Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Proculus Person in röm. Sage
Band X,1 (1918) S. 112113
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33) Proculus Iulius soll nach bekannter römischer Sage nach dem Verschwinden des Königs Romulus dem trauernden und geängstigten Volke bezeugt haben, daß der Verschwundene ihm in übermenschlicher Gestalt erschienen sei und sich als Gott Quirinus zu erkennen gab. Die Sage erscheint bereits bei Cicero rep. II 20; leg. I 3, also vor Caesars Herrschaft, in allen Einzelheiten fest ausgebildet, obgleich er der erste ist, der Romulus und Quirinus gleichsetzt (vgl. Wissowa Religion und Kultus der Römer² 155, 5; unten Bd. I A. S. 1097ff.). Für Cicero ist der Zeuge ein homo agrestis (rep.), wohnte demnach nicht in Rom, und folglich lag bereits dem Cicero die Meinung vor, daß Proculus Iulius dem Iulischen Geschlechte angehörte, das damals noch in Alba wohnte. Zwar gleitet Livius über diesen Punkt hinweg, aber sonst gehört er in der augustischen Zeit zum festen Bestande der Tradition. Bei Ovid. fast. II 499 heißt es: Proculus Longa veniebat Iulius Alba, und bei Dionys. II 63, 3 ist nun das Gesamtbild des Mannes breit ausgeführt: παρελθών τις … Ἰούλιος ὄνομα τῶν ἀπ’ Ἀσκανίου (also aus Alba) γεωργικὸς ἀνὴρ (vgl. Cic.) καὶ τὸν βίον ἀνεπίληπτος, οἷος μηδὲν ἂν ψεύσασθαικέρδους ἕνεκα οἰκείου (vgl. Cic., auch Liv. I 16, 5: gravis, ut traditur, quamquam magnae rei auctor). Noch weiter ging dann die Ausschmückung bei Plut. Rom. 28, 1; vgl. Numa 2, 3; Parall. min. 32, auch bei anderen Autoren, wie Auct. de vir. ill. 2, 13f. Hieron. zu Euseb. chron a. 1142. 1300 (Mommsen Philol. Schr. 628. 630); doch etwas Neues ist eigentlich nicht hinzugekommen (vgl. noch die Erwähnungen bei Flor. I 1, 17f. Zonar. VII 4 [aus Plut.]. Lactant. inst. div. 115. Minuc. Fel. 21, 9). Man hat längst gesehen, daß ein Ahne des Iulischen Geschlechtes in Beziehung zu dem Stadtgründer gesetzt werden sollte, ohne daß dadurch die Tradition von der albanischen Herkunft dieses Geschlechts, die mit der von seinem troischen und göttlichen Ursprung aufs engste zusammenhing, aufgehoben wurde; diese Richtung haben die Iulier selbst der Entwicklung der Sage gegeben (vgl. Schwegler R. G. I 537). Da sie uns als ein fertiges Ganzes entgegentritt, sind ihre früheren Stufen nicht zu ermitteln; doch hat vielleicht schon Caesar in der Leichenrede auf seine Tante Iulia (s. d.) und in der ersten Zeit seines Oberpontifikats zur Verbreitung und Bekräftigung der ausgestalteten Sage beigetragen. Auch kleine Züge gehören zu ihrem festen Bestande, so der, daß das Zeugnis des I. den Verdacht des Volkes gegen den Senat als unbegründet erweist (vgl. schon Cic.), oder der, daß der Gott bei seiner Epiphanie nicht nur die [113] eigene Göttlichkeit, sondern auch die künftige Große seines Volkes verkündet; der Ausbau der Tradition ist von vornherein wohl überlegt gewesen, wenn auch ihre Grundlagen nur schwach gewesen sein mögen. Über Proculus als Beinamen bei Iuliern der Kaiserzeit s. u.