Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Backofen mit zahlreicher Erhaltung in Pompeii
Band VII,1 (1910) S. 378380
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Furnus, der Backofen, bekannt durch zahlreiche Erhaltung in Pompeii: L. Fulvio Delle fornaci e dei forni pompeiani, in: Pompei e la regione sotterrata dal Vesuvio, Napoli 1879 I 283–291. Er ist von dem noch jetzt in einfachen Verhältnissen üblichen nicht wesentlich verschieden, nur kleiner. Auf einem massiven Podium in Tischhöhe ist zunächst in dem kreisrunden oder ovalen Umfang des F. – Durchmesser 2–3 m – senkrecht aufgemauert bis zur Höhe von etwa 0,25 m, aus Lavablöcken, um nicht durch Stöße der Schaufel (pala) oder der Schürstange (rutabulum) beschädigt zu werden. Dann folgt gleich die Überwölbung, Kuppelgewölbe, aber häufig oben kegelförmig endend, mit Vorliebe aus zerbrochenen Dachziegeln; zu oberst oft die Spitze einer Amphora oder ein ganzer Dachziegel; die innere Höbe schwankt zwischen 1/2 und 9/10 des Durchmessers. Der Boden besteht aus Dachziegeln, mit der Unterfläche nach oben und sorgfältig mit Kalkmörtel verstrichen, unter denen bisweilen eine 0,1 m hohe Sandschicht liegt. Die Öffnung – beim ovalen F. am Ende des kurzen Durchmessers – ist rechteckig, mehr breit als hoch, und von sehr verschiedener Größe, von 1/5 bis 1/2 des Querdurchmessers. Sie wurde geschlossen nicht durch eine auf Angeln drehbare Tür, sondern durch eine vorzustellende eiserne Verschlußplatte, die in einem Falle, mit zwei Handgriffen versehen, gefunden wurde; abgeb. Fulvio Taf. II 4; sie wurde, wie noch jetzt, vorgestellt, [379] wenn das Feuer ausgebrannt war. Einige Male ist noch etwa 1 m über dem Boden des F. eine kleine, mit einer Tonröhre gefütterte Öffnung, als Ausweg für Rauch und Feuergase und zur Herstellung des Zuges; auch sie wird man, wenn das Feuer erloschen war, irgendwie geschlossen haben. Nur in einem Falle (VI 8, 2, sicher alt, was Fulvio S. 286 mit Unrecht bezweifelt) ist neben der Hauptöffnung noch eine kleine, gewiß auch verschließbare Öffnung, um das Fortschreiten des Backprozesses beobachten zu können.

Vor der Öffnung ist stets eine Art Tisch für die Bedienung des Ofens; selten ist er von einer Wölbung, meist von Holzbohlen getragen; immer aber ist unter ihm ein Raum, vielleicht zur Aufnahme der nach der Heizung aus dem Ofen genommenen Asche. Der Tisch steht regelmäßig zwischen zwei Mauern in Verlängerung der Seitenflächen des Podiums, die meist durch eine Wölbung verbunden sind, so daß der Tisch unter Dach steht. In der einen dieser Mauern ist regelmäßig eine fensterartige Öffnung, durch die der Raum vor dem F. mit der Backstube (panificium) verbunden ist; durch sie wurden die zu backenden bezw. gebackenen Brote zum Ofen und wieder zurück gereicht. An der anderen Mauer steht bisweilen ein bleierner Kasten für Wasser, mit runder Öffnung oben zum Füllen, und zwei Röhren: die eine, um das Wasser zum Gebrauch ausfließen zu lassen, die andere, ganz unten, zur Ausleerung. Das Wasser diente vermutlich zum Anfeuchten des Brotes. Zu demselben Zweck steht regelmäßig vor dem F. auf einem gemauerten Untersatz – bisweilen auch auf dem ausrangierten Catillus einer Mühle – ein schüsselartiges Ton- oder Bleigefäß, das wohl aus dem Bleikasten, wo er vorhanden war, gefüllt wurde.

Die Wölbung über dem Tisch hat bisweilen eine Öffnung zum Abzug des Rauches. War dies nicht der Fall, so mußte der Rauch unter der Wölbung hindurch sich seinen Ausweg suchen. In einigen Fällen schließt sich an die Öffnung ein Schornstein an; so in der oft abgebildeten Bäckerei neben dem sog. Haus des Sallustius (Overbeck Pompeji4 385 Fig. 188. Fulvio Taf. II 6), wo sich der Schornstein unten zu einer Art Kappe erweitert. Es kommt auch vor, daß der Raum über dem Tisch, zwischen den beiden vorspringenden Mauern, sich in seiner ganzen Ausdehnung nach oben verlängert und als Schornstein diente. Aber der Abzug des Rauches fand auch noch in anderer Weise statt. In einigen Fällen ist nämlich die Ofenkuppel, zur Verzögerung der Abkühlung, eingeschlossen in einem mit Tonnengewölbe überdeckten Raum, und es kommt vor, daß dies Tonnengewölbe sich ohne Trennung auch über den Raum vor der Öffnung (wo der Tisch steht) erstreckt und also eins ist mit der die zwei vorspringenden Mauern verbindenden Wölbung, so daß nun der Rauch sich zunächst in dem Zwischenraum zwischen Ofenkuppel und Tonnengewölbe sammelte, um dann durch Öffnungen in letzterem seinen Abzug zu finden (Overbeck Pompeji4 388 Fig. 192. Fulvio Taf. II 7). Es konnte also dieser Zwischenraum gut als Rauchkammer, z. B. für Wein dienen. Aber einige Male ist noch eine besondere Rauchkammer vorhanden, ein Raum über dem Tonnengewölbe, in den der Rauch entweder [380] durch die eben erwähnten Öffnungen eindrang, oder, wenn, wie oben erwähnt, der Raum vor dem Ofen sich in ganzer Breite nach oben als Schornstein fortsetzte, durch Öffnungen in der Mauer, die diesen Schornstein von dem Oberzimmer trennt (Fulvio Taf. II 9).

Kuchenbäckereien hatten kleinere F., deren zwei in Pompeii gefunden sind (Overbeck4 390). Ferner haben einige Privathäuser in der Küche, auf oder neben dem Herd, einen kleinen Backofen von etwa 1 m äußerem Durchmesser. Sie werden wohl nur für Kuchenbäckerei gedient haben (Mau Pompeji in Leben u. Kunst 249. 253). Einmal, in der Casa del Centenario, findet sich im Keller ein F. gewöhnlicher Größe, unter dem Bade liegend, so daß er zur Erwärmung desselben mitwirkte. Er war wohl bestimmt, das Brot für den Hausbedarf zu backen. An gewerbsmäßige Bäckerei ist nicht zu denken, da die Mühlen und der ganze sonstige Apparat (s. Bäckerei o. Bd. II S. 2741f.) fehlen.

Overbeck-Mau Pompeji4 388f. Mau Pompeji in Leben und Kunst 383. Blümner Technologie I 65f. Daremberg-Saglio Dict. d. Ant. II 1420f. (Thédenat).

[Mau. ]