Emporiae (Ἐμπόριον), Stadt und Hafen im diesseitigen Hispanien, jetzt Ampurias. Das ἐμπόριον, das die Massalioten jenseits des äussersten ins Mittelmeer auslaufenden Vorgebirges der Pyrenäen gegründet hatten, ist zwar mit Unrecht für identisch gehalten worden mit ,dem reichen Pyrene, wo die Massalioten Tausch– und Handelsgeschäfte machten' (nach dem alten Periplus in Aviens or. marit. 558ff.); denn dieses lag im Land der Sorden oder Sordaonen (Plin. III 32) nördlich, jenes südlich der Pyrenäen bei den Indiketen. Aber auf das ganze Gebiet nördlich und südlich von der Ostspitze der Pyrenäen erstreckte sich Massalias Handel, so dass von daher bis zu den Heraklessäulen für ein schnelles Schiff eine Fahrt von sieben Tagen gerechnet wurde (ebd. 562ff.). Von der Bedeutung dieses massaliotischen ,Handelsplatzes' legen die zahlreichen Münzen Zeugnis ab, die hier geschlagen worden sind (Mon. ling. Iber. p. 3ff.). Die ältesten von ihnen reichen bis in das 5. Jhdt. hinauf und werden mit denen der phokaeischen. Colonien in Italien und mit den ältesten massaliotischen zusammen gefunden; es sind meist Fraktionen der Drachme (Mon. ling. Iber. nr. 5) - ob es eine Goldmünze dazu gab, ist zweifelhaft (ebd. nr. 8f.) -; nachher Drachmen. Sie zeigen denen der unteritalischen Münzen ähnliche Typen, die Drachmen besonders ausser dem Pallas- oder Nymphenkopf den Pegasos mit aus einem kleinen sitzenden Eros mit Flügeln gebildeten Kopf, einer griechischen Erfindung, deren Sinn nicht deutlich ist, und die Aufschrift E, EM, EMΓ, EMΠΟΡΙΤΩΝ (ΕΝΠΟΡΙΤΩΝ). Ausser ungefähr acht verschiedenen Haupttypen mit zahlreichen Varietäten giebt es solche mit etwa sechzig verschiedenen Aufschriften in kleinster iberischer Schrift (ebd. h 1-63), die, so weit sie gelesen werden konnten, Namen umliegender einheimischer Gemeinden zu sein scheinen oder vielleicht teilweise Magistratsnamen. Der Volksstamm der Indiketen, wie ihn die Griechen nannten (s. d.), hat ausserdem zahlreiche Kupfermünzen geschlagen, in etwa achtzehn Varietäten, mit der iberischen Aufschrift untcescen (ebd. nr. 6), die auch auf denen einiger anderer Gemeinden (nr. 7. 8. 9. 13) wiederkehrt. Das sind die ältesten Zeugnisse für den Handelsverkehr von E. An die griechischen und iberischen schliessen sich die nicht minder zahlreichen römischen Kupfermünzen an, die dieselben Typen, Minervenkopf und Pegasos, nur in roherer Ausführung, und die Aufschrift munic(ipii) Emporitani nebst den abgekürzten Namen von etwa zwölf verschiedenen Collegien von quais(tores) von verschiedener Zahl zeigen (ebd. k). Sie gehören sämtlich noch der republicanischen Zeit an, reichen aber herab bis auf die Caesars. Dass E. eine massaliotische Gründung sei, steht fest [2528]
durch die auf alte Quellen zurückgehende allgemeine geographische Überlieferung (Periplus des sog. Skylax § 2 Ἐμπόριον – εἰσὶ δὲ οὗτοι Μασσαλιωτῶν ἂποικοι. sog. Skymnos descr. orb. 202ff. πόλεις Ἑλληνίδες, ἃς Μασσαλιῶται Φωκαεῖς ἀπῴκισαν, πρώτη μὲν Ἐμπόριον, Ῥόδη δὲ δευτέρα. Steph. Byz. s. Ἐμπόριον πόλις Κελτική – Iberien und das Keltenland werden noch nicht genauer geschieden –, κτίσμα Μασσαλιωτῶν). Wie sich weiterhin das Verhältnis des E. zu den iberischen Völkern und zu Hannibal gestaltete, erfahren wir nicht. Aber der alten Freundschaft zwischen Rom und Massalia entsprechend erscheint es vom Beginn der römischen Eroberung der Halbinsel an als ihr Hauptstützpunkt. Polybios gibt bei der Übersicht über die karthagische Herrschaft in Iberien die Entfernungen von den Heraklessäulen bis zu den Pyrenäen an, und zwar vom Iberos εἰς Ἐμπόριον 1600 Stadien (III 39, 7). Cn. Scipio beginnt im J. 536 d. St. = 218 v. Chr. von da aus die Eroberung (III 76, 1 ἀναθεὶς ἀπὸ τῶν τοῦ 'Ροδάνου στομάτων προσέσχε τῆς βερίας πρὸς τοὺς κατὰ τὸ καλούμενον Ἐμπόριον τόπους u. s. w.). Dasselbe nach römischen Quellen etwas genauer Livius (XXI 60, 1 Cn. Cornelius Scipio in Hispaniam cum classe et exercitu missus cum ab ostio Rhodani profectus Pyrenaeosque montes circumvectus Emporiis adpulisset classem, exposito ibi exercitu orsus a Lacetanis omnem oram usque ad Hiberum flumen partim renovandis societatibus partim novis instituendis Romanae dicionis fecit, im ganzen genau wie Polybios). Ebenso beginnt von hier aus der ältere Africanus seine Wiedereroberung des Landes im J. 543 d. St. = 211 v. Chr. (Liv. XXVI 19, 11 cum triginta navium classe . . ostiis Tiberinis profectus praeter oram Tusci maris, Alpes atque Gallicum sinum et deinde Pyrenaei circumvectus promunturium, Emporiis urbe Graeca - oriundi et ipsi a Phocaea sunt - copias exposuit; was aber keinen Widerspruch gegen den allgemein bezeugten massaliotischen Ursprung enthält, da die Massalioten eben Phokaeer waren; Appian. Hisp. 6 ὅσοι ἅλλοι Ἕλληνες περὶ τὸ καλούμενον Ἐμπόριον . . . ᾤκουν). Der alte Cato beginnt seinen Feldzug in Hispanien im Frühjahr des J. 559 d. St. = 195 v. Chr. mit dem Edict, dass vom Hafen von Luna aus alle Schiffe seiner Flotte ihm folgen sollten ad portum Pyrenaei. Von diesem Hafen aus, der also noch damals bestand und von E. verschieden war (s. o.), inde Rhodam ventum ..., ab Rhoda secundo vento Emporias perventum; ibi copiae omnes praeter socios navales in terram expositae (Liv. XXXIV 8, 6. Appian. Hisp. 40 ἐς τὸ καλούμενον Ἐμπόριον). Hieran schließt sich die genaue Schilderung von E., die zum Teil auf das Buch über sein Consulat zurückgeht oder darin eingelegte Reden (Frg. ed. Jordan p. 34, 8 u. 9 ita nos fert ventus ad primorem Pyrenaeum, quo proicit in altum) und sich mit der des Poseidonios nahe berührt, die Livius, vielleicht durch Varros Vermittlung, kannte (vgl. die philosophischen Reflexionen). Diese stelle ich voran. Poseidonios hob hervor, dass die Ostküste Iberiens arm an Häfen sei μέχρι Ἐμπορίου· αὐτὸ δ’ ἐστὶ Μασσαλιωτῶν κτίσμα, ὅσον [... . die überlieferte unmögliche Zahl 40000 ist verderbt] διέχον τῆς Πυρήνης [2529]
σταδίους καὶ τῶν μεθορίων τῆς Ἰβηρίας πρὸς τὴν Κελτικήν....und nach der Erwähnung von Rhode κἀνταῦθα καὶ ἐν τῷ Ἐμπορίῳ τὴν Ἅρτεμιν τὴν Ἐφεσίαν τιμῶσιν, . . . ᾢκουν οἱ Ἐμπορῖται πρότερον νησίον τι προκείμενον - wahrscheinlich das Vorgebirge von San Martin, das später landfest geworden ist -, ὃ νῦν καλεῖται Παλαιὰ πόλις, νῦν δ’ οἰκοῦσιν ἐν τῇ ἠπείρῳ· δίπολις δ’ ἐστὶ, τείχει διωρισμένη, πρότερον τῶν Ἰνδικητῶν τινας προσοίκους ἕχουσα, οἳ καίπερ ίδίᾳ πολιτευόμενοι κοινὸν ὅμως περίβολον ἕχειν ἐβούλοντο πρὸς τοὺς Ἕλληνας ἀσφαλείας χάριν, διπλοῦν δὲ τοῦτον, τείχει μέσῳ διωρισμένον· τῷ χρόνῳ δ’ εἰς ταυτὸ πολίτευμα συνῆλθον μικτόν τι ἕκ τεβαρβάρων καὶ Ἑλληνικῶννομίμων, ὅπερ καὶ ἐπ’ ἅλλων πολλῶν συνέβη (Strab. III 159f.). Diese Schilderung ergänzt der Bericht des Livius (XXXIV 9 iam tunc Emporiae duo oppida erant muro divisa. unum Graeci habebant, a Phocaea, unde et Massilienses, oriundi, alterum Hispani. sed Graecum oppidum in mare expositum totum orbem muri minus CCCC passus patentem habebat, Hispanis retractior a mari III m. passuum in circuitu murus erat, tertium genus Romani coloni ab divo Caesare post devictos Pompei liberos adiecti (deren Tribus die Galeria war, Kubitschek Imp. Rom. trib. discr. 194). nunc in corpus unum confusi omnes, Hispanis prius, postremo et Graecis in civitatem Romanam adscitis. miraretur qui tum cerneret aperto mari ab altera parte, ab altera Hispanis, tam ferae et bellicosae genti, obiectos quae res eos tutaretur. disciplina erat custos infirmitatis, quam inter validiores optime timor continet. partem muri versam in agros egregie munitam habebant, una tantum in eam regionem porta imposita, cuius assiduus custos aliquis ex magistratibus erat, nocte pars tertia civium in muris excubabat neque moris tantum causa aut legis, sed quanta si hostis ad portas esset et servabant vigilias et circumibant cura. Hispanum neminem in urbem recipiebant; ne ipsi quidem temere urbe excedebant; ad mare patebat omnibus exitus. porta ad Hispanorum oppidum versa nunquam nisi frequentes, pars tertia fere, cuius proxima nocte vigiliae in muris fuerant, egrediebantur. causa exeundi haec erat, commercio eorum Hispani inprudentes maris gaudebant mercarique et ipsi ea, quae externa navibus inveherentur, et agrorum exigere fructus volebant. huius mutui usus desiderium, ut Hispana urbs Graecis pateret, faciebat. erant etiam eo tutiores, quod sub umbra Romanae amicitiae latebant, quam sicut minoribus viribus, quam Massilienses. pari colebant fide. tum quoque consulem exercitumque comiter ac benigne acceperunt. paucos ibi moratus dies Cato dum exploraret. ubi et quantae hostium copiae essent, ut ne mora quidem segnis esset, omne id tempus exercendis militibus consumpsit. id erat forte tempus anni, ut frumentum in areis Hispani haberent. itaque redemtoribus vetitis frumentum parare ac Romam dimissis ‚bellum‘ inquit ,se ipsum alet‘. profectus ab Emporiis agros hostium urit vastatque, omnia fuga et terrore complet). Auch später behält er sein Lager nahe bei E. (ebd. 11, 1. 13, 2. 16, 4). In diesem Bericht sind die nur für den damaligen Kriegszustand getroffenen Einrichtungen von der
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späteren friedlichen Entwicklung zu scheiden. Die pluralische Bezeichnung Emporiae wird auf die den Römern auffällige Verbindung der griechischen und iberischen Gemeinde zurückzuführen sein. Varro hatte auch die Flüsse benannt, die jene reiche Ebene bewässern und bei Rhode und E. münden, Mela III 89 rupes quae, in altum Pyrenaeum extrudit, dein Ticis flumen ad Rhodam, Clodianum (s. d.) ad Emporias. Plin. III 22 post eos ⟨Lacetanos et Indigetes⟩ . ..in ora ... Emporiae, geminum hoc veterum incolarum et Graecorum, qui Phocaeensium fuere suboles, flumen Ticer. Auch hierin zeigt sich vielleicht noch Einfluss des Poseidonios, Strab. III 160 ῤεῖ δὲ καὶ ποταμὸς πλησίον, ἐκ τῆς Πυρήνης ἕχων τὰς ἀρχάς, ἡ δὲμ ἐκβολὴ λιμήν ἐστι τοῖς Ἐμπορίταις, und er fügt über die Lage der Stadt noch hinzu λινουργοὶ δὲ ἱκανῶς οἱ Ἐμπορῖται - dasselbe gilt auch von anderen Städten dieser Küste, wie Tarraco -, χώραν δὲ τὴν μεσόγαιαν ἕχουσι, τὴν μὲν ἀγαθήν, τὴν δὲ σπαρτοφόρον τῆς ἀχρηστοτέρας καὶ ἐλείας σχοίνου - das bessere Spartgras wuchs bei Neukarthago (s. d.) -, καλοῦσι δὲ Ἰουγκάριον πεδίον (s. Campus Iuncarius). Noch Ptolemaios setzt Ἐμπορίαι zu den Ἰνδιγέται und unmittelbar neben die Κλωδιανοῦ ποταμοῦ ἐκβολαί (II 6, 19). Die doppelte oder dreifache Stadt, die den Hafen für Gerunda (s. d.) bildete, scheint früh neben Barcino und Tarraco an Ansehen verloren zu haben, da nur sehr geringe Reste vorhanden und bis jetzt nur wenige und unbedeutende inschriftliche Denkmäler gefunden wurden (vgl. CIL II p. 615. 988, wo die Speciallitteratur verzeichnet ist). Doch lässt sich nach den sorgfältigen Untersuchungen eines französischen Forschers Jaubert de Passa (danach das Kärtchen auf der Karte II zu CIL II) die Lage der ältesten griechischen Niederlassung im Norden bei San Martin de Ampurias, die iberische Burg beim früheren Servitenkloster in der Mitte der Bai, die von der ganz versandeten Flussmündung gebildet wird, und die spätere römische Stadt im Süden, noch heute ,die Rhede‘ genannt (la Escala), unterscheiden. Auch sind wertvolle, wohl dem 1. Jhdt. angehörige Kunstwerke –- ein Bronzekopf der Livia im Louvre, ein Mosaikbild mit dem Opfer der Iphigeneia – gefunden worden, und grosse Massen von Töpfergeschirr verschiedenster Epoche kommen fortwährend zum Vorschein. Über den von Massalia und E. ausgehenden griechischen Einfluss auf Kunst und Gewerbe in Iberien s. Archäol. Jahrb. XIII 1898, 120f. Unter den Inschriften sind einige griechische etwa aus dem 1. Jhdt. v. Chr., deren Echtheit mit Unrecht bezweifelt worden ist (Ephem. epigr. VIII p. 510. 518). Auch einige christliche Altertümer sind gefunden worden. Das jetzt verödete Gebiet von E., das Emporitanum (el Ampurdan), genoss im ganzen Mittelalter noch des Rufes großer Fruchtbarkeit.