Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen: Oberau

Textdaten
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Autor: M. G.
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Titel: Oberau
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aus: Meissner Kreis, in: Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen. Band 2, Seite 158–159
Herausgeber: Gustav Adolf Poenicke
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Erscheinungsdatum: 1856
Verlag: Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Commons = SLUB Dresden
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Oberau


mit seinem ansehnlichen Schlosse, liegt – von Niederau ¼, von Meissen 1¼ Stunde entfernt – in einem schönen Bergkessel, durchflossen von dem sogenannten Oberauer Bache, welcher im östlich nahen Friedewalde, 1 Stunde von Oberau, auf ebener Höhe bei Steinbach entspringend, durch ein enges Thal hierher seinen Lauf nimmt, und mit dem Weinböhler Wasser vereinigt, bei überhaupt 2¼ stündiger Länge, in die Elbe unter Meissen endet.

Das Rittergut war ehedem mit Niederau Zubehör des Klosters Alt-Zelle, woher noch heute die Benennung des Klostergutes zu Niederau stammt, welches früher die Meierei von Alt-Zelle war.

Kurfürst Moritz gab Oberau mit Niederau und der Gerichtsbarkeit über Gohlis 1543 dem Kaspar von Ziegelheim in Lehen, welche nach dessen Tode 1550 dem Oberamtshauptmann des Meissner Kreises Ernst von Miltitz auf Batzdorf zu Theil wurde, dessen Familie bis 1783 im Besitze verharrte. Mittelst Kaufes an sich gebracht, überliess der Weimarische Stallmeister, Carl Friedrich von Schönberg, 1784 das Gut dem Chemnitzer Kaufmann Hiller, an dessen Tochter, eine vermählte Bonnoit, 1793 es erblich überging. Seit 1807 war Besitzer der Kanzler von Werthern, dessen Wittwe, Freifrau von Werthern, geborene von Wuthenau, im Jahre 1829 Herrin auf Oberau wurde.

In den letzten 12 Jahren hatte das Gut Herr August Kabrun aus Berlin im Besitze, welcher dasselbe am 29. Decbr. vorigen Jahres anderweit au Fräulein Klengel verkauft hat. Wegen eines schwebenden Prozesses ist von der königl. Staatsanwaltschaft zu Meissen gegen diesen Kauf remedirt worden und die Sache schwebt noch. Jedoch hat Fräulein Klengel alle Schuldner öffentlich aufgefordert, nur an sie zu zahlen, indem sie an Andere gemachte Zahlungen nicht anerkennen werde.

Das an einem Hügelabhange mit seinen Gebäuden liegende Rittergut, dem bis hieher zugleich über Niederau und Gohlis die Gerichtsbarkeit zustand, umfasst gegen 200 Acker Feld, 80 Acker Wiese, 350 Acker Waldung und eine Weinbergflur von 400 Pohlhaufen, dessen Gewächs zum besten im Lande gehört. Hiermit verbunden sind Schäferei, Fischerei, Brauerei, Ziegelofen und Kalkbrennerei. Das zum Bauen und Düngen vorzügliche Produkt der letztern wird 4 bis 5 Meilen weit verfahren und besteht das umliegende Gebirge grossentheils aus Kalkstein. Das im Style des Mittelalters erbaute, 18 Zimmer enthaltende, herrschaftliche Schloss wurde noch 1807 ganz umgeschaffen, und alle Theile der Oeconomie, namentlich auch der Weinbau bedeutend verbessert.

Ein kreideartiger Berg giebt einen Most, der in guten Jahren dem Champagner gleichkommt.

Auf dem Schlosse zu Oberau verlebte Gellert im Kreise der Familie von Miltitz viele glückliche Stunden, und heute noch sind einige seiner Lieblingsplätze durch einfache Denksteine bezeichnet.

Am 7. Sept. 1707 übernachtete im Schlosse zu Oberau Karl XII., König von Schweden, und von hier aus machte derselbe in Begleitung einiger Generale einen Ritt nach Dresden, wo derselbe den König August durch einen kurzen Besuch überraschte. Im Dorfe zu Oberau waren zu gleicher Zeit die Garden einquartiert. Beim Abzuge des hohen Gastes mögen wohl nicht die besten Wünsche demselben nachgefolgt sein.

[159] Oberau ist jetzt weit und breit bekannt durch die hier vorüberführende Leipzig-Dresdner Eisenbahn, welche hier den Bau eines Tunnels aufzuweisen hat.

Der Oberauer Bach entspringt im Friedenwalde, 1 Stunde von Oberau, bei Steinbach in einer hochgelegenen Gegend. Oberhalb Oberau bildet er ein enges, nicht von hohen, aber von steilen Bergen eingefasstes Thal, welches sich dann plötzlich in jenen Thalkessel erweitert, dann wieder enger wird, und bei Niederau gänzlich aufhört, indem von hier an zwar an der rechten Seite des Baches das Gröbernsche und Zscheilaer Weingebirge sehr malerisch ansteigt und 1 Stunde lang fast bis Meissen fortzieht, links aber sich die grosse Zeschendorfer Ebene verbreitet. Ehemals bewässerte der Oberauer Bach den grossen Fürstenteich bei Meissen.

Die hiesige Kirche gehörte, wie die zu Niederau, vor der Reformation unter die Probstei Hayn. In derselben wurde am Jubelfeste des Königs zuerst aus dem Dresdner Gesangbuche gesungen. Oberau hat seit dem Jahre 1829 keinen besondern Pfarrer, indem das dasige Pfarramt von dem Pfarrer von Niederau mit verwaltet wird.

Urkundlich gehörte Oberau schon ehedem zur Parochie Niederau und geschah die Trennung unter Kurfürst August. Eine Wiedervereinigung erstrebte kurz vor seinem Tode der Conferenz-Minister und Kanzler von Werthern als damaliger Collator.

In die nicht mehr nöthige Pfarrwohnung ist die Schule verlegt, in welcher circa 80 Kinder unterrichtet werden. Das frühere alte baufällige Schulhaus hat man veräussert.

Niederau hat zum Unterschiede von Oberau den Namen von seiner niedern Lage. Hier soll bei dem im Jahre 1795 verstorbenen Pastor Krebel der Philosoph Johann Gottlieb Fichte einen Theil seiner Knabenjahre verlebt haben.

Zwei im Gärtchen der Pfarre vorhandene Linden sollen nach Aussage alter Leute damals von Fichte gepflanzt worden sein.

Der bei Niederau liegende Schwemmteich gehört zum Rittergute Oberau. Das in Niederau befindliche Klostergut war, wie schon oben erwähnt worden ist, eine Meierei des Klosters Alten-Zelle, weshalb es alle Gerechtsame eines Rittergutes, sogar Obergerichte und Frohndienste hatte. Der Pfarrer erhielt von diesem späteren Vorwerke des Ritterguts Oberau beträchtlichen Getreidezehent.

Oberau wie Niederau hat durch die Schweden und Kaiserlichen unsäglich gelitten. Die Kirche war rein ausgeplündert und die Bewohner der beiden Orte mussten auf lange Zeit flüchten.

Oberau wie Niederau gehören jetzt zum Gerichtsamt, zum Bezirksgericht, zur Amtshauptmannschaft Meissen, zum Regierungsbezirk Dresden. Ersterer Ort hat 45 bewohnte Gebäude mit 376 Einwohnern.

M. G.