Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen: Ragewitz

Textdaten
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Autor: Klassig
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Titel: Ragewitz
Untertitel:
aus: Meissner Kreis, in: Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen. Band 2, Seite 81–83
Herausgeber: Gustav Adolf Poenicke
Auflage:
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Erscheinungsdatum: 1856
Verlag: Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Commons = SLUB Dresden
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Ragewitz.


Ungefähr vier Stunden von Riesa und zwei Stunden von Oschatz, in dem Amtsbezirke gleiches Namens, liegen am Jahnabache, das schriftsässige Rittergut und das Dorf

Ragewitz,

das letztere, mit 26 Wohnungen und nahe an 200 Einwohnern, eingepfarrt in die Blosswitzer Kirche. Dem Besitzer der Rittergüter Ragewitz und Grubnitz, die seit langen Jahren einem Herrn gehören, steht das Patronatrecht über die Kirche zu Blosswitz sowie die Besetzung des Pfarr- und Schulamtes daselbst zu.

Ragewitz, serbischen Ursprungs, ist wahrscheinlich der Stammsitz des alten Geschlechtes von Ragewitz, einer aus Meissen stammenden vornehmen Familie gewesen. Die Geschichte hat uns nur die Namen von drei ihrer Glieder aufbewahrt, nämlich: Christoph von Ragewitz auf Bornitz und Stösitz der 1530 als Herzog Georgs von Sachsen Rath auf dem Reichstage zu Augsburg erschien und 1575 als chursächsischer Rath gestorben ist; Balthasar, der 1542 als herzoglich sächsischer Rath in vielen wichtigen Angelegenheiten das Amt eines Gesandten verwaltete und als der letzte Domdechant zu Freiberg starb, und Alexander von Ragewitz, chursächsischem Hausmarschall, Küchenmeister und Amtshauptmann zu Chemnitz und Lichtenwalde, durch dessen 1629 erfolgten Tod dieses Geschlecht erlosch.

Ragewitz, als dessen Besitzer im Jahre 1261 ein Rüdiger von Schachowe genannt wird, kam in der zweiten Hälfte des fünfzehnten Jahrhunderts an die von Schleinitz, indem Ritter Georg von Schleinitz auf Seerhausen 1464 durch Herzog Albrecht mit diesem Rittersitze belehnt wurde. Er liess es sich angelegen sein, einen herrschaftlichen Garten und andere Verschönerungen bei dem Schlosse anzubringen, wie dies die sogenannte „Mönchssäule“, ein in den Anlagen bei Ragewitz befindliches Denkmal, besagt, das auf seiner östlichen Fläche einen geharnischten, vor dem gefesselten Christus knieenden, jetzt leider seines Kopfes beraubten, Ritter und ihm zur Seite das Schleinitzsche Wappen zeigt, mit der Unterschrift: Sanguis Jesu Christi emundat ab omni peccato, und der Jahrzahl 1510. Auf der Kehrseite gegen Westen, liest man unter derselben Jahreszahl die Worte: „Wer dieses Gartens Lust und Frucht wird geniessen, der wolle aus christlicher Liebe sich befleissen, für die Seele Gott treulich zu bitten Herrn Georgen von Schleinitz, Rittern, dieses Gartens Anfänger und Pflanzer.“ Auf der Südseite endlich findet man folgende Bemerkung: „Zum Wiedergedächtniss des Edlen, Gestrengen und Ehrenvesten George von Schleinitz, Ritters, meines lieben Vetters, als Stifters und Pflanzers dieses Gartens Ragewitz, ist von mir, Christoph Haubold von Schleinitz auf und zu Ragewitz, dies Werk wiederum renovirt worden, den 5. Aug. Ao. 1602. Fide beamur. H. S. N. T.“ Pappeln umgeben diese Säule und unter denselben liegen seit einigen 20 Jahren zwei Bruchstücke von Leichensteinen, die, ohne dass man sie weiter beachtet, als Stufe vor der Thür des Herrenhauses gedient hatten, bis sie durch den vorletzten Besitzer, Herrn Georg Freiherrn von Pfister, endeckt und an ihren jetzigen Platz gebracht wurden. Der eine derselben gehörte der in ihrem 37. Lebensjahre verstorbenen Gemahlin Christoph Haubolds von Schleinitz, Anna, der andre deren Schwiegertochter der Gattin Georg Erasmus’ von Schleinitz, einer geborenen von Ende, die in schwerer Geburtsstunde den 29. April des Jahres 1627 starb.

[82] Nach der allgemeinen Kirchen-Gallerie sind die Besitzer von Ragewitz in chronologischer Reihenfolge nachstehende gewesen: Wolf von Schleinitz, des vorgenannten Georg Sohn. Er war zugleich Herr auf Seerhausen, Mautitz, Grubnitz, Stauchitz, Zöschau, Alt-Oschatz und beliehen mit dem Patronatrechte über die Kirche zu Blosswitz. Vermählt mit einer geborenen von Lüttichau aus dem Hause Kmehlen, starb er im Jahre 1527. Ihn beerbten seine Söhne Hans und Georg, während deren Unmündigkeit ihr Onkel, der auf Ragewitz 1470 geborene Meissner Bischoff, Johann VII., Luthers heftiger Gegner, die Vormundschaft führte. 1543 theilten sich die Brüder in das väterliche Erbe und Hans, Hauptmann zu Radeberg, vermählt mit Barbara von Bünau aus dem Hause Tetzschen, ward nun alleiniger Herr auf Ragewitz und Grubnitz und später auch auf Mautitz. Der dritte Besitzer dieses Namens, Georg Rudolph, war vermählt mit Katharina von Ende, soll 1603 zu Oschatz gestorben und in der Pfarrkirche daselbst begraben sein. Ihm folgte Hans Heinrich von Schleinitz, geboren 1582 und bereits am 1. April 1610 gestorben, der Ragewitz seinem Vetter, Christoph Haubold, hinterliess, welcher wie oben erwähnt, die „Mönchssäule“ renoviren liess. Dessen Sohn und Erbe, Hans Dietrich, Anfang Aprils des Jahres 1602 geboren, besass ausser Ragewitz und Grubnitz auch Seerhausen, Mautitz und Alt-Oschatz war 1652 adlicher Schul-Inspector der St. Afra zu Meissen, und starb 1660 zu Oschatz, gefolgt von seinem Jüngern Bruder Georg Erasmus von Schleinitz, dessen Todesjahr unbekannt. Nach ihm kömmt ein Fabian von Utenhofen, aus einer alten in Thüringen und dem Voigtlande angesessenen Familie, als Besitzer von Ragewitz vor. Ob er hier gestorben oder das Gut bei Lebzeiten anderweit verkaufte, ist unbekannt. Vermählt war er mit Sybilla von Schönfeld und wird zweimal, 1657 und 1662 als Herr auf Ragewitz genannt. Sein Nachfolger war Leo Sahrer von Sahr, fürstlich Holstein-Sonderburgischer Hofmeister und Kammerjunker, auch Herr auf Zschortau und Laue bei Delitzsch. Jüngster Sohn Sebastian Sahrer von Sahrs, der 1621 seines evangelischen Glaubens willen seine Güter in Böhmen verliess, war er vermählt mit Eva von Schleinitz und starb 1680 im Städtchen Brandis, nachdem er Ragewitz, 1674, an den Obrist Hans Sigismund von Zeidler verkauft. Dieser, vermählt mit einer geborenen von Starschedel, hinterliess seinem Sohne Hans Karl Dietrich, geboren den 13. September 1660, auch Ragewitz. Am 12. März 1700 starb derselbe als K. Polnischer und churfürstlich sächsischer General-Major und Obrist eines sächsischen Infanterie-Regiments, unvermählt zu Dresden, ward aber in der Kirche zu Blosswitz vor dem Altare beigesetzt. Noch ist sein Bildniss, umgeben von der reichvergoldeten Waffenrüstung, bei der sich auch sein Degen nebst den Sporen befindet und überweht von 2 Trauerfahnen an der Südseite der Kirche zu sehen. Durch verschiedene milde Stiftungen hat er sich ein bleibendes Denkmal gegründet und die Reihe des alten Geschlechtes von Zeidler, das mit ihm in männlicher Linie ausstarb, würdig geschlossen. Erbin seines Nachlasses und somit auch Besitzerin von Ragewitz ward seine Schwester Johanne Sophie, geboren 1664 und seit dem Mai 1680 vermählt mit dem Königl. Polnischen und chursächsischen Geheimen Rathe und Kammerherrn Hans Heinrich von Trützschler aus der alten Meissnischen Familie Trützschler von Falkenstein, die, seit Conrad von Trützschler, der der erste dieses Namens im Jahre 1305 als „Burgmann von Crimmitzschau“ vorkommend, bis in unsre Zeit in einer langen Reihe berühmter Nachkommen sich fortgepflanzt hat. Sie starb, zwei Kinder, einen Sohn und eine Tochter hinterlassend, am 9. Juni 1729 auf Berbisdorf und ward zu Blosswitz, in der neuerbauten Familiengruft beigesetzt. Fünf Jahre später, am 7. April 1734 folgte ihr auch ihr Gemahl im 78. Lebensjahre in die Ewigkeit und ward von Dresden aus, wo er vollendete, nach Blosswitz in das Erbbegräbniss gebracht. Beider Bildnisse, noch sehr gut erhalten, zieren die Kirche des Ortes. Von ihnen übernahm ihr einziger Sohn, Heinrich Ernst, oder wie Gauhe ihn nennt, Carl Ludwig, Domherr zu Merseburg und Sachsen-Merseburgischer Hofmarschall die Besitzungen der Eltern. Er vermählte sich mit einer Fräulein, von Bunkersrode, starb am 25. April 1761 und vererbte seine Güter seinem Sohne, dem Kammerherrn Moritz Christian Adam, der aus seiner Ehe mit Henriette Magdalene von Pflug aus dem Hause Steinbach 2 Söhne und drei Töchter zeugte, die er bei seinem frühen Tode am 24. Januar 1762, als Unmündige verliess. Der Vormund dieser Kinder Christoph Dietrich von Plötz, chursächsischer[WS 1] Hauptmann, brachte die Güter Grubnitz und Ragewitz, nachdem sie in Concurs verfallen waren, im Jahre 1772 für die geringe Summe von 48,000 Thlrn. an sich, verkaufte sie jedoch schon bald darauf, nachdem er 1786 das Rittergut Jahnishausen aquirirt, an die Gebrüder von Pfister. 1796 verkaufte er jedoch auch Jahnishausen an den sächsischen Staatsminister, Grafen von Hopfgarten und starb, einige Jahre später, ohne ein Rittergut zu besitzen, in Meissen. Jahnishausen, das schon in einem frühern Hefte unsres Albums beschrieben, befindet sich bereits seit Jahren in dem Besitze unsres allgeliebten Königs Johann und scheint von hochdemselben namentlich gern besucht zu werden, wenn Se. Majestät von den erschöpfenden Staatsgeschäften in ländlicher Einsamkeit Sich erholen wollen.

Die erwähnten Gebrüder von Pfister blieben bis zum Jahre 1796 in ungetheiltem Besitze ihrer Güter. In diesem Jahre theilten sie sich jedoch und Georg, Freiherr von Pfister, der jüngste unter ihnen, kam in [83] den Besitz von Grubnitz und Ragewitz. Geboren 1772, vermählte er sich 1803 mit einem Fräulein von Stauffenberg aus Stuttgart, die, eine Wohlthäterin der Armen, am 31. August 1829 starb und in der Blosswitzer Gruft beigesetzt wurde. 1846 folgte auch Freiherr Georg von Pfister seiner Gemahlin in die Ewigkeit und hinterliess Ragewitz und Grubnitz seiner jüngsten Tochter Rosalie, vermählt mit Victor Wilhelm Freiherrn von Ferber, dem sie 1854 ihr Erbtheil käuflich abtrat.

In den Jahren 1851 bis 1856 wurde das Wohnhaus des Rittergutes von Grund aus neu gebaut, auch nach Beseitigung mehrerer wirthschaftlichen Gebäude, welche durch Verlegung der gesammten Oeconomie-Wirthschaft nach Grubnitz überflüssig geworden waren, der Garten gänzlich umgestaltet und so Ragewitz zu einem der angenehmsten Rittersitze umgeschaffen.

Klassig.     



Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: churächsischer