Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Völkerschaft im keltischen Gallien, der Bretagne und Normandie
Band XVI,2 (1935) S. 16711672
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Namnetae oder Namnetes. Völkerschaft des keltischen Gallien im südwestlichen Teil des armorikanischen Gebiets, das sich längs des Meeres von der Mündung der Loire bis zur Mündung der Seine erstreckte und ungefähr der heutigen Bretagne und Normandie entspricht. Obgleich von Caesar unter den Aremorici (are = bei, mori = Meer), bell. Gall. VII 75, nicht erwähnt, gehören die N. gleichwohl zu diesen; der Autor hat an der betreffenden Stelle nicht sämtliche Stämme aufgezählt. Er nennt die N. (bell. Gall. III 9. 10) als Verbündete der Veneter in ihrem Verteidigungskampf. Ihr Gebiet erstreckte sich auf dem rechten Ufer der Loire, in der Nähe von deren Mündung, im nördlichen Teil des heutigen Departement Loire-Inférieure. Strabo (IV 2, 1) sagt, daß die Loire sie von den Pictones trennt: ὁ δὲ Λίγηρ μεταξὺ Πικτόνων τε καὶ Ναμνιτὼν ἐκβάλλει. Ptolem. II 8, 8 nennt sie infolge eines Irrtums im Anfangsbuchstaben Σαμνῖται; anstelle des ι ist das sonst übliche η zu lesen, so daß sich die gebräuchliche Form des Namens: Ναμνῆται oder Namnetae ergibt. Plinius (n. h. IV 107) schreibt wie Caesar Namnetes (-tis Hss.) und die Notitia Galliarum hat civitas Namnetum (p. 586 M.). Hingegen bietet eine Inschrift den Singular Namnis CIL XIII 6230[1] = Dess. 2496). Ebenso finden sich (XIII p. 483) die Formen Nameti, Nametis, Namitis usw.).

Der Name der Völkerschaft, Namnetes, ergab den Namen der Stadt Nantes, die zweifelles identisch ist mit dem ehemaligen Condivincum, dem Hauptort des Landes (Ptol. II 8, 9. Tab. Peut. CIL XIII p. 483).[2] Diese Annahme ist jedoch mehrfach bestritten und Condivincum nach Blain verlegt worden, das – Hauptstadt eines Kantons – 44 km von Nantes entfernt am Isac und dem Kanal von Nantes nach Brest liegt und Kreuzungspunkt zahlreicher Straßen ist (Bizeul Des Namnètes et de leur ancienne capitale, Ann. Soc. Acad. de Nantes II 1851, 32–70; Des Namnètes aux époques celt. et rom. ebd. XXXI [1860] 237f.; B. Soc. arch. de Nantes I [1859–1861] 114. 151. 209. 276. 335. 337. II [1862] 77–99).

In der Kaiserzeit gehörten die N. zu Gallia Lugdunensis, vom 4. Jhdt. ab zu Lugdunensis III. Frühzeitig schon wuchs die Bedeutung dieser Völkerschaft auf Kosten der Veneter. Nantes war der Haupthafen (Portus Nemetus oder Nemetum? Tab. Peut.) und wahrscheinlich Sitz der Genossenschaft [1672] der Loireschiffer (nautae Ligerici, CIL XIII 3105).[3] Ein Seehafen, Portus Brivates (Ptolem. II 8, 1) könnte identisch sein mit St. Nazaire (Jullian Hist. Gaul. VI 445, n. 5) oder le Croisic; in der Nähe von Guérande könnte der Hafen Grannona zu lokalisieren sein (Maître Ann. Soc. Acad. de Nantes 1889, 286. 247). Das von Strabo a. O. erwähnte Corbilon, ein bedeutender Marktflecken, wird von einigen mit dem Dorf Couéron, von andern mit St. Nazaire identifiziert (Maître Mém. sur l’emplac. du port de Corbilon et sur les origines de St. Nazaire 1889, Ann. de Bretagne 118). Im Gebiet der N. sind zahlreiche römische Straßen identifiziert und markiert worden, und mehrere Ortschaften, wie Mauves, Petit-Mars, Fégréac usw. bieten interessante Spuren gallo-römischer Kultur (Maître Géogr. hist. et descr. de la Loire-Inférieure 1889 t. I; La conquête de la Basse-Loire par le réseau des voies romaines, B. Soc. arch. Nantes XLIX [1908] 69–98).

Anmerkungen (Wikisource)

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  1. Corpus Inscriptionum Latinarum XIII, 6230.
  2. Corpus Inscriptionum Latinarum XIII, 483.
  3. Corpus Inscriptionum Latinarum XIII, 3105.