Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Im Zivilprozess
Band IV,1 (1900) S. 864870
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Confessio (confiteri) kann, wie die actio confessoria als Klage zur Geltendmachung einer Servitut (Ulp. Dig. VIII 5, 2 pr.) beweist, ebensowohl die Rechtsbehauptung wie das Zugeständnis bedeuten. Letzteres ist aber der regelmässige Sinn des Wortes.

1) Im Civilprocesse ist zu unterscheiden c. in iure und c. in iudicio.

1) C. in iure. a) Im Legisactionenverfahren wird derjenige, welcher sich in iure schuldig bekennt, dem Kläger eine bestimmte Geldsumme zu zahlen, oder, was dem gleichsteht, den dahingehenden Anspruch des Klägers nicht bestreitet (s. Demelius 75f.), einem zu dieser Zahlung Verurteilten gleichbehandelt (Gell. XV 13, 11. XX 1, 45). Bei rei vindicatio wurde, wenn der Beklagte die Contravindication unterliess oder den Gegner als Eigentümer der Sache ausdrücklich anerkannte, die Sache vom Magistrat dem Gegner addiciert; dies hat zu dem Rechtsgeschäft der in iure cessio geführt (Gai. II 24), und da diese auch auf die Begründung und Aufhebung von Servituten angewandt worden ist, so muss auch bei der actio confessoria wie der actio negatoria das entsprechende Verfahren im Ernstprocesse gegolten haben. Das Gleiche darf aber für die hereditatis petitio behauptet werden; denn obwohl hier die in iure cessio nur beschränkt zulässig ist, setzt sie doch auch in dieser beschränkten Anwendung die Existenz eines entsprechenden Verfahrens im Ernstprocesse voraus.

b) Im Formularverfahren. α. Hier gilt ebenfalls der Grundsatz confessus pro iudicato est (Paul. Dig. XL 11, 2, 1. Antonin. Carac. Cod. Inst. VII 59, 1) zunächst in dem Sinne, dass derjenige, welcher zur Zahlung einer bestimmten Geldsumme sich schuldig bekennt, der Execution wie auf Grund Urteils unterliegt (Lex Rubr. c. 21. Paul. Dig. V 1, 21. Paul. sent. II 1, 5. V 5 a, 2. 4. Diocl. Cod Iust. VI 31, 4). Dieses Bekenntnis kann nicht nur bei actio certae creditae pecuniae, sondern auch bei jeder andern Klage vorkommen. Bei allen Klagen wurde der Streitgegenstand zum Zwecke der Condemnation auf eine bestimmte Geldsumme abgeschätzt, und auf diese die Verurteilung [865] gerichtet. Die richterliche Schätzung und die entsprechende Condemnation konnte aber dadurch ersetzt werden, dass der Beklagte eine bestimmte Schätzungssumme, mit welcher der Kläger zufrieden war, in iure als seine Schuld anerkannte; ob der Vorschlag der Summe vom Kläger oder Beklagten ausging, musste gleichgültig sein (s. Demelius 159); die Möglichkeit einer certae pecuniae condictio auf Grund einer vom Kläger ausgehenden Schätzung des Streitgegenstandes (s. dagegen den Art. Condictio) wird durch die Möglichkeit einer certae pecuniae confessio auf Grund Einverständnisses der Parteien über eine Schätzungssumme natürlich nicht bewiesen. Der Execution gegenüber muss der Beklagte in der Lage gewesen sein, die Thatsache des erfolgten Geständnisses zu bestreiten oder die Nichtigkeit des Geständnisses wegen Mangels seiner formalen Voraussetzungen (vgl. Ulp. Dig. XLII 2, 6, 3) zu behaupten. Aber der Satz: non fatetur qui errat nisi ius ignoravit (Ulp. Dig. XLII 2, 2) ergiebt weiter, dass der Beklagte auch wegen tatsächlichen Irrtums über den Inhalt des Geständnisses dasselbe anfechten konnte. In welchen Formen solche Verteidigungen sich zu bewegen hatten, ist nicht klar. Eine in duplum revocatio wie gegenüber dem Urteil fand nicht statt (Paul. V 5 a, 5), ebenso wenig eine Appellation (Paul. V 35, 2). Auch vom Erbieten zur Übernahme einer actio ähnlich der actio iudicati ist nichts überliefert. Demelius (220ff.) scheint eine directe Abwehr der Execution nur bei Nichtexistenz oder formaler Nichtigkeit des Geständnisses zuzulassen (221, 91), wegen Irrtums dagegen nur condictio indebiti nach der Zahlung. Allein die Nichtigkeit der C. wegen Irrtums, welche Ulpian ausspricht, muss der aus formalen Gründen hervorgehenden gleichgestellt werden. Auch war der Magistrat in keiner Weise gehindert, die executive Decretur wegen Ermangelung ihrer Voraussetzungen einfach zurückzunehmen (Cels. Dig. XLII 1, 14). Jedenfalls war dies der Weg, auf welchem eine auf die gewöhnlichen Gründe zu stützende in integrum restitutio gegen die C. zu erteilen war (Ulp. Dip. XLII 2, 6, 6).

β. Wenn der Beklagte nur den Grund des Anspruchs, aber nicht dessen Betrag, oder nur einzelne Voraussetzungen desselben zugesteht, oder sich zur Leistung eines Gegenstandes schuldig bekennt, aber nicht eine Schätzungssumme confitiert, so kommt es zur Niedersetzung des regelmässigen Iudiciums. Damit stimmt es durchaus überein, dass die Lex Rubria für den Fall eines nicht auf certa pecunia gerichteten Geständnisses an und für sich nichts verordnet, vielmehr nur Fürsorge trifft für den Fall, dass der Beklagte nach einem solchen Geständnis sich nicht processordnungsgemäss verteidigt (neque se iudicio, utei oportebit, defendet). In dem zu übernehmenden Iudicium wirkt die abgelegte C. zum Beweise ihres Inhalts, aber es ist anzunehmen, dass unbeschränkter Gegenbeweis zulässig, nicht etwa nur wegen Irrtums das Geständnis widerruflich ist. Dies entspricht der Analogie der in iudicio abgelegten C. und der C. einzelner Punkte im Cognitionsverfahren (s. u. 2. 3).

γ. Durch ein SC. unter Marc Aurel ist für einen bestimmten Fall oder einen bestimmten Kreis von [866] Fällen eingeführt, dass auch das Interlocut, welches einen bestimmten Processabschnitt beendigt, durch C. ersetzt, und dem dann niederzusetzenden Iudicium in der Formel nur die Aufgabe gestellt wird, die noch streitigen Punkte zu erledigen. Danach ergiebt sich, dass der Inhalt der C. als feststehend angenommen wurde, und eine Befreiung des Beklagten von den Wirkungen seines Geständnisses konnte nur im Wege der in integrum restitutio gegen die erteilte Formel erfolgen. Bei der Leichtigkeit jedoch, mit welcher die in integrum restitutio gegen unbillige Formel zu Gunsten des Beklagten erteilt zu werden pflegte (Gai. IV 57), ist es möglich, dass diese Wiedereinsetzung auf den Beweis der Unrichtigkeit des Geständnisses auch ohne den Beweis des Irrtums erfolgen konnte. Wahrscheinlich bezog sich das SC. auf die rei vindicatio und ordnete an, dass die pronuntiatio rem actoris esse durch C. ersetzt und dann nur ein iudicium angeordnet wird, bei welchem der Iudex instruiert wird, falls nicht Restitution arbitratu iudicis erfolge, auf eine entsprechende Geldsumme zu verurteilen. Gesteht der Beklagte auch die Restitutionspflicht so zu, wie Kläger sie behauptet, so wird vom Praetor (wie sonst vom Iudex) eine Frist zur Restitution anberaumt, und bei deren fruchtlosem Ablauf ausschliesslich für die aestimatio litis ein Iudicium berufen. In analoger Anwendung des SC. (subsequi praetorem voluntatem orationis divi Marci debere) sind die entsprechenden Sätze auf alle andern exhibitorischen und restitutorischen Klagen ausgedehnt worden. So viel darf Ulp. Dig. XLII 2, 6, 2 entnommen werden.

δ. Freilich findet sich eine besondere auf C. gebaute Formulierung der actio auch in anderen Fällen als bei den actiones arbitrariae. So bei der actio legis Aquiliae, welche als confessoria actio (Ulp. Dig. IX 2, 23, 11) gegen den der That Geständigen in simplum formuliert wird, während sie gegen den die That Leugnenden in duplum geht. Der Richter hat bei der actio confessoria im allgemeinen nur die Aufgabe der litis aestimatio (Ulp. Dig. IX 2, 25, 2. Paul. ebd. 26). Es kann aber trotz des Geständnisses zur Absolution kommen, wenn sich herausstellt, dass (z. B.) der Sclave, welchen getötet oder verwundet zu haben der Beklagte gestanden hat, lebt oder unverwundet ist (Ulp. [Iul.] ebd. 23, 11. Paul. ebd. 24). Ja selbst wenn er zwar tot ist, aber nicht von fremder Hand gefallen, nahm Ulpian an, dass der der Tötung Geständige freizusprechen sei (Dig. IX 2, 25 pr., vgl. Paul. Dig. XLII 2, 4). Auch bei dem Damnationslegat, bei welchem ebenfalls die Klage gegen den Leugnenden auf das Doppelte ging, wurde gegen den der Legatsschuld Geständigen auf Grund der C. eine besondere actio in simplum formuliert (Paul. Dig. XLII 2. 4, vgl. Javol. Dig. XXXV 2, 61 i. f.: auch Ulp. Dig. XLII 2, 5 wird hierher gehören [Demelius 208ff.]). In diesen Fällen hängt die Behandlung der C. offenbar mit dem Satz lis infitiando crescit in duplum zusammen, und jene Behandlung wird nicht erst aus der oratio divi Marci stammen.

ε. Andererseits ist es sehr fraglich, ob die extensive Interpretation jener oratio wirklich Einfluss über die actiones arbitrariae hinaus auf alle [867] Klagen gewonnen hat. Der allgemeine Satz Ulpians (Dig. XLII 1, 56): post ... confessionem in iure factum nihil quaeritur post orationem divi Marci, quia in iure confessi pro iudicatis habentur gehört in den Zusammenhang der actio de pecunia constituta (Lenel Palingen. Ulp. 795); welches die genauere Beziehung war, ist unklar. Wollte Ulpian sagen, dass der certam pecuniam confessus pro iudicato habetur, so konnte er dies nicht erst von der oratio divi Marci an datieren; wollte er auch von C. andern Inhalts handeln, so kann das nihil quaeritur nicht bedeuten, dass damit der Process zu Ende ist, sondern nur, dass der Inhalt der C. ausser Frage tritt, vorbehaltlich des Verfahrens über verbleibende Streitpunkte. In Dig. XLII 2, 6, 2 heisst es: omne omnino quod quis confessus est pro iudicato habetur. Aber Ulpian sagt im pr. derselben Stelle: certum confessus pro iudicato erit, incertum non erit, und noch Diocletian (Cod. Iust. VI 61, 4) erklärt, der Satz confessus pro iudicato habetur beziehe sich auf den einer bestimmten Geldschuld (quantitas in diesem Sinne) Geständigen. Das omne omnino der 1. 6 § 2 cit. wird auf Rechnung der Compilatoren zu setzen sein. Es fehlt bei allen andern als den exhibitorischen und restitutorischen Klagen an jedem speciellen Anhalt dafür, dass die C. bei ihnen seit der oratio divi Marci anders behandelt sei, als zuvor. Wahrscheinlich handelt Ulpian in 1. 6 cit. pr. § 1 von den Condictionen, bei welchen ein durch C. ersetzbares Interlocut nicht vorkommt. Er sagt, es solle der, welcher confitiert, aber nicht einen bestimmten Geldbetrag, gedrängt werden (urgueri), seinem Geständnis den Charakter der C. einer bestimmten Geldsumme zu geben. Das ist nur verständlich, wenn in dem Verfahren, von welchem Ulpian spricht, es nicht möglich war, die unbestimmte C. ohne weiteres als Grundlage des ferneren, entsprechend vereinfachten Verfahrens zu verwerten. Man muss sich also denken, dass bei der condictio auch nach der oratio divi Marci nur die Wahl zwischen Anordnung des Iudiciums mit der regelmässigen Formel oder der Execution auf Grund certae pecuniae c. bestand. Es ist meines Erachtens nicht richtig, mit Mommsen z. d. St. und Lenel Palingen. II 996, 2 die Worte vel corpus ... oportere zu streichen, sondern es ist zu vermuten, dass Ulpian sagen wollte, bei condictio incerti und certae rei sei auf ein Geldgeständnis zu dringen, nicht minder aber bei condictio certae pecuniae, wenn das Rechtsverhältnis (res in diesem Sinne) zugestanden, der Betrag des Anspruchs aber streitig sei, womöglich ein Geständnis einer bestimmten Summe herbeizuführen (denn natürlich kann auch bei condictio certae pecuniae ein Geständnis des grundlegenden Rechtsverhältnisses, z. B. des Darlehens unter Bestreiten der Höhe des vom Kläger angesehenen Betrages vorkommen).

Der Druck, welcher zur Erzielung eines bestimmten Geständnisses angewandt werden soll, kann kein wirklicher Zwang gewesen sein, denn der Process ist nicht zur Erpressung von Geständnissen da; es ist vielmehr nur an Vorstellungen des Magistrats mit Hinweis auf die sonst unvermeidliche Übernahme des ordentlichen Iudiciums zu denken.

ζ. Wenn der Beklagte nicht zugestand, aber [868] auch nicht bestritt, vielmehr nicht antwortete, so war ausschliesslich bei actio certae creditae pecuniae ebenso wie auf Grund Geständnisses die Execution einzuleiten (Lex Rubr. c. 21), während bei anderen Ansprüchen, da hier das Nichtantworten sich nicht auf eine bestimmte Geldsumme bezieht, die Forderung durch das Nichtantworten nicht executionsreif wurde, vielmehr nur die Folgen der mangelnden Defension eintreten konnten.

η. Über das Geständnis auf interrogatio in iure siehe diesen Artikel.

c) Sehr unvollkommen orientiert sind wir über die Wirkungen der C. im Interdictenverfahren. Bei interdicta exhibitoria und restitutoria entspricht es der Sachlage, dass der Praetor bei Geständnis aller Voraussetzungen des Interdicts einen nicht mehr hypothetischen, sondern unbedingten Befehl zur Exhibition oder Restitution erliess. In der That konnte nach Ulp. Dig. XLIII 5, 1, 1. XXIX 3, 2, 8 bei dem interdictum de tabulis exhibendis gegen den Geständigen ein solcher Befehl erlassen und seine Befolgung mit praetorischen Zwangsmitteln erwirkt werden, und es besteht kein Grund, dies Verfahren auf das interdictum de tabulis exhibendis beschränkt zu denken, wenn auch andererseits nicht erweislich ist, dass es bei allen restitutorischen und exhibitorischen Interdicten anwendbar war. Man muss beachten, dass Rechtsschutz durch praetorischen Zwang, auch abgesehen vom Geständnis, nicht selten mit dem Interdictenverfahren concurriert. Ein Sponsionsstreit über die Voraussetzungen des Interdicts war jedenfalls bei Geständnis aller Voraussetzungen des Interdicts überflüssig. Das Erbitten eines arbiter konnte wohl nur den Sinn haben, dass dieser über den Umfang der Restitutions- oder Exhibitionspflicht zu entscheiden und eventuell die Geldcondemnation zu bewerkstelligen hatte. Dass ein arbiter gegen den confessus berufen werden konnte, bezeugt Gai. IV 163, indem er sagt, Proculus sei der Ansicht gewesen, dass in dem Erbitten des arbiter die C. liege; denn diese Ansicht setzt jene Möglichkeit voraus. Wenn nach Ulp. Dig. XLII 2, 6, 2 die oratio divi Marci auch auf die exhibitorischen und restitutorischen Interdicte Einfluss gehabt hat, so lässt sich denken, dass vor diesem SC. die Formel, durch welche der arbiter instruiert wurde, noch nicht auf das Geständnis Bezug nehmen und dasselbe dadurch fixieren konnte, während nach der oratio divi Marci oder ihrer Interpretation diese Bezugnahme wie bei den sonstigen actiones arbitrariae stattfand. Bei prohibitorischen Interdicten kann man sich ebenfalls denken, dass bei Geständnis der grundlegenden Thatsachen das Interdict in entsprechend abgeänderter Form erging. Insbesondere kann bei interdicta duplicia, z. B. utrubi, wenn eine Partei den fehlerfreien längeren Besitz des Gegners zugestand, doch nicht wohl an den (sinnlosen) doppelseitigen Erlass des Interdicts gedacht werden, sondern es wird ein interdictum simplex, nach Art des secundarium erlassen sein (Gai. IV 170). Im übrigen ist auch hier unmittelbarer Schutz des Klägers durch die Mittel der praetorischen Macht sehr wohl denkbar (vgl. Ulp. Dig. XLIII 4, 3 pr. § 1). Unklar ist, auf welche Weise, wenn man zu dieser ausserordentlichen Hülfe nicht griff, auf Grund des Geständnisses [869] sich die actiones ex interdicto prohibitorio entfalteten. Zu diesen actiones war nur auf Grund von Sponsionen zu gelangen. Es hat aber auch die Annahme nichts gegen sich, dass derjenige, welcher nach Erlass des Interdicts trotz seines früheren Zugeständnisses des Interdictsgrundes interdictswidriges Verhalten begann oder fortsetzte, zum Abschluss der Sponsionen verpflichtet und das weitere Verfahren von dem gewöhnlichen nicht verschieden war. Gestand der Beklagte dann die Sponsionsschuld ein, so war er in dieser Beziehung certae pecuniae confessus. Auf die arbiträren Formeln aus interdictum prohibitorium wird die oratio divi Marci denselben Einfluss gehabt haben, wie auf die sonstigen arbiträren Klagen.

2) Über die c. in iudicio sind wir unvollkommen unterrichtet. Anzunehmen ist, dass das Geständnis von Thatsachen als Beweismittel wirkte, aber der Gegenbeweis ohne Beweis eines Irrtums zulässig war; gestand der Beklagte bei condictio certae pecuniae den geforderten Geldbetrag zu, oder einigte er sich mit dem Kläger über einen Betrag der litis aestimatio, ohne denselben zu erlegen, so wird der Richter nicht gezögert haben, dementsprechend zu condemnieren. Eine Zurücknahme des Geständnisses kann dann nur durch die gegen das Urteil zulässigen Rechtsmittel geltend gemacht worden sein. Wenn der Beklagte etwa bei rei vindicatio das Eigentum des Klägers zugestand, so wird der iudex die pronuntiatio rem actoris esse erlassen haben. Da er aber Interlocute zurücknehmen kann (nur das Endurteil kann er nicht selbst ändern, Ulp. Dig. XLII 1, 55), so kann er auch bei Zurücknahme des Geständnisses die Verhandlung über das Eigentum des Klägers wieder eröffnen, und es wird in diesem wie in ähnlichen Fällen die Entscheidung darüber, ob er dies thun wollte, von seinem freien Ermessen abhängig gewesen sein.

3) Im Cognitionenverfahren muss das Eingeständnis einer bestimmten Geldschuld ebenso gewirkt haben, wie im Formularverfahren die c. in iure gleichen Inhalts. Da aber im Cognitionenverfahren nicht notwendig eine Geldcondemnation erfolgen musste (s. den Art. Aestimatio litis), so konnte die C. eines nicht auf Geld gerichteten Anspruches magistratischen Zwang zur Erfüllung der eingestandenen Verpflichtung, je nach Ermessen des Magistrats aber auch die Überweisung der Sache an einen arbiter zu näherer Bestimmung des Umfangs der einbekannten Verpflichtung und zur eventuellen Geldcondemnation zur Folge haben, und zwar unzweifelhaft schon vor der oratio divi Marci. Ebenso wird der Magistrat bei Eingeständnis einzelner für die Entscheidung wichtiger Punkte das Geständnis zur Richtschnur des weiteren Verfahrens genommen und geeigneten Falles dementsprechend interloquiert und bei Bestellung eines arbiter die Instruction desselben auf das Geständnis gebaut haben. Der Magistrat kann, wenn das Geständnis sich als unrichtig herausstellt, seine Decretur ändern, ohne dass der Beweis eines Irrtums bei Ablegung des Geständnisses dafür Voraussetzung wäre; der bestellte arbiter kann freisprechen, wenn der Freispruch nicht dem Inhalt der Instruction zuwiderläuft, welche auf dem Geständnis beruht. [870] Findet er, dass wegen Unrichtigkeit des Geständnisinhalts freizusprechen wäre, so muss er die Sache an den Magistrat zurückgeben, damit dieser freispreche (Afric. Dig. XLII 2, 7 [dazu Demelius 209f.]).

4) Für das iustinianische Recht darf behauptet werden, dass der Richter wie im Cognitionenverfahren der früheren Zeit jedes Geständnis von Thatsachen oder von Rechtsverhältnissen, von denen die Entscheidung über den Anspruch abhängt, seinem Inhalt gemäss für den Fortgang des Processes zu verwerten hat, omne omnino quod quis confessus est pro iudicato habere debet (Dig. XLII 2, 6, 2). Da er aber Interlocute zurücknehmen kann (Dig. XLII 1, 14), so kann dies auch wegen Unrichtigkeit des Geständnisses geschehen, auf dem sie beruhen (Dig. XLII 2, 7). Beweis des Irrtums ist dabei nicht vorausgesetzt. Wird der Anspruch des Klägers selbst anerkannt, so folgt daraus Execution ohne Endurteil (wie wenn es erlassen wäre; Dig. XLII 2, 1. XLII 2, 6, 7. XLII 1, 31. V 1, 21. Cod. Iust. VII 59, 1. VII 53, 9. VI 31, 4). Wenn bei einem Anspruch, der nicht auf Geld gerichtet ist, aus einer solchen C. mangels Befriedigung erst ein Verfahren zur aestimatio litis hervorgehen soll (Dig. XLII 2, 6, 2), so gilt dies doch nicht mit Notwendigkeit, denn der Kläger kann auch Execution zur Beitreibung der geschuldeten Leistung wenigstens dann verlangen, wenn es sich um Herausgabe einer Sache handelt (Dig. VI 1, 68). An dem Satz, dass ein der alten c. in iure gleichstehendes, das Endurteil ersetzendes Geständnis des Klaganspruchs nur wegen Nichtigkeit oder thatsächlichen Irrtums über seinen Inhalt angefochten werden kann, ist nichts geändert, und fraglich ist nur, ob in dieser Beziehung jetzt auch das Geständnis eines nicht auf Geld gerichteten Anspruchs als eine das Endurteil ersetzende C. gilt. Dies wird zu bejahen sein, soweit Naturalexecution aus solchem Geständnis zulässig ist.

Litteratur: Demelius Die C. im römischen Civilprocess und das gerichtliche Geständnis der neuesten Processgesetzgebung, Graz 1880. Ubbelohde Interdicte (Forts. v. Glück 43/44) II 11f. Karlowa Legisactionen 154f. Keller R. Civilprocess 96f. 316f. Bethmann-Hollweg Röm. Civilpr. I 116f. II 539f. 594f. III 254f. Wetzell Civilproc. § 14 zu 6f. § 19, 1.

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