Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Oberbefehlshaber d. Karthager gg. Massinissa
Band VII,2 (1912) S. 24762477
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13) Der Boetharch, Oberbefehlshaber der Karthager gegen Massinissa. Im J. 150 rückte er mit einem bedeutenden Heere gegen Massinissa aus (Appian. Lib. 70); durch 6000 Überläufer verstärkt, ließ er sich auf ein ungünstiges Gelände verlocken und ward völlig besiegt (Appian. Lib. 71). Sein Heer ward von Massinissa eingeschlossen und nach einem vergeblichen Durchbruchversuch zur Kapitulation unter sehr schweren Bedingungen genötigt, H. kehrte nach Karthago zurück (Appian. Lib. 72–73) und ward hier aus Furcht vor dem drohenden Römerkrieg zum Tode verurteilt (Appian. Lib. 74). Darauf sammelte er ein beträchtliches Heer und belagerte damit Karthago, als 149 die römischen Consuln in Utika erschienen (c. 80). Nachdem die Stadt den Krieg gegen Rom beschlossen hatte, übernahm H. auf Bitten des Vaterlandes wieder den Oberbefehl (Zonar. IX 26. 463 d) und bezog bei Nepheris in der Nähe Karthagos eine feste Stellung, von der aus er den Römern allerlei Abbruch tat. Ein Angriff des Consuls Manilius auf seine Stellung mißglückte (Appian. Lib. 102–104. Zonar. IX 26. 27. 464 a–d. 465 e; Rücksendung der gefallenen Offiziere auch Diod. XXII 8); auch ein zweiter hatte keinen Erfolg (107). Die neuen Consuln von 148 wagten ihn überhaupt nicht mehr anzugreifen (Appian. Lib. 110). Hierdurch ermutigt, stürzte er zunächst seinen Mitfeldherrn H., ließ dann seinen Unterfeldherrn Diogenes in Nepheris zurück (vgl. Appian. Lib. 126) und bezog nun ein festes Lager unter den Mauern Karthagos im Angesicht des römischen Belagerungsheeres unter Scipio im J. 147 (Appian. Lib. 111. 114). Die Eroberung des Stadtteils Megara vermochte er nicht zu hindern; um aber jede Aussicht auf Ergebung abzuschneiden, ließ er die römischen Kriegsgefangenen im Angesicht des römischen Heeres auf das grausamste hinmorden (Appian. Lib. 118. Zonar. IX 29. 467 a – 468 b). Die Mitglieder des Rates, die darüber murrten, ließ er hinrichten und bereitete seine Alleinherrschaft vor (Appian. Lib, 119). Seine wüsten Schlemmereien in der ausgehungerten Stadt tadeln Polyb. XXXVIII 2, 11-15 und Diod. XXXII 22; dabei stand er immer noch in ganz guten Beziehungen zu den Römern und wußte [2477] sich bei einer Unterredung mit Massinissas Sohn Gulussa, bei der er einen albernen Kleiderluxus entfaltete, sich leidliche Bedingungen zu sichern, die er dann freilich nachher großtuerisch ablehnte (Polyb. XVIII 1, 1–2, 8, doch vgl. Zonar. IX 30. 468 d). Diese Unterredung fand im Winter statt (Polyb. XXVIII 2, 2), im Frühjahr 146 sah sich H. genötigt, das äußere Lager aufzugeben (Appian. Lib. 119). Um weitere Fortschritte der Römer zu verhindern, versuchte er den Stadtteil Kothon einzuäschern, wobei dieser in Feindeshand geriet (c. 127). Von da an beschränkte er sich auf die Verteidigung der Byrsa und des festen Asklepiosheiligtums, in das er sich mit seiner Frau, seinen Kindern und den römischen Überläufern zurückgezogen hatte, ergab sich dann aber Scipio, der ihn begnadigte, während seine Frau mit ihren Kindern unter furchtbaren Verwünschungen sich in die Flammen stürzte (Appian. Lib. 131. Diod. XXXII 23. Zonar. IX 30. 469 b. Liv. per. LI. Strab. XVII 3. 14 p. 832. Val. Max. III 2, 8. Flor. II 15. Oros. IV 23). H. starb in der Gefangenschaft in Italien.

Quellen: Hauptquelle ist die zusammenhängende Darstellung bei Appian. Lib. 69–132, vgl. Zonar. IX 26, 462 c ff. 29, 467 a. 30, 470 a, dazu einzelne Bruchstücke bei Diod. XXXII. Im allgemeinen gehen alle auf Polybios zurück (vgl. Appian. Lib. 132), von dem aus Buch XXXVIII einige wertvolle Bruchstücke erhalten sind.