Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Strafe, Todesstrafe
Band IV A,1 (1931) S. 951952
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Supplicium. Dem ältesten römischen Recht fehlt ein fester, allgemein technischer Ausdruck für Strafe; daher verwendet es, zumal ihm nur die Todesstrafe bekannt, das Wort s. zur Bezeichnung der Strafe überhaupt. Der Ausdruck dürfte von der ‚Niederbeugung des Hauptes zum Empfang des Beilschlages‘ hergenommen sein (Mommsen Röm. Strafr. 916. Hitzig bei Mommsen Zum ältesten Strafr. 32). S. auch Vanićek Etymolog. Wörterbuch: ‚vom Sühnegebot bei der Hinrichtung ward diese selbst s. genannt und daher die allgemeine Bedeutung peinliche Strafe, Sühne, Genugtuung‘. Ältere etymologische Ableitungen s. bei Rein Crim.-R. der Römer 29. Anfänglich scheint für jedes todeswürdige Verbrechen eine besondere Todesstrafe festgesetzt gewesen zu sein, ‚die mit der Sühne der religiösen Schuld, welche der Verbrecher auf sich geladen hatte, in Verbindung stand‘ (Zumpt Crim.-Recht der röm. Republik I 397). So war auf parricidium der Tod durch Hängen gesetzt und heißt es diesbezüglich: caput obnubito, infelici arbori reste suspendito, verberato vel intra pomerium vel extra pomerium; desgleichen wurde derjenige pubes gehängt, qui frugem aratro quaesitam furtim noctu pavit ac secuit; den Elternmörder traf die poena culei, er wurde virgis sanguineis caesus et culeo insutus ins Meer oder einen Fluß geworfen; Blutschande und falsches Zeugnis wurden durch praecipitatio de saxo Tarpeio, die unkeusche virgo vestalis durch Lebendigbegraben gestraft; auf Brandstiftung ist Tod durch Feuer gesetzt. Auch bei der Enthauptung durch das Beil, was die gewöhnliche alte Form der Todesstrafe, nach vollzogener Stäupung, gewesen war und späterhin als s. antiqui moris bezeichnet wird, wird der Opferritus nachgeahmt. Totprügeln sowie der Feuertod (über ersteres s. Madvig Verf. u. Verwaltung I 356. II 299 und Mommsen Röm. Strafr. 703. 983. 985) kommen übrigens nur vereinzelt vor (Pernice Parerga VII; Sav.-Ztschr. R. A. XVII 211). Die Kaiserzeit verbot dann die praecipitatio de saxo (l. 25 § 1 D. de poen. 48, 19: non potest quis sic damnari ut de saxo praecipitetur) und die Hinrichtung durch Beil, Geschoß, Prügel oder Strick (c. 8 § 1 D. eod. non securi, vel telo, vel fusti vel laqueo); dafür war Hinrichtung durch das Schwert, Kreuzigung, damnatio ad bestias, meatus oris et faucium liquentis plumbi ingestione claudi zu den bisher üblichen Arten hinzugetreten. Über die verschiedentlichen Todesarten s. auch Schulin Lehrb. der Gesch. des röm. Rechtes 137. 147 und Madvig a. O. II 285ff. Über die bei der Vollziehung der Todesstrafen verwendeten Organe s. Geib Gesch. des röm. Crim.-Prozeß 384.

Bei den Griechen finden wir als Arten der Todesstrafe: das Hinabstürzen in den Abgrund, den Giftbecher, Erdrosselung bezw. Erhängen, Tod durch Keulenschlag und durch das Schwert (vgl. hiezu Wenger Recht der Griechen u. Römer bei Hinneberg Kultur der Gegenwart II 7, 279 und v. Wilamowitz bei Mommsen Zum ältesten Strafrecht 27). Während bei den Römern die [952] Hinrichtung regelmäßig öffentlich erfolgte und nur bei Frauen und vornehmen Personen hievon eine Ausnahme gemacht wurde, scheint die öffentliche Vollziehung der Strafe griechischer Auffassung widerstrebt zu haben (s. Wenger a. O.).

Über die Strafarten der isaurischen Kaiser s. Zachariä Gesch. des griech.-röm. R. 308; im Rechte der Papyri s. Taubenschlag Das Strafrecht der Papyri 73ff. 106ff. 124; im israelitischen Recht Wellhausen bei Mommsen Zum ältesten Strafrecht 95.

Literatur. Walter Röm. Rechtsgesch. (1840³) 427ff. Geib Gesch. des röm. Crim.-Proz. (1842). Rein Röm. Crim.-Recht (1844) 29. Rudorff Röm. Rechtsgesch. (1857) 406ff. Zumpt Criminalr. der röm. Repub. (1865) I 1, 124. 390. I 2, 45. 174. II 58. Huschke Die multa u. das sacramentum (1874) 240ff. Madvig Verf. u. Verw. (1882) 285ff. Schulin Lehrb. d. Gesch. der röm. R. (1889) 137. 147. Mommsen Röm. Strafrecht (1899) 12, 916; Zum ältesten Strafrecht (1905). Amira Die german. Todesstrafen und hiezu Wenger K. V.-J. 3. Folge XX. Heft 1 und 2, 82.

[Pfaff. ]