Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen: Erlbach

Textdaten
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Autor: M. G.
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Titel: Erlbach
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aus: Voigtländischer Kreis, in: Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen. Band 5, Seite 166–168
Herausgeber: Gustav Adolf Poenicke
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Erscheinungsdatum: o. J. [1859]
Verlag: Expedition des Ritterschaftlichen Album-Vereins
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: SLUB DresdenCommons
Kurzbeschreibung:
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Erlbach.


Das Dorf Erlbach liegt hart an der böhmischen Grenze, in einem von 3 Seiten, nämlich von Ost, Süd und Nord von Bergen eingeschlossenen Kessel oder Thal, das von hier seinen Weg nach Westen zu nimmt und von einem Bache, dem Erlbache oder Schwarzbache, durchflossen wird, 1/2 Stunde von der Stadt Markneukirchen, 11/2 Stunden von Adorf, 2 Stunden von Schöneck, 1 Stunde von dem böhmischen Städtchen Schönbach und 2 Stunden von der ebenfalls böhmischen Stadt Grässlitz entfernt.

Der Name Erlbach ist wohl von den vielen Erlen entstanden, mit welchen sonst der hier durch das Dorf fliessende Bach bestanden war.

Der Ort selbst ist sehr frühzeitig gegründet, wiewohl das Jahr der Gründung selbst nicht genau angegeben werden kann.

Das Dorf Erlbach zerfällt in

1) Erlbach, obern Theils und
2) in Erlbach, untern Theils.

Unsre nächste Beschreibung gilt

Erlbach, obern Theils.

Die Rittergutsgebäude sind nicht so bedeutend gross; doch haben solche eine angenehme Lage. Sie liegen vom Dorfe etwas entfernt, isolirt auf einer sanft ansteigenden Anhöhe, von wo man eine herrliche Aussicht auf das vor sich liegende Dorf, sowie nach Markneukirchen zu hat.

Ihrer Bauart nach gehören die Gebäude nicht ins graue Alterthum.

Die Seiten- und Nebengebäude des Rittergutes sind im Jahre 1817 und 1820 abgebrannt, da ein hiesiger Tagelöhner Christian Friedrich Sporn das Feuer böswilliger Weise angelegt hatte, welcher im Jahre 1821 gefänglich eingezogen und am 25. Februar 1823 öffentlich durchs Schwert hingerichtet wurde, einer Hinrichtung, welcher viele Tausend Menschen aus allen Theilen des Voigtlandes und aus einem grossen Theile von Böhmen beigewohnt haben.

Die früheren Besitzer dieses Rittergutes waren die Herren von Thoss, denen auch Adorf gehörte, wovon sich der Thossenhof herschreibt, ein im Voigtlande früher berühmtes altadeliches Geschlecht, von welchen die Besitzung im 17. Jahrhundert an die Familie von Beulwiz kam, welche schon früher Erlbach untern Theils besessen hat und solches auch jetzt noch behauptet.

Erlbach obern Theils wurde jedoch zu Anfang der 40ger Jahre an einen gewissen Zschocke verkauft, von welchen es Herr Fabricant Schiffner aus Schönau acquirirte, welcher es jetzt noch besitzt.

[167] Das Gut ist nicht unbedeutend und durch seine starken Waldungen nicht unergiebig.

Im Orte befinden sich aller Arten Handwerker und unter diesen vorzüglich auch Instrumentenmacher, die für die grossen Fabrikanten in Markneukirchen arbeiten.

Zu den hölzernen Instrumenten, welche in Markneukirchen und der Umgegend gefertigt werden, ist besonders das auf trockenem und steinigem Boden wachsende Holz brauchbar.

Die übrigen Einwohner beschäftigen sich grösstentheils mit Ackerbau, der aber hier schon nicht so recht erträglich ist.

Von dem sogenannten nahen Kegelberge aus überschaut man einen Theil der Herrschaft Asch in Böhmen, sowie die höchsten Gipfel des Fichtelgebirges bei Wunsiedel. Eine noch schönere Aussicht gewahrt der sogenannte Stein, ein ziemlich hoher Fels, der aber schon zu Böhmen gehört. Von dort aus überschaut man in nicht nur einen Theil des untern Voigtlandes, sondern auch das schöne Egerland, das sich amphitheatralisch vor den Augen des Beschauers ausbreitet und einen herrlichen Anblick gewährt. Erlbach obern Theils hatte früher seine besonderen Gerichte.

Unter diese Gerichtsbarkeit gehörte bis zur Einführung der neuen Gerichtsorganisation das 1 Stunde nordöstlich von Erlbach entfernte Goblosgrün und das Stunde westlich von Erlbach mit 7 Häusern und 21 Einwohnern gelegene Hetschen und das einzelne Haus Kegel.

In Goblosgrün waren früher auch einige Bauergüter, die unter Jurisdiction des Diaconates von Markneukirchen standen und dorthin zu zinsen hatten.

Stärker und grösser ist das Rittergut

Erlbach, untern Theils,

obschon es sich durch seine Gebäude nicht besonders auszeichnet, die ihrer Bauart nach mehr der Neuzeit angehören.

Das Rittergut liegt ziemlich in der Mitte des Dorfes, hart an dem durch das Dorf laufenden Bach.

Mit dem Rittergute Erlbach untern Theils war von jeher das Gut Eubbrunn combinirt, welches entfernt vom Dorfe mit 2 andern Bauerngütern auf einem Berge liegt, von wo aus man eine herrliche Aussicht geniesst.

In Eubabrunn war früher eine starke Brauerei, welche in der Folgezeit nach Erlbach verlegt wurde. Ein Vorwerk von Eubabrunn war in Wernitzgrün, welches eingegangen ist.

Im Dorfe Wernitzgrün ist ein Nebenzollamt 2. Classe mit einem Zolleinnehmer. Beide Orte Wernitzgrün wie Eubabrunn gehörten natürlich auch bis zur Einführung der neuen Gerichtsordnung unter die Gerichtsbarkeit von Erlbach untern Theils, dessen Erb-Lehn und Gerichtsherr seit vielen Jahrhunderten ein Herr von Beulwiz war.

Bis in das letzte Decennium dieses Jahrhunderts besass es Herr Rittmeister von Beulwiz, welcher vor wenig Jahren in Dresden gestorben ist, seit welcher Zeit es an dessen Erben gekommen ist.

Der Besitzer von Erlbach untern Theils ist auch Collator über die dasige Kirche und Schule, während der Gemeinderath das Recht der Besetzung der Schulstellen in den eingepfarrten Dörfern übt.

Erlbach war ursprünglich keine selbstständige Parochie, sondern von jeher Filial von dem 1 Stunde davon entfernten Landwüst, dessen Kirche ursprünglich blos als Kapelle für das schon frühzeitig eingegangene Schloss dieser Gegend, Wintersreuth, genannt, angelegt worden sein soll. Heute noch zeigt man den unterirdischen Gang, welcher Kapelle und Burg mit einander verbunden hat, welche letztere in einer Fehde mit dem Besitzer in Flammen aufgegangen und dann in ihren Trümmern liegen geblieben ist. Nach der Zerstörung dieser Burg ist erst Erlbach, der Rittersitz, entstanden, um welchen die Angehörigen des Besitzers sich ansiedelten. In der ersten Zeit der Erbauung benutzten dann die Bewohner von Erlbach die Kapelle von Wintersreuth zu ihren kirchlichen Verrichtungen. Später erst liess der Besitzer von Erlbach, ein Herr von Thoss selbst eine Kapelle bauen und den Pfarrer von Landwüst gegen eine Remuneration darinnen den üblichen Gottesdienst halten. Von dieser Zeit an bildete sich dieser Kirchenverband und Erlbach wurde stets als Filia von Landwüst betrachtet. Dieses Verhältniss bestand bis zum Jahre 1811, wo Erlbach von der Mutterkirche getrennt und in eine besondere Parochie umgewandelt wurde.

Die Kirche in Erlbach ist alt, wie man aus den geschnitzten Bildern und Statuen schliessen muss. Sie ist nicht klein, inwendig geräumig und lichtvoll. Die beiden Rittergüter haben in derselben 2 herrschaftliche Kapellen, woraus zu schliessen ist, dass sehr frühzeitig nach der Entstehung des Ortes Erlbach in 2 Theile getheilt worden ist.

[168] Der Kirchhof oder Gottesacker liegt ausserhalb des Dorfes, ohngeführ einige 100 Schritte entfernt an der nach Neukirchen führenden Strasse, auf einer kleinen Anhöhe. Derselbe enthält ausser der Familiengruft der von Beulwitz’schen Familie, ein schönes, steinernes Denkmal eines gewissen Herrn von Schwarzenberg, der darunter begraben liegt, aber nie Besitzer von dem einen oder andern Theil Erlbachs war.

In der ganzen Parochie, welche jetzt zur Inspection Markneukirchen, früher zu der von Oelsniz gehörte, befinden sich 3 Schulen. Die Hauptschule ist in Erlbach mit 2 Lehrern, eine Nebenschule in Wernizgrün mit einem Lehrer, und eine andere Nebenschule in Eubabrunn ebenfalls mit einem Lehrer, eine vierte befand sich in Goblosgrün, welche aber eingezogen und mit nach Erlbach verlegt worden ist.

Bis zur Gründung der neuen Parochie, also bis zum Jahre 1812 war in Erlbach kein eigentlicher Kirchschullehrer, sondern nur ein sogenannter Katechet oder Kinderlehrer, da die kirchlichen Funktionen von dem Kirchschullehrer zu Landwüst mit besorgt wurden.

Erlbach hat jährlich 2 bedeutende Jahrmärkte, wo wegen der Nähe Böhmens, dessen Bewohner sich zu diesen Märkten zahlreich einfinden, gute Geschäfte gemacht werden.

Im Orte ist eine Papiermühle, eine Mahl- und Schneidemühle, und unter den hiesigen Einwohnern, deren Zahl sich in 139 Gebäuden, incl. Kegel und Hetschen, auf 989 Einwohner beläuft, befinden sich 4 Königl. Grenz-Zollaufseher, 2 Schmiede, 1 Schlosser, 7 Wagner, 9 Schneider, 4 Schuhmacher, 5 Tischler, 1 Töpfer, 1 Weissbäcker und mehre Instrumentenmacher, wie wir oben schon erwähnt haben.

Im Dorfe Erlbach befindet sich noch ein Brunnen, der Salzbrunnen genannt, welcher Salzwasser hält. Es ist dieses Wasser vor mehrern Jahren chemisch untersucht, aber zu wenig nachhaltig befunden worden, so dass man von einer weitern Benutzung desselben wieder abgesehen hat.

Das zu Erlbach gehörige Dorf Eubabrunn liegt in einem freundlichen Thale, 1/4 Stunde südöstlich von Erlbach, während die eigentlichen Rittergutsgebäude mit 2 andern Bauernhäusern vom Dorfe entfernt auf einem Berge liegen, von wo aus man eine herrliche Aussicht nach den Städten Neukirchen und Adorf hat.

Der zu Eubabrunn gehörige Ort Wernitzgrün hat mit dem ersteren eine Schule und die Einwohner vom letztern Orte nähren sich theils von Ackerbau, theils vom Geigenwirbeln, drechseln und Instrumente machen, die weiblichen Personen nähen auch nach Plauen.

M. G.