Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Kindsunterschiebung
Band IV A,1 (1931) S. 952
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Suppositio partus (partum subicere) ist die Kindsunterschiebung, ein rechtswidriger Angriff auf den Personenstand, d. h. die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Familie. Die Tat wird gewöhnlich bald nach der Geburt, in den ersten Lebenstagen des Kindes begangen; ein besonderer Fall ist die Kinderverwechselung, z. B. statt eines Mädchens wird ein fremder Knabe untergeschoben. Die römischen Quellen haben den Tatbestand nicht näher beschrieben; Paull. II 24, 9 erwähnt den Fall der Unterschiebung durch eine Hebamme, die das dazu bestimmte Kind mitbrachte. Die Tat wurde nach der l. Corn. de falsis als falsum bestraft; Dig. XLVIII 2, 11, 1. XLVIII 10, 19, 1. 30, 1. Cod. IX 22, 1 und 10. Der Versuch wurde gleich der Vollendung (Paull. II 24, 9), und zwar mit dem summum supplicium, d. i. mit der Todesstrafe belegt. Die Bedeutung der Kindsunterschiebung für den Personenstand und die familienrechtlichen Verhältnisse tritt außer in der schweren Strafe auch in dem Ausschluß der Verjährung für die Strafklage (Dig. XLVIII 10, 19, 1), sowie in den umfangreichen Vorbeugungsmaßregeln zur Überwachung der Schwangeren und des Geburtsaktes hervor (Dig. XXV 4, 1, 1 und 8. Paull. II 24, 5–8). Wegen des durch die Unterschiebung auf das Kind geübten Zwanges konnte gegen den Täter, der bis zum Urteil Schadenersatz verweigerte, das Vierfache des Interesses geltend gemacht werden (Plaut. Truc. 762).

Abegg im Neuen Arch. d. Criminalrechts XI 602ff. Th. Mommsen R. Strafr. (1899) 676. 860. W. Rein Criminalrecht der Römer (1844) 790f. C. G. Wächter Lehrbuch d. Römisch-Teutschen Strafrechts I (1825) 268.