Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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der heute Hilmend benannte längste Wasserlauf in Ostiran
Band VI,1 (1907) S. 806807
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Etymandros, heute Hilmend, der bedeutendste und längste Wasserlauf in Ostiran (Ariana). Er entspringt auf einer Parallelkette des Hindukusch (Paropanisos) östlich von Kabul, also im (Gebiet der indischen Paropanisaden, durchfließt in südwestlicher Richtung die Landschaft Arachosien in einem der für diese typischen engen Längstäler (ein solches stellt z. B. auch der Arachotos dar) und betritt dann das südliche Drangiana, das, heute Steppe und Wüste, im Altertum ein reiches, blühendes Kulturland war. Er durchzieht dasselbe in fast westlicher Richtung in breiter, tief eingerissener Furche, der Depression des Hamūn oder Zareh zustrebend, in der er sich schließlich verliert, ohne den See selbst zu erreichen, da er vorher, wie die meisten iranischen Flüsse, von den Eingeborenen zur Bewässerung der Felder in zahllose, feine Wasseradern und Kanäle aufgelöst wird. Dieses Bewässerungssystem des südlichen Drangiana (ursprünglich von dem iranischen Stamme der Ariaspai-Euergetai, vom 2. Jhdt. ab von mongolischen Saken bewohnt und nach diesen Sakastene genannt, s. d.), dem der E. zum [807] Opfer fällt, war im Altertum besonders kunstvoll und weitverzweigt durchgeführt; die Anlagen wurden wegen ihrer staunenerregenden Großartigkeit dem Nationalhelden Rustam zugeschrieben; ihnen vor allem und in zweiter Linie der unverhältnismäßig größeren, räumlichen Ausdehnung des heute zum größten Teile versumpften Zareh (mare Ponticum) verdankte das Land seine außerordentliche Fruchtbarkeit und hohe Kultur, von der noch heute zahlreiche große, über das Hilmendtal verstreute Ruinenplätze Zeugnis ablegen. Bedeutendere Nebenflüsse empfängt der E. nur von Osten her, aus Arachosien, vor allem die Hauptwasserader dieser Landschaft, den Arachotos (heute Arghand-āb; s. d.), der an der arachosisch-drangianischen Grenze bei Beste (heute Kaleh Bist) einmündet. Arrian. anab. IV 6, 6. Curt. VIII 30 (wo der E. irrig unter den indischen Strömen aufgeführt wird; das hier erwähnte mare, in das ein Arm des Flusses einmündet, ist der Zareh, der VII 11, in wortgetreuer Übersetzung des avest. zrayah, Ponticum mare benannt ist). Plin. n. h. VI 92. Polyb. XI 34, 13. Der Name variiert: E. bei Arrian und ähnlich Ethymantus bei Curtius, Hermandus bei Plinius, Erymanthos bei Polybios. Die älteste Namensform geben die Alexanderschriftsteller, sie entspricht am genauesten dem haëtumañt des Avesta (Vendidād I 13) und bedeutet ,furten-, brückenreich’. Daraus hat sich durch Vermittlung des Peḥlewi der heutige Name Hilmend entwickelt; diese spätere Peḥlewiform tritt auch in Hermandus und Erymanthos entgegen.