Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Kleombrotos I., König von Sparta um 380 v. Chr., zieht gegen Theben ins Feld
Band XI,1 (1921) S. 677678
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2) Kleombrotos I., König von Sparta, Agiade, Sohn des Königs Pausanias, Bruder Agesipolis’ I., Vater Agesipolis’ II. und Kleomenes’ II. (Paus. I 13, 4. III 5, 7), war bei der Verbannung seines Vaters 394 noch unter der Vormundschaft des Aristodemos und folgte 380 seinem Bruder Agesipolis I. in der Regierung (Diod. XV 23, 2). Sein erster Feldzug richtete sich gegen Theben, das die Besatzung der Kadmea vernichtet hatte, 378 μάλα χειμῶνος ὅντος. Er rückte in das thebanische Gebiet ein, begnügte sich aber mit einer Demonstration, indem er 16 Tage im Lande blieb, und zog dann über Kreusis ab, wobei er durch einen Sturm allerlei Verluste erlitt (Xen. hell. V 4, 14–18. Plut. Pelop. 23). Zum zweiten Male rückte er im [678] Frühjahr 376 gegen Theben vor, mußte aber vor den Kithaironpässen, die die Athener und Thebaner besetzt hielten, unverrichteter Dinge umkehren und sein Heer entlassen (Xen. hell. V 4, 59). Im folgenden oder einem der nächstfolgenden Jahre (s. u.) ward er den Phokiern auf ihre Bitte gegen die Thebaner zu Hilfe gesandt und zwang diese, sich in ihr Land zurückzuziehen (Xen. hell. VI 1, 1. 2, 1). Endlich erhielt er drei Jahre später, bald nach dem Friedensschluß des J. 371, den endgültigen Befehl, nunmehr energisch gegen Theben vorzugehen (Xen. hell. VI 4, 2–3). Er täuschte die Thebaner über seinen Anmarsch, drang über Kreusis in ihr Gebiet ein und lagerte bei Leuktra, entschlossen, diesmal den Thebanem eine Schlacht zu liefern, da ihm seine früheren Mißerfolge sehr verdacht worden waren (Xen. hell. 4, 5). So kam es zum Kampf bei Leuktra (5. Aug. 371), in dem er, nachdem sein Versuch, den linken Flügel der Thebaner zu umgehen, gescheitert war (Plut. Pelop. 23), tapfer kämpfend den Tod fand (Xen. hell. VI 4, 2–15. Plut. Ages. 28. Paus. IX 13, 8–10).

Schwierigkeiten macht in diesem Zusammenhang nur die Angabe Xenophons, daß K.s Anmarsch im J. 371 von Phokis aus über Thisbe und Kreusis erfolgt sei, und zwar auf einem gebirgigen Wege, d. h. offenbar über den Helikon (Xen. hell. VI 4, 3). Genauere Angaben gibt Paus. IX 13, 3, der also in diesem Falle von Xenophon unabhängig ist; danach ging der Marsch des K. über Ambrosos, wo eine boiotische Wache unter Chaireas überrumpelt ward, und weiter offenbar über Stiris und Phlegonion auf Thisbe. An der Tatsache, daß K. aus Phokis kam, wird also kaum zu zweifeln sein (vgl. auch Plut. Ages. 28, der wahrscheinlich ebenfalls von Xenophon unabhängig ist), und es fragt sich nun, wie dies mit der Expedition von 375/4 sich zusammenreimt. Xenophon faßt die Sache offenbar so auf, daß K. noch seit 375 in Phokis steht, was aber an sich wenig wahrscheinlich ist. Deshalb hat Beloch Gr. Gesch. II 1, 244, 1 einen Irrtum Xenophons angenommen und gemeint, der Feldzug gehöre ins J. 372 und sei von Xenophon drei Jahre zu früh angesetzt, während Ed. Meyer V 398 A. den umgekehrten Weg einschlägt: nach ihm fällt der phokische Feldzug ins J. 374 und endete im selben Jahre mit der Entlassung des Heeres, ward aber im J. 372 wiederholt, wovon indes nichts in den Quellen zu finden ist. Ich glaube, daß Belochs Ansicht vorzuziehen ist, weil sich bei ihr Xenophons Irrtum leicht erklärt; er wußte, daß der phokische Feldzug kurz vor dem Friedensschluß stattfand und hat dann die beiden Friedensschlüsse von 374 und 371 verwechselt. Danach würde also K.s phokisches Unternehmen 372 anzusetzen sein.