich und theilnehmend aufgenommen wurden.

Nach dem Gefecht bei Ebersdorf (den 9. Sept. 1813) kamen den 11. Sept. etwa 1000 Mann Russen nach Schönbach, lagerten sich ohnweit des hiesigen Pfarrbusches, fouragirten und erpressten Lebensmittel und andere zur Lagerung nöthige Materialien; doch plötzlich und unerwartet marschirten sie nach 4 Stunden weiter.

Dieselbe Nacht bildete sich bei Spremberg ein grosses russisches Lager, dessen Stärke über 30,000 Mann betrug.

Viele Hunderte kamen täglich von diesen Gästen nach Schönbach und zeigten sich nicht von der liebenswürdigsten Seite. Sie konnten alles Eigenthum der Bewohner von Schönbach gebrauchen, und oft konnte man weithin das Wehklagen beraubter Familien hören.

Erst am 16. Sept. wurde Schönbach von diesem nicht erfreulichen Besuche befreit, und die langen Friedensjahre haben wohlthätig auf den Ort gewirkt. Ja wären keine Handelsconjuncturen bisweilen eingetreten, so konnte man kühn behaupten: Schönbach mit Neudorf ist ein wohlhabender, ein glücklicher Ort.

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Empfohlene Zitierweise:
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen III. Section. Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser, Leipzig 1854–1861, Seite 219. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Ritterg%C3%BCter_und_Schl%C3%B6sser_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_III.djvu/326&oldid=- (Version vom 2.10.2016)